„Lucia“ mit schottischem Sprühnebel in der Budapester Oper

Fotos: © Attila Nagy, Péter Rákossy
Gaetano Donizetti, Lucia di Lammermoor, Erkel Theater, Budapest,
3. März 2018

Regie, Szabo Mate
Dirigent, Kocsar Balazs
Bühnenbild, Cziegler Balazs
Kostüme, Tihanyi Ildi
Choreographie, Sebestyen Csaba
Orchester und Chor der Ungarischen Staatsoper

Enrico, Szegedi Csaba
Lucia, Kolonits Klara
Edgardo, Giordano Lucá
Arturo, Szappanos Tibor
Raimondo, Fried Peter
Alisa, Kun Agnes Anna
Normanno, Ujvari Gergely

von Charles E. Ritterband

Diese „Lucia“, aufgeführt im Budapester Erkel-Theater, das als Provisorium während des Umbaus der historischen Staatsoper dient – spielt in einem Art-Déco-Palast aus grünem Marmor, dessen Einzelelemente aus unerfindlichen Gründen und ohne ersichtlichen Anlass gelegentlich vor- und zurückgeschoben werden – vielleicht, um etwas Bewegung in eine doch arg statische Inszenierung zu bringen. Merkwürdig sind auch die an der Decke angebrachten und von Lucia mit einer Fernsteuerung, wie man sie für den Programmwechsel beim häuslichen Fernseher benutzt, in Betrieb gesetzten Sprühdüsen, die üppige schottische Nebelschwaden über der Bühne verbreiten: Der Nebel soll angeblich schon bei Sir Walter Scott vorkommen, auf dessen „Romantisches Gemälde“ „The Bride of Lammermoor“ (Edinburgh 1819) Donizetti als literarische Vorlage zurückgegriffen hatte. „Gaetano Donizetti, Lucia di Lammermoor, Erkel Theater, Budapest, 3. März 2018“ weiterlesen

Carmen im Gorillakostüm – kontroverse Inszenierung an der Royal Opera Covent Garden

Fotos: © ROH 2017.  Bill Cooper
Georges Bizet, Carmen, The Royal Opera House London,
23. Februar 2018

Jakub Hrusa, Musikalische Leitung
Barrie Kosky, Regie
Katrin Lea Tag, Bühne

Carmen, Anna Goryachova
Michaela, Kristina Mkhitaryan
Don Jose, Franscesco Meli
Escamillo, Kostas Smoriginas

Chorleitung, William Spaulding
Orchestra of the Royal Opera House
Dirigent, Jakub Hrusa
Royal Opera Chorus

von Charles E. Ritterband

Der 1967 in Melbourne geborene und in Berlin lebende Opern- und Theaterregisseur Barrie Kosky hat der guten alten „Carmen“ in seiner (von der Oper Frankfurt übernommenen) Neuinszenierung am Royal Opera House Covent Garden ein radikal neues Gesicht verliehen. Er schmeißt die während Jahrzehnten aufgehäuften und in zahllosen Aufführungen sämtlicher Opernbühnen der Welt verkrusteten Klischees über Bord und bietet einem teils schockierten, meist ratlosen, bisweilen auch amüsierten Publikum radikal Neues: Er hat für diese Produktion Partituren ausgegraben, die schon vor der (nicht besonders erfolgreichen) Uraufführung 1875 an der Pariser Opéra Comique schubladisiert worden waren. Die Touristenklischees sämtlicher bisheriger Carmen-Inszenierungen, an denen das Publikum so sehr hängt, und seine romantischen Spanien-Bilder auf die Bühne projiziert, sind in der Tat künstlich, wenn man bedenkt: Bizet selbst war nie in Spanien. Er hielt sich an Klischees und Stereotypen – genauso wie Schiller, der nie in der Schweiz war und seinen „Tell“ im deutschen Weimar erfunden hat. „Georges Bizet, „Carmen“, The Royal Opera House London, 23. Feburar 2018“ weiterlesen

Die Berliner Operette lebt nun wieder:
Barrie Kosky ist ein großer Schatz für Berlin!

Foto © iko freese drama-berlin.de
Oscar Straus, Die Perlen der Cleopatra

Komische Oper Berlin
, 10. März 2018

Adam Benzwi, Dirigent
David Cavelius, Chorleitung
Barrie Kosky, Inszenierung
Rufus Didwiszus, Bühne,
Victoria Behr, Kostüme
Dagmar Manzel, Cleopatra
Stefan Sevenich, Pampylos
Dominik Köninger, Silvius
Talya Lieberman, Charmian

von Yehya Alazem

Barrie Kosky ist ein Genie! Der Regisseur, der im Sommer 2017 das Publikum und die ganze Opernwelt mit seiner Inszenierung von Richard Wagners „Die Meistersänger von Nürnberg“ in Bayreuth im Sturm erobert hatte, schafft, was niemand anders schaffen kann. „Oscar Straus, Die Perlen der Cleopatra, Komische Oper Berlin, 10. März 2018“ weiterlesen

Die SONNTAG-PRESSE – 11. März 2018

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden: Die SONNTAG-PRESSE – 11. März 2018

Opernsängerin Christa Ludwig hält nichts von #MeToo
Opernlegende Christa Ludwig sieht die #MeToo-Debatte im Kunstbetrieb als „Quatsch“ an. „Die Besetzungscouch ist so alt wie das Theater“, sagte die große Mezzosopranistin der in Essen erscheinenden Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (Samstag). „Jede junge Frau hat das erlebt. Dann sagt man eben: ‚Geh‘, lass es bleiben!‘ Aber es gab eben, auch in der Filmwelt, Frauen, die unbedingt die Rolle wollten.“
Musik heute

Gelsenkirchen/ Musiktheater im Revier
Wenn der Tontechniker die Guillotine in Gang setzt
In der Inszenierung der Oper „Dialogues des Carmélites“ komponierte Tontechniker Marc Brinkmann kunstvoll den Sound der Guillotine.
https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen

Düsseldorf
Die Sieglinde ist gut für meine Stimme
Die schwedische Sopranistin Elisabet Strid, am Sonntag in der „Walküre“ zu sehen, spricht über Opern, Düsseldorf und Hunde.
http://www.wz.de/lokales/duesseldorf/elisabet-strid

„Die SONNTAG-PRESSE – 11. März 2018“ weiterlesen

Eine emotionale, existentialistische Reise, die von Andsnes und Goerne dargestellt wird, als wäre sie ihre eigene Lebensgeschichte

Titelbild:  ©Volker Kreidler
Franz Schubert, Winterreise
Pierre Boulez Saal, Berlin, 08. März 2018

Matthias Goerne, Bariton
Leif Ove Andsnes, Klavier

von Yehya Alazem

Kaum ein anderer Saal ist für einen Liederabend so geeignet wie der Pierre Boulez Saal in Berlin. Das Publikum sitzt nur einige Meter  von den Musikern entfernt, und die Atmosphäre im Saal ist unglaublich intim. An diesem Abend bieten zwei Ausnahmemusiker den Zuhörern das Meisterwerk von Franz Schubert, die Winterreise, den Zyklus mit 24 Liedern. „Franz Schubert, Winterreise, Pierre Boulez Saal, Berlin, 8. März 2018“ weiterlesen

Zwischen Tradition und Premiere: Hannes Reich dirigiert zum ersten Mal die gewaltige Matthäuspassion Bachs

Titelfoto: © Baschi Bender
Johann Sebastian Bach, Matthäuspassion, Konzerthaus Freiburg, 2. März 2018

Freiburger Bachorchester
Freiburger Domsingknaben
Freiburger Bachchor
Hannes Reich, Leitung
Benedikt Kristjánsson, Tenor (Evangelium und Arien)
Christian Immler, Bass (Christusworte)
Hanna Zumsande, Sopran
Seda Amir-Karayan, Alt
Manfred Bittner, Bass (Arien und Soliloquenten)

eine Nachbetrachtung von Leah Biebert

Ein mächtiges Werk, diese Matthäuspassion. Über 150 Minuten Aufführungsdauer mit einer Besetzung von zwei Chören, zwei Orchestern und Solisten; die ‚große Passion‘ ist nicht nur das kirchenmusikalische Hauptwerk Bachs, sondern stellt auch einen Höhepunkt protestantischer Kirchenmusik dar. Der erstmaligen Aufführung nach dem Tod des Komponisten saßen Größen wie Hegel, Heinrich Heine und Clara Schumann bei. Ein Publikumsandrang ohnegleichen – und auch die Aufführung im Freiburger Konzerthaus war gut besucht. Zu Recht: Das Publikum erlebte einen soliden Konzertabend mit lobenswertem Chor und achtenswerten Instrumentalisten, die das ausladende Werk bravourös meisterten. „Johann Sebastian Bach, Matthäuspassion, Konzerthaus Freiburg, 2. März 2018“ weiterlesen

Sopranistin Kanae Matsumoto beschert dem Freiburger Publikum einen bezaubernden Abend voller Liebesträume

Titelfoto: © Waldemar Konietzko
Kanae Matsumoto
Konzertabend Liebesträume:  Opern, Lieder und Oratorien,
Humboldtsaal Freiburg,
24. Februar 2018

Kanae Matsumoto, Sopran
Nanotsu Moyaji , Klavier
Christina Reul, Flöte

eine Nachbetrachtung von Leah Biebert

Humboldtsaal Freiburg © Fotogräfin LIsa

Mit einem Lächeln im Gesicht trägt Kanae Matsumoto die Zugabe vor, ein japanisches, melodisches Lied; Blumen in jedem Herzen lautet der deutsche Titel. Es gibt dem Konzertabend, der unter dem Motto „Liebesträume“ steht, ein bewegendes, stimmiges Ende. Liebesträume – darunter hatte die gebürtige Japanerin in erster Linie europäische Opern, Lieder und Oratorien versammelt, die sie einem kleinen Publikum im historisch-modernen Humboldtsaal hingebungsvoll zum Besten gab. Mozart, Schubert und Brahms, Donizetti, Puccini und Verdi – die Mischung aus geistlichen und weltlichen Liedern sowie Opernarien in Begleitung von Klavier und Flöte begeisterte die Zuhörer.

„Kanae Matsumoto, Konzertabend Liebesträume, Humboldtsaal Freiburg, 24. Februar 2018“ weiterlesen

Angelico maestro, musica angelica: Pergolesis La serva padrona amüsiert in Form einer simplen Inszenierung

Titelbild: ©Annelies van der Vegt
La serva padrona, Konzerthaus Freiburg,
6. März 2018

Unico Wilhelm Graf van Wassernaer
Concerto armonico Nr. 5 f-Moll
Giovanni Battista Pergolesi
Concerto für Violine B-Dur
Salve Regina c-Moll
La serva padrona

Freiburger Barockorchester
Sunhae Im (Serpina), Sopran
Furio Zanasi (Umberto), Bariton
Tristan Braun (Vespone), Pantomime/Regie
Gottfried von der Goltz , Violine und Leitung

von Leah Biebert

In den Hallen des Konzerthauses erklang im Abendprogramm des Freiburger Barockorchesters die Musik Giovanni Battista Pergolesis – dem „maestro angelico“, wie ihn Vincenzo Bellini einst nannte. Doch nicht das vielgespielte Stabat Mater, sondern La serva padrona, ein zweiteiliges Intermezzo, das eine ganz eigene Erfolgsgeschichte feierte: Entstanden war es im Zuge der Oper Il prigioniero superbo, einer Komposition zum Geburtstag von Elisabeth Christine. Begeistert von der situationskomischen, simplen Geschichte nahmen italienische Wandergruppen das Stück mit auf ihre Gastspielreisen. Losgelöst von der eigentlichen, tragischen Hauptoper befeuert sie den „Buffonistenstreit“:  den Konflikt zwischen der italienischen opera buffa und der französischen, ernsten Oper. „La serva padrona, Konzerthaus Freiburg, 6. März 2018“ weiterlesen

Wann werden Regisseure aufhören, nur das auf die Bühne zu bringen, was in ihrem Kopf ist – ohne die geringste Rücksicht auf die Oper selbst?

Fotos: Monika Rittershaus (c)
Richard Strauss, Salome, Staatsoper Unter den Linden, Berlin

4. März 2018

Staatsoper Unter den Linden Berlin, 4. März 2018
Richard StraussSalome
Thomas Guggeis, Dirigent
Hans Neuenfels, Inszenierung
Reinhard von der Thannen, Bühne/Kostüme
Ausrine Stundyte, Salome
Thomas J. Mayer, Jochanaan
Gerhard Siegel, Herodes
Marina Prudenskaya, Herodias

von Yehya Alazem

Was erwarten die Regisseure vom Publikum eigentlich? Ist es nur mehr die Anforderung, Psychologie studiert zu haben, wenn man eine Vorstellung von Richard Strauss’ Salome erleben möchte? Versuchen die Opernhäuser nicht, diese Kunst für alle Menschen zugänglich zu machen?  Wann werden Regisseure aufhören, nur das auf die Bühne zu bringen, was in ihrem Kopf ist – ohne die geringste Rücksicht auf die Oper selbst? „Richard Strauss, Salome, Staatsoper Unter den Linden, Berlin 4. März 2018“ weiterlesen

Gärtnerplatz, München – Mozarts rätselhaftes Meisterwerk macht Spaß auf leichten Füßen der Poesie – Kasperl- im Menschentheater

Titelbild: © Marie-Laure Briane
Wolfgang Amadeus Mozart, Die Zauberflöte, Theater am Gärtnerplatz, München,
4. März 2018

von Tim Theo Tinn

Die acht Jahre alte Inszenierung hat sich von sämtlichen Deutungszwängen befreit und wurde von Rosamund Gilmore mit leichter, gekonnter und wissender Hand gemacht, wie sie ist. Die Rezeptionsgeschichte der Zauberflöten-Inszenierungen ist werkimmanent von Märchen, Zauber, Humanismus und Philosophie durchsetzt. Es gibt keine Versuche mit bis zu intellektuellen Blähungen sogenanntes Heute herzustellen, z. B. kam Sarastro in der Schweiz mal aus dem Kühlschrank. Am Gärtnerplatz wird das Stück absolut heutig in seinem Gewand gelassen, dadurch wird kein Thema negiert, der Zuschauer kann dieses so, ohne Interpretationszwänge mit möglicher Deutungskeule, annehmen. „Wolfgang Amadeus Mozart, Die Zauberflöte, Theater am Gärtnerplatz, München, 4. März 2018“ weiterlesen