Boitos „Nerone“ als blutiges Gemetzel

Blu-ray Rezension: Arrigo Boito, Nerone  klassik-begeistert.de

Blu-ray Rezension:

Arrigo Boito
Nerone

Wiener Symphoniker
Dirk Kaftan, Dirigent

Unitel c major 761304

von Peter Sommeregger

Der italienische Komponist Arrigo Boito hat sich nicht zuletzt als Autor der Libretti zu Verdis letzten Opern „Otello“ und „Falstaff“ einen Namen gemacht. Aber auch als Komponist war er mit seiner Oper „Mefistofele“ erfolgreich, bis heute kann man das Werk auf den Spielplänen finden.

Problematischer ist es um seine nachgelassene Oper „Nerone“ bestellt, von der bei Boitos Tod 1918 nur das Libretto vollständig, im Notentext nur vier der fünf Akte vorlagen. Selbst der vierte Akt war noch nicht vollständig ausgeführt, so dass für die von Arturo Toscanini initiierte Uraufführung an der Mailänder Scala 1924 noch erhebliche Vorarbeit zu leisten war.

Die posthume Erstaufführung ging in prominenter Besetzung über die Bühne, aber mehr als ein Achtungserfolg wollte sich für das Werk bis heute nicht einstellen. Immer wieder gab und gibt es Versuche, das etwas spröde Werk im Repertoire zu etablieren, meist ohne Erfolg. Aktuell unternahmen die Bregenzer Festspiele 2021 eine Neuinszenierung, die nun auch als Blu-ray-Disc vorliegt. Die Sängerbesetzung besteht mit Ausnahme von Lucio Gallo als Simon Mago aus überwiegend noch unbekannten Künstlern. In der Titelrolle kann Rafael Rojas überzeugen, sein schneidender Tenor ist für diese Charakterrolle bestens geeignet. Die Sopranistin Svetlana Aksenova als Asteria ist ebenfalls auf der Habenseite zu verbuchen, Gleiches gilt für Alessandra Volpes Mezzosopran als Rubria. Auch in den kleineren Rollen gelang es, ein stimmiges Ensemble zu bilden.

Dirk Kaftan ist am Pult der Wiener Symphoniker ein kompetenter Sachwalter von  Boitos Musik, auch der Prager Philharmonische Chor bestätigt erneut seinen guten Ruf.

Schwachpunkt der Aufführung ist wieder einmal die Inszenierung. Olivier Tambosi inszeniert die etwas verworrene Handlung in noch zusätzlich rätselhafter Manier, ein dramaturgischer Faden ist bis zum Ende nicht wirklich zu erkennen. Boitos expressive Musiksprache bedürfte eigentlich einer klärenden szenischen Umsetzung, aber diese Präsentation verwirrt mehr, als dass sie erklärt. Besonders die abgeschmackten Dekorationen von Frank Philipp Schlössmann und die wenig geschmackvollen Kostüme Gesine Völlms erfreuen das Auge in keinem Moment. Dass alle Beteiligten blutverschmiert auftreten trägt auch nicht zum ästhetischen Genuss bei.

Bei allem Verdienst, das selten gespielte Werk auf diesem Weg einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, hätte man sich doch eine optisch ansprechendere Produktion gewünscht.

Peter Sommeregger, 15. Juni 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik- begeistert.at

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