Mozart mit Smartphone und Astra-Werbung

Opera piccola
Erzittre, feiger Bösewicht!
Musiktheater für Jugendliche
Musikalische Fassung Johannes Harneit, Dialoge Johannes Blum
Staatsoper Hamburg, 20. April 2017

von Bianca Heitzer 

Ich mag Probebühnen. Die knarzenden schwarzen Holzböden, die ersten Anzeichen eines Bühnenbildes, das Gefühl mittendrin zu sein, im kreativen, turbulenten Entstehungsprozess eines Stücks – all diese wunderbaren Dinge, die man sonst nur hinter den Kulissen und während einer Probenphase erleben kann, kamen am Premierenabend auf der Probebühne I der Hamburgischen Staatsoper am Donnerstag zum Tragen.

Erzittre, feiger Bösewicht! heißt Johannes Harneits Neubearbeitung von Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte“ für Kinder und Jugendliche unter der musikalischen Leitung von Kent Nagano. Die Regie dieser „kleinen Zauberflöte“ übernahm der Intendant der Hamburgischen Staatsoper, Georges Delnon, selbst und kreierte zusammen mit dem Dramaturgen Johannes Blum ein Stück, das in klarer Verbindung zum Alltag der mitwirkenden Jugendlichen steht.

Mit „Moin, Mozart“-Sitzkissen wurden die Zuschauer begrüßt, und spätestens als in den Videoprojektionen von fettFilm die Astra-Werbung blinkte und die Elbphilharmonie aufleuchtete, war klar: Diese Oper spielt in Hamburg!

Für Unmittelbarkeit und Innigkeit sorgten jedoch nicht nur die Spuren des Lokalkolorits, sondern auch die räumlichen Gegebenheiten. Auf schwarzen Hockern verteilt, saßen die Zuhörer im Zentrum des Geschehens und konnten aus nächster Nähe hören und beobachten, wie Tamino von den drei Damen (Lini Gong, Karina Repova, Renate Spingler) gerettet wird und auf dem Kiez auf Papageno trifft.

Der Schweizer Tenor Sascha Emanuel Kramer schien sich dabei in der Rolle des Tamino absolut wohlzufühlen und überzeugte nicht nur mit schauspielerischer Leistung, sondern vor allem mit seiner facettenreichen und klaren Stimme. Zusammen mit dem Bariton Zak Kariithi, der die Figur des Papageno mit viel Witz und warmem Timbre füllte, zeigte er, dass Mozarts Musik und die heutige Zeit sich keineswegs ausschließen.

Da wird dann Paminas bezaubernd schönes Bildnis auf dem Smartphone besungen, Sarastros Aufenthaltsort wird per Google Maps ausfindig gemacht, und gefahren wird natürlich mit der U-Bahn.

Dass diese Idee, anders als bei manch anderer Zauberflöte an der Staatsoper, aufgeht, liegt zum einen am klugen Regiekonzept, aber auch und vor allem an den jugendlichen Mitwirkenden des Felix Mendelssohn Jugendsinfonieorchesters und des Young ClassX Solistenensembles. Das Orchester musste in der Ouvertüre zunächst noch intonatorisch zueinanderfinden, dann führte es souverän durch den Abend und ergänzte sich klanglich sehr harmonisch mit den jungen Sängerinnen und Sängern.

Für viel Beifall sorgte auch die südkoreanische Sopranistin Narea Son, die Pamina verkörperte. Seit dieser Spielzeit ist die 26-Jährige Mitglied im Internationalen Opernstudio Hamburg. In der Arie der Königin der Nacht, für diese Inszenierung zu einem Duett zwischen der Königin (Renate Spingler) und Pamina umgeschrieben, meisterte sie alle hohen Töne und Intervallsprünge auf großartige Art und Weise. Darüber hinaus strahlte ihr Gesang eine besondere Weichheit aus, was besonders in der Arie „Ach ich fühl’s“ deutlich wurde.

Weitere Vorstellungen dieser Zauberflöte in neuem Gewand finden am 22.04., 23.04., 25.04. und 27.04. in der Staatsoper statt, sowie in der Stadtteilschule Alter Teichweg (30.4.), im Kultur- und Kommunikationszentrum Fabrik (3.5.) und im Haus im Park (5.5.). Hingehen lohnt sich!

Bianca Heitzer, 21. April 2017 für
klassik-begeistert.de

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