Die „Götterdämmerung“ komplettiert den Ring aus Sofia

DVD-Rezension: Richard Wagner, Götterdämmerung, Orchestra of the Sofia Opera and Ballet, Erich Wächter Dirigent  klassik-begeistert.de

DVD-Rezension:

Richard Wagner
Götterdämmerung

Orchestra of the Sofia Opera and Ballet
Erich Wächter Dirigent

Dynamic 37900

von Peter Sommeregger

Nun ist also das eindrucksvolle Ring-Projekt des Opernhauses von Sofia komplett auf DVD erschienen, obwohl der Zyklus bereits anlässlich von Wagners 200. Geburtstag im Jahr 2013 komplettiert wurde. Bereits 2010 mit dem „Rheingold“ begonnen, stellte dieses Vorhaben für die Oper von Sofia sicherlich einen besonderen Kraftakt dar, die künstlerischen und finanziellen Ressourcen waren wohl bis zum Anschlag gefordert und ausgeschöpft.

In Deutschland und der gesamten westlichen Welt haben sich in jüngerer Vergangenheit auch kleinere Häuser an eine Produktion des „Ring des Nibelungen“ gewagt. Zumeist entsprachen die Inszenierungen dem, was US-Amerikaner so treffend als „European Trash“ bezeichnen. So gesehen ist es interessant, auf welche Weise sich ein Land Osteuropas mit ganz anderen Traditionen dieser Mammut-Aufgabe stellt.

Alle vier Inszenierungen sind stilistisch äußerst originell gestaltet, die Inszenierungen von Plamen Kartaloff sind durch die höchst originellen Sets und vor allem Kostüme Nikolay Panayotovs unverwechselbar und heben sich deutlich von Allem ab, was man von Ring-Inszenierungen gewohnt ist. Panayotov spielt gerne mit technischem Gerät, so singen die drei Nornen aus einem UFO-förmigen Gefährt, als Siegfried zu seiner Rheinfahrt aufbricht, tut er das rittlings auf einer Rakete. Der Ausstatter setzt also auf futuristisches Design, was als Ansatz durchaus interessant ist.

Kreationen von großer Phantasie kennzeichnen auch die Kostüme, die zahlreiche Anspielungen auf den Charakter des jeweiligen Trägers beinhalten und eine der Stärken der gesamten Produktion darstellen.

Ein komplett fremdsprachiges Ensemble hat mit dem Deutsch Richard Wagners naturgemäß Probleme. In der Summe zeigen sich die hauseigenen Sänger der Herausforderung aber erstaunlich gut gewachsen. Lediglich die Waltraute von Taveta Sarambieleva ist so sehr auf die Souffleuse angewiesen, dass man jedes Wort zweimal hört. Gesanglich wird sie der kurzen Partie aber durchaus gerecht.

Nornen und Rheintöchter werden ihren Aufgaben erfreulich gut gerecht. Atanas Mladenov singt und spielt den charakterschwachen Gibichungen Gunther überzeugend, seine Schwester Gutrune gewinnt in der Verkörperung durch Tsvetana Bandalovska an stimmlicher und darstellerischer Kontur.

Biser Georgiev singt den Alberich markant, er war schon in den vorhergehenden Ring-Teilen in dieser Rolle besetzt. Als Trumpfkarte erweist sich der Hagen von Petar Buchkov, der mit rabenschwarzem Bass dieser düsteren Figur die erforderliche Bühnenpräsenz verleiht und auch stimmlich auf der Habenseite zu verbuchen ist.

Siegfried und Brünnhilde wurden nicht aus dem „Siegfried“ übernommen. Im Fall von Yordanka Derilovas Brünnhilde ist das ein Gewinn, mit ihrem groß dimensionierten hochdramatischen Sopran verleiht sie der Betrogenen Frau ein eindrucksvolles Profil voller Zwischentöne. Sie ist auch das Ensemblemitglied mit der besten deutschen Aussprache.

Schwachpunkt der Besetzung ist der Siegfried von Kostadin Andreev. Zwar verfügt der Sänger über einen höhensicheren, kräftigen Tenor, seine Bühnenerscheinung ist allerdings nicht sehr ansprechend. Dazu kommt, dass er sich permanent wie ein Clown gebärdet, auch reichlich hölzern agiert. Man wundert sich, dass Regisseur Kartaloff ihn nicht stärker an die Leine genommen hat.

Die Ensembleleistung ist insgesamt auf sehr hohem Niveau. Der Dirigent Erich Wächter führt umsichtig die von Pavel Baleff begonnene musikalische Einstudierung ins krönende Finale. Musikalischer Höhepunkt ist das Rache-Terzett am Ende des zweiten Aktes. Da laufen die bulgarischen Sänger zu ihrer Höchstform auf, und brauchen keine Vergleiche zu scheuen.

Gespielt wird der gesamte Ring in Gotthold Ephraim Lessings (kein Scherz!) reduzierter Orchesterbesetzung, was für das relativ kleine Haus eine legitime Lösung darstellt.

Verstecken muss sich dieser ungewöhnliche Ring im Vergleich zu Produktionen an größeren Häusern tatsächlich nicht.

Peter Sommeregger, 11. Juli 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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