Verdis Gustavo III. in Parma: Große Sänger trotzen einer unterirdisch schlechten Inszenierung

Blu-ray-Rezension: Giuseppe Verdi  Gustavo III. („Un ballo in maschera“)

Blu-ray-Rezension:

Giuseppe Verdi
„Gustavo III“ („Un ballo in maschera“)

Filarmonica Arturo Toscanini
Coro del Teatro Regio di Parma
Roberto Abbado

Dynamic 57937

von Peter Sommeregger

Im Rahmen des Festival Verdi hatte diese nun auf Blu-ray erschienene Produktion von Verdis Oper „Gustavo III“, besser bekannt als „Un ballo in maschera“, am Opernhaus von Parma vor genau einem Jahr ihre Premiere.

Am Pult der Filarmonica Arturo Toscanini stand Roberto Abbado, Neffe des verstorbenen Stardirigenten Claudio Abbado, der sich aber stets neben seinem prominenteren Onkel behaupten konnte. Sein Dirigat ist auch einer der Pluspunkte dieser Aufführung, deren optischer Teil leider zu einer einzigen Peinlichkeit geriet. Ursprünglich sollte Graham Vick inszenieren, sein plötzlicher Corona-Tod führte dazu, dass Jacopo Spirei dessen Arbeit zu Ende führte. Was dabei an künstlerischem Unvermögen, Geschmack- und Einfallslosigkeit zustande kam ist selbst in Zeiten des destruktiven Regiestils bemerkenswert schlecht.

Die Bühne wird durchgängig von einem schwarzen Marmorsarkophag dominiert, der ebenso unmotiviert wirkt wie die Statisten bzw. Tänzer, die als Crossdresser in Frauenkleidern auftreten und durch beständiges sich Befummeln so etwas wie Schwüle erzeugen sollen. Im 2. Bild bei der Wahrsagerin Ulrica vermitteln sie den Eindruck eines Männerbordells, was nur eine weitere Unsinnigkeit darstellt. An Kulissen wurde gespart, was legitim ist in Zeiten sinkender Etats, aber wenn dann die Hauptfigur die Szene im Wald durch eine weiße Tür verlässt, wird es peinlich. Gespart hat man auch an dem Schleier, mit dem Amelia ihr Gesicht verbirgt, sie muss sich stattdessen mit einem schwarzen Vorhang begnügen, der zufällig im Wald herumhängt.

Nicht viel besser ist es um die Kostüme bestellt. Warum der Page Oscar in karierten Hosen und Amelia in einem schwarzen Einheitsfetzen agieren müssen, bleibt ebenso unklar, wie die Personenführung oder ein Konzept für die Inszenierung an sich. Die Protagonisten quälen sich an der Rampe und nehmen Zuflucht in Form von minimal acting.

Was aber reichlich für die optische Ödnis entschädigt, sind die hervorragenden Sänger. Piero Pretti (Gustavo) hat sich in den letzten Jahren eine respektable Karriere ersungen, sein runder, höhensicherer Tenor ist kultiviert in Vortrag und Timbre. Sein Gegenspieler Anckastrom findet in Amartuvshin Enkhbat einen mehr als soliden Bariton, dessen Stimme auch der relativ hohen Lage der Partie gewachsen ist und ebenfalls über ein schönes Timbre verfügt. Als Ulrica macht Anna Maria Chiuri aus der Episodenrolle eine vitale, interessante Figur. Ein mildes Tremolo ist in dieser Partie nicht unbedingt störend. Für die Hosenrolle des Pagen Oscar ist der frische, technisch sichere Sopran Giuliana Gianfaldonis genau richtig besetzt. Den stärksten Eindruck hinterlässt aber Anna Pirozzi als Amelia. Sie bringt für die anspruchsvolle Partie alle stimmlichen Voraussetzungen mit, wie sichere Höhe, ausreichende Tiefe, ein angenehmes, eher dunkles Timbre. Ihre große Arie im zweiten Akt und das anschließende Duett mit Gustavo bilden den musikalischen Höhepunkt der Aufführung.

Große Darsteller sind diese Sänger eher nicht, aber das Primat in der Oper sollte doch bei der Musik liegen, und die kommt hier vorzüglich zu ihrem Recht.

Peter Sommeregger, 25. September 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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