Auch in der Elbphilharmonie geht Mittelmaß

Erich Wolfgang Korngold, Violinkonzert D-Dur op. 35
Edward Elgar, Symphonie Nr. 2 Es-Dur op. 63
Symphoniker Hamburg, Sir Jeffrey Tate
Elbphilharmonie Hamburg, 2. März 2017

Das Konzert der Symphoniker Hamburg im Großen Saal der Elbphilharmonie war eine große Enttäuschung. Die Kompositionen waren gigantisch gut, allein, sie wurden flau und leidenschaftslos dargeboten.

Das Violinkonzert D-Dur des Österreichers Erich Wolfgang Korngold gehört zu den berührendsten Violinenkonzerten der Musikgeschichte. Dazu bedarf es aber einer empathisch spielendenden Geigerin und eines empathisch spielenden Orchesters. Beide waren in der Elbphilharmonie am Donnerstagabend nicht anwesend.

Die Japanerin Akiko Suwanai spielte das Werk auf ihrer Stradivari ohne Hingabe und Leidenschaft. Ihr Spiel, technisch fast perfekt, glich mehr einem Abspulen von richtigen Tönen. Da hätten auch die Symphoniker Hamburg nichts mehr retten können, auch wenn sie gekonnt hätten. Nach dem Schlusstakt bekam die Japanerin kein einziges „Bravo“ – sehr unüblich bei einem Werk dieser außerordentlichen Güte.

Wie berührend dieses Werk zu erklingen vermag, zeigt die junge Hillary Hahn unter dem Dirigat von Kent Nagano und dem Deutschen Symphonischen Orchester: https://www.youtube.com/watch?v=lcGEGl5bdbk

Vielleicht mögen Sie sich ja einmal ein wenig inspirieren lassen, verehrte Frau Suwanai, die technischen Fähigkeiten für außerordentliche Konzerte bringen Sie ja mit.

Absolutes Mittelmaß blieb auch die einstündige Symphonie Nr. 2 Es-Dur des Engländers Edward Elgar. Der Funke sprang nur ganz selten rüber – wenn überhaupt, dann im zweiten, langsamen Satz Larghetto. Piano und Pianissimo – Forte und Fortissimo wurden indes vom Orchester nur ganz selten präzise herausgearbeitet. Von angemessenen Crecsendi und Drecrecsendi einmal ganz zu schweigen. Zwischen der ersten Oboe der Symphoniker Hamburg und der ersten Oboe des NDR Elbphilharmonie Orchesters liegen Welten. Für „Elphi“-Verhältnisse gab es nur höflichen Applaus für diese Darbietung.

Zu den beiden bescheidenen Aufführungen passte es auch, dass zahlreiche Besucher während des Abends mit ihren Handys Fotos machten – eigentlich kein Wunder, wenn die Veranstalter es unterlassen, vor dem Konzert das Anfertigen von Foto- und Tonaufnahmen zu untersagen. Dass im Großen Saal der Elbphilharmonie zwischen den Sätzen applaudiert wird – auch weil viele Zuhörer glauben, das Werk sei schon vorbei – gehört ja leider mittlerweile zum schlechten Dauer-Ton im Prachtbau am Hamburger Hafen. In Wien und München, ja auch in Berlin, wäre so etwas schlicht undenkbar. In Bayreuth würde es zu einem Aufstand kommen.

Ein weiterer Zwischenfall verursachte Unruhe und Ablenkung. So erlitt in Ebene 16 eine Dame um die 85 Jahre im Allegro vivace e nobilimente der Elgar-Symphonie einen leichten Kreislaufkollaps und debattierte fortan mit ihrem Gatten und weiteren Gästen, ob und wie viel Wasser sie zu trinken habe, das ihr eine Zuhörerin freundlicherweise in einem Glas gereicht hatte.

Alles in allem war dies – musikalisch gesehen – kein erfreulicher Abend im neuen Wahrzeichen an der Elbkante. Es war – nach vielen so grandiosen Konzerten in der Elbphilharmonie – das mit Abstand schlechteste Konzert, das bislang im Großen Saal erklungen ist.

Andreas Schmidt, 3. März 2017
Klassik-begeistert.de

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