Qual, Folter, Mord – Mit Verdis „Rigoletto“ und Boitos „Nero“ geben sich die diesjährigen Bregenzer Festspiele extrem abgründig

Foto: © Bregenzer Festspiele / Karl Forster

Nachdem „Rigoletto“ im vergangenen Jahr pausieren musste, herrscht auf der Bregenzer Seebühne in diesem Jahr fast schon wieder Normalbetrieb. Auf den Tribünen sieht man kaum noch jemanden mit Maske, nahezu alle Plätze, mehr als 6000, sind zur ersten Vorstellung der Wiederaufnahme besetzt. Fast hatte man schon vergessen, wie es sich anfühlt, wenn man einen großen Kopf vor sich hat und nach einer Lücke sucht, an ihm vorbeizuschauen. Das sogenannte Schachbrettmuster ist – zumindest in Bregenz – vom Tisch, und das ist gut so! Der von der Politik auferlegten 3-G-Regel, die derzeit wohl bei allen Opernfestivals gilt, muss sich derzeit ohnehin jeder Zuschauer beugen.

von Kirsten Liese

Zudem fügt es sich bestens, dass im Jubiläumsjahr des 75-jährigen Bestehens der Festspiele eine der optisch eindrucksvollsten Produktionen des vergangenen Jahrzehnts zu sehen ist: Philipp Stölzl und Heike Vollmer haben mit dem 35 Tonnen schweren, über 13 Meter hohen Clownskopf eine Installation geschaffen, die das inflationär gebrauchte Wort genial wirklich verdient.  Mit der denkbar größten Schaurigkeit illustrieren sie das Geschehen um den Hofnarren, der seine über alles geliebte Tochter im Zuge eines missglückten Auftragsmords verliert.  Insbesondere das lebendige Mienenspiel des Holzkopfs zwischen Durchtriebenheit, Furchterregtheit, Schadenfreude und Entsetzen und der Mund, der sich bisweilen weit öffnet wie ein Höllenschlund, stellen das Gespenstische des unheilvollen Dramas nach Victor Hugos „Le roi s’amuse“ aus. „Verdis Rigoletto und Boitos Nero,
Bregenzer Festspiele 2021“
weiterlesen

„Sehnsucht nach Unendlichkeit“: Jan Assmanns „Kult und Kunst“ – mehr als ein Musik-Buch

Das Corona-verseuchte Beethoven-Jahr ist in die Verlängerung gegangen. Klar, Tausende von Festkonzerten, gut vorbereitete Zyklen mit den Symphonien, den Klaviersonaten und allen anderen Werken aus dem Œuvre des „Mega-Stars der Klassik“, wie Kulturstaatsministerin Monika Grütters beim Bonner Festakt am 16. Dezember 2021 den zweifellos berühmtesten Sohn der Stadt nannte, sind weltweit ausgefallen oder verschoben worden.

Hat es deshalb ein Beethoven-Vakuum gegeben? Hatte irgendjemand tatsächlich den Eindruck, 2020 unter einer „Ludwig-van-Unterversorgung“ zu leiden?

von Dr. Andreas Ströbl

Hanjo Kesting empfahl in der Sendung vom 13. Dezember 2020 aus den „Glaubenssachen“ in NDR Kultur sogar ein Jahr der Nichtaufführung gerade der Symphonien, „um sie vor weiterer Abnutzung und restlosem Verbrauch zu schützen“. Im Übrigen wurde ungeachtet dieses ausgesprochen empfehlenswerten, anspruchsvollen Formats dieser Reihe am Sonntagmorgen um 8.40 Uhr, die ungemein vielfältig und kritisch Inhalte von Religion im weitesten und engeren Sinne behandelt, auch dieser Sender nicht müde, die tatsächlich bereits bis fast zur Beliebigkeit abgenutzten Pop-Stücke Beethovens wie den 1. Satz der 5. Symphonie, die „Pastorale“, den Schlusschor der 9. Symphonie, das Albumblatt „Für Elise“, die Mondscheinsonate und das 5. Klavierkonzert in ripetizione bis zur Ermattung zu bringen. „Buchbesprechung: Jan Assmann, Kult und Kunst – Beethovens Missa Solemnis als Gottesdienst.“ weiterlesen

Wichtiger Lückenschluss

„Ein Muss nicht nur für spezielle Verehrer der Briefschreiber, es ist ein wichtiger Beitrag zur Kulturgeschichte jener Zeit.“

Buch-Rezension: Hugo von Hofmannsthal, Alfred Roller, Richard Strauss. „Mit dir keine Oper zu lang…“ Briefwechsel

Benevento Verlag

von Peter Sommeregger

Bei der kulturgeschichtlichen Bedeutung, die man zweifellos allen dreien dieser Briefschreiber zugestehen muss, verwundert es, dass die Veröffentlichung dieser hoch interessanten Briefe erst viele Jahrzehnte nach deren Tod erfolgt. Der Briefwechsel Strauss-von Hofmannsthal liegt schließlich seit fast siebzig Jahren vor. Umso dankbarer ist man, mit dieser musterhaft sorgfältigen Edition einen wichtigen Lückenschluss der Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte der Strauss-Opern in Händen zu halten. Alfred Roller hatte sich bereits während der Direktionszeit Gustav Mahlers als kongenialer Partner beim Bestreben, eine Opernreform auf den Weg zu bringen, profiliert. Sein gestalterischer Anteil an Inszenierungen ging jeweils deutlich über die Bühnenbilder und Kostüme hinaus. „Buch-Rezension: Hugo von Hofmannsthal, Alfred Roller, Richard Strauss. „Mit dir keine Oper zu lang…“ Briefwechsel“ weiterlesen

Der Schlauberger 55: Lieber Gott, lass Hirn regnen! – Spannende Nachrichten

Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.

von Reinhard Berger

Haben Sie das auch gelesen? Die Facebook-Bosse wollen eine Software entwickeln, mit deren Hilfe Menschen direkt mit dem Gehirn schreiben können. Dabei sollen die elektrischen Ströme aus dem Kopf in den Computer geleitet werden. „Der Schlauberger 55: Lieber Gott, lass Hirn regnen! – Spannende Nachrichten“ weiterlesen

Testen Sie Ihr Wissen im Klassik-Quiz – JUBILÄUMSAUSGABE 50

Eine Putzfrau als Opernfigur! Ja, das gibt es: Leoš Janáček kreierte diesen Alt-Part für seine 1926 uraufgeführte Oper Die Sache Makropulos (orig. Věc Makropulos). Das wusste auch Sabrina Borodziej aus Kelkheim – herzlichen Glückwunsch zum CD-Gewinn! „Das Klassik-Quiz – Folge 50“ weiterlesen

„Märchen sind die Metaphern unserer Realität“

Foto: © Matthias Hoch

Bereits vor dem Beginn der Wagner-Festspiele ist in Bayreuth viel los. HOKUSPOKUS… HEXENSCHUSS – so heißt die Sonderausstellung der Musikwerkstatt Siegburg, die anlässlich des 100-jährigen Todestages von Engelbert Humperdinck (1854-1921) bis Ende August 2021 im Steingraeberhaus Bayreuth zu sehen ist. Ich habe mich entschieden, sie zu besichtigen. Dort hat mir Udo Schmidt-Steingraeber, der aktuelle Leiter der Klaviermanufaktur Steingraeber & Söhne, viel Interessantes über den Komponisten, seine Beziehungen zu Bayreuth, zu Richard Wagner und der Klaviermanufaktur der Familie Steingraeber erzählt.

Interview: Jolanta Łada-Zielke

Herr Schmidt-Steingraeber, hat Engelbert Humperdinck zu der Kundschaft Ihrer Firma gehört?

Ja, er ließ bei uns seinen Flügel mit einer besonderen Technik bauen. Humperdinck war der zweite berühmte Künstler, mit dem unser damals noch kleiner Betrieb zusammenarbeitete und ein spezielles Instrument für ihn fertigte. Der erste war Franz Liszt. „Interview mit Udo Schmidt-Steingraeber, Bayreuth 2021“ weiterlesen

Ich labe mich an diesem Klang

Matthew Polenzani (Idomeneo). Foto: © Wilfried Hösl

„Inszenatorische Opulenz trifft Mozartsche klangliche Eleganz in Exzellenz, sowohl orchestral als auch stimmlich. Ich bin beglückt!“

Wolfgang Amadeus Mozart, „Idomeneo“
Bayerische Staatsoper im Prinzregententheater, München, 24. Juli 2021

von Frank Heublein

Idomeneo wurde von Kurfürst Karl Theodor für die Karnevalssaison 1781 in Auftrag gegeben. Positiv überrascht war der Kurfürst wohl, allerdings blieb es der einzige Auftrag für Mozart aus München. 240 Jahre nach der Uraufführung kehrt Idomeneo als letzte Neuinszenierung der Ära Bachler nach München zurück. Nicht wie die Uraufführung im Cuvilliés-Theater, sondern dieses Mal im Prinzregententheater. „Wolfgang Amadeus Mozart, „Idomeneo“
Prinzregententheater, München, 24. Juli 2021“
weiterlesen

Was für ein Spaß! Die „Philharmonix“ in Pronstorf

Philharmonix Open Air – „Death and the Maiden”

Konzert im Rahmen des “Schleswig-Holstein Musik Festival“ auf dem Gut Pronstorf am 22. Juli 2021

von Dr. Andreas Ströbl

Jeder, der das Ensemble „Philharmonix“ (hervorgegangen aus den aufgelösten „The Philharmonics“) kennt, weiß, dass sich die sieben Musiker aus erstklassigen Orchestern rekrutiert haben und allesamt phantastische Virtuosen sind.

Dass ihr Konzert-Programm „Death and the Maiden” in Norderstedt, Kiel und Pronstorf irgendwie auch mit Franz Schubert zu tun haben würde, war den Kennern des Septetts schon von vornherein klar, ebenso wie die Tatsache, ein nicht wirklich schwermütiges Sommerabend-Konzert erwarten zu dürfen. Was die „Philharmonix“ aber für ein musikalisches Feuerwerk abbrannten, übertraf das, worauf man sich ohnehin schon gefreut hatte. „Philharmonix, Schleswig-Holstein Musik Festival,
Gut Pronstorf, 22. Juli 2021“
weiterlesen

DIE SONNTAG-PRESSE – 25. JULI 2021

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
DIE SONNTAG-PRESSE – 25. JULI 2021

Rusalka in München: Kristīne Opolais (Rusalka), Günther Groissböck (Wassermann). Foto: W. Hösl ©

Pressekonferenz der Bayreuther Festspiele
Groissböck sagt als Wotan ab – „Parsifal“ in 3D
Vorerst wird Günther Groissböck, der dieses Jahr den Wotan (Wanderer) in der „Walküre“ und nächstes Jahr im gesamten „Ring“ singen sollte, diese Rolle nicht in Bayreuth übernehmen. Einen Tag vor Beginn der Festspiele, am heutigen Samstagmorgen, habe er dies der Festspielleitung mitgeteilt, sagte der Sprecher der Bayreuther Festspiele bei der traditionellen Pressekonferenz zum Auftakt des Festivals.
BR-Klassik.de

Bayreuther Festspiele: Heuer nur ein Hügelchen
Kein roter Teppich, nur die Hälfte der Zuschauer und der Chor singt draußen – aber die Wagner-Festspiele finden wieder statt. Wie Bayreuth versucht, dieses besondere Gefühl trotz aller Corona-Beschränkungen zu bewahren.
https://www.sueddeutsche.de/bayern/bayreuth-wagner-festspiele-corona-1.5359726

Katharina Wagners Corona-Bayreuth
Die Festspielchefin trotzt der Krise fast normale Zustände ab.
Wiener Zeitung

Angela Merkel kommt zur Eröffnung nach Bayreuth
Es ist ein Festival mit Coronaeinschränkungen: Nach einem Jahr Pause starten die Wagner-Festspiele am Sonntag mit nur halb so viel Publikum wie sonst. Aber Angela Merkel gehört wieder zu den Gästen.
Der Spiegel.de

Alles über Bayreuth: Muss ich hier wirklich neun Stunden auf der Holzbank sitzen?
Der Stern.de

Bayreuth
Wotans höchst unerwarteter Abschied
Und das fünf Tage vor der „Walküre“-Premiere: Die Bayreuther Festspiele stehen plötzlich ohne Wotan da. Günther Groissböck hat die Rolle komplett zurückgegeben. Wieder mal ein schwerer GAU am Grünen Hügel. Doch wie konnte das passieren?
Die Welt.de

Sänger sagt Auftritt bei den Bayreuther Festspielen ab
T-online.de

Bregenz/ Rigoletto
Der See lebt
Die Covid-Zwangspause konnte dieser grandiosen Produktion nichts anhaben – im Gegenteil. Eine außergewöhnliche Inszenierung, auch in ihrer perfekten Neuauflage – ein Prunkstück in der Geschichte der Bregenzer Festspiele.
https://klassik-begeistert.de/giuseppe-verdi-rigoletto-bregenzer-festspiele-23-juli-2021/

Blitze über dem Bodensee
Die Bregenzer Festspiele feiern „Rigoletto“ und graben eine unvollendete Nero-Oper aus.
Der Tagesspiegel

Salzburg

Salzburger Opferverband benennt heute symbolisch den „Herbert von Karajan-Platz“ um
https://www.krone.at/2466905

Salzburger Festspiele 2021
Salzburgs neuer „Don Giovanni“
BR-Klassik.de

Romeo Castellucci: „Ich will Don Giovanni seine Rätselhaftigkeit belassen“
150 Salzburger Frauen, Bezüge zu Albrecht Dürers „Hasen“ und eine weiße Bühne zeigt Regisseur Romeo Castellucci in Mozarts Oper aller Opern.
Salzburger Nachrichten

Salzburger Festspiele: Weniger Party, mehr Kunst
Am Sonntag werden die Festspiele eröffnet – mit großen Premieren und voller Kapazität. Bei Empfängen ist aber Zurückhaltung angesagt.
Die Presse.com

Naxos direkt: Die größte Auswahl Klassischer Musik!
Spannende Rezensionen
http://www.anpdm.com/newsletterweb/474150427342425A4A78434759/43465A417040445D46794843504171

Bregenz
Lyrik vor Spektakel – Die Seebühne der Bregenzer Festspiele präsentiert beim „Rigoletto“ neue Feinheiten
Neue Musikzeitung/nmz.de

Bayreuth und Salzburg
Genießen wir den Festspielsommer, solange er hält
Die Welt.de

München
Bayerische Staatsoper
Ende einer Dienstzeit
Nach 13 Jahren verabschiedet sich Nikolaus Bachler als Intendant der Münchner Oper. Zum Abschied bringt er die vier großen Premieren der Stadthistorie auf die Bühne – mit einem so schönen wie seltsamen „Idomeneo“.
Die Welt.de

Düsseldorf
Wenn Denkmäler unbezahlbar werden
Die Düsseldorfer Oper steht unter Denkmalschutz. Immer wieder werden notdürftige Sanierungen vorgenommen – und die Kosten steigen. Abriss und Neubau scheinen unausweichlich.
Sueddeutsche Zeitung

„DIE SONNTAG-PRESSE – 25. JULI 2021“ weiterlesen

Daniels Anti-Klassiker 22: Bedřich Smetana – „Moldau“ aus „Mein Vaterland“ (1882)

Höchste Zeit, sich als Musikliebhaber neu mit der eigenen CD-Sammlung und der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen. Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese sarkastische und schonungslos ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

von Daniel Janz

Die Moldau – einer der zeitlosen Hits tschechischer Orchesterkompositionen, die Bedřich Smetanas Stellung als Nationalkomponist noch einmal unterstrich. Kaum ein anderes Werk dieses Komponisten ist so nachhaltig wirksam und von keinem Spielplan wegzudenken. Dazu kommt die ihm zugeschriebene Mystifizierung – Smetana, zum Zeitpunkt dieser Komposition selbst bereits komplett ertaubt, wird ob dieses Umstandes nicht selten auch mit Beethoven verglichen. Und doch – diese Geschichte des vermeintlichen Meisterstücks hat einen Knick. „Daniels Anti-Klassiker 22: Bedřich Smetana – „Moldau“ aus „Mein Vaterland“ (1882)“ weiterlesen