Standing Ovations für das WDR Sinfonieorchester unter Manfred Honeck mit Paul Lewis am Klavier

Paul Lewis Klavier 
WDR Sinfonieorchester Köln 
Manfred Honeck Dirigent 
Ludwig van Beethoven Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 C-Dur op. 15 (1793–1800)
Antonín Dvořák  Sinfonie Nr. 9 e-Moll op. 95 B 178 (1893) – „Aus der Neuen Welt“
Kölner Philharmonie, 13. Oktober 2017

von Daniel Janz

Mit dem Titel „Alte Welt – Neue Welt“ versprach die Kölner Philharmonie ein Aufeinandertreffen gewaltiger Gegensätze. Unterstützung fand das WDR Sinfonieorchester durch den österreichischen Dirigenten Manfred Honeck, 59, und den britischen Pianisten Paul Lewis, 45. Insgesamt eine hochkarätige Besetzung, die sich ohne Umschweife direkt in die Herzen der Zuschauer spielte.

Zu Anfang greifen beide auf einen Klassiker zurück: Beethovens 1. Klavierkonzert kann man inzwischen zum Standard-Repertoire eines jeden Orchesters zählen. Zu den Spätwerken des Komponisten unterscheidet es sich vor allem dadurch, dass es heiter und einfältiger klingt. Dieser mozartische Klangeindruck sollte jedoch nicht über die technische Herausforderung des Werkes hinwegtäuschen.

Bewegt leitet Honeck eine längere Orchesterexposition ein, bevor der Solist Paul Lewis einsetzen darf. Sofort merkt man ihm an, dass er dieses Stück mühelos beherrscht. Spielerische Soli von Oboe und Fagott im ersten Satz begleiten im Wechsel sein virtuoses Spiel. Im zweiten Satz tanzen er und die Klarinette musikalisch umeinander. Und im dritten gesellt sich auch noch die Flöte mit verspielten Soli dazu.

Überzeugen kann der aus Liverpool stammende Pianist vor allem in den ruhigen, leisen Stellen. Mit Grazie und Charme füllt er diese, nur um dann im wilden Wechsel wieder in ein lautes Allegro zu springen – ein eindrucksvolles Aufeinandertreffen von Gegensätzen. Dabei entsteht gar der Eindruck, als wäre der Meister Beethoven selber aus einem Gemälde entsprungen und würde sein Werk vorführen. Ganz große Klasse!

Den typisch britischen Humor beweist Lewis im Anschluss, als er nach lange anhaltendem Applaus eine Bagatelle als Zugabe gibt. Diese inszeniert er so raffiniert, dass der Eindruck entsteht, er würde bewusst die Melodie abbrechen. Solche kleinen Überraschungsmomente regen das gesamte Publikum zu einem heiteren Lachen an. Euphorisch feiern die Zuschauer den Künstler.

Im Gegensatz zum klassischen Werk Beethovens beschreibt die 9. Symphonie von Antonin Dvorák eine malerische Reise in eine andere Welt. Dieses in Amerika komponierte Werk ist das mit Abstand und zurecht bekannteste Werk des tschechischen Komponisten. In beeindruckender Weise zeichnete er hier Aspekte des Lebens in New York des späten 19. Jahrhunderts nach und verband diese mit tschechischer Volksmusik.

Jedem Satz lässt sich sein charakteristisches Thema zuordnen. Sei es das donnernde Aufbruchsthema im ersten Satz, das malerische und weltbekannte Solo des Englischhorns im zweiten Satz oder die marschartigen Themen aus Satz 3 und 4. Obwohl diese alle heikel zu spielen sind, meistert das WDR Sinfonieorchester das Werk Satz für Satz hervorragend.

Insbesondere das verträumte Largo bleibt in Erinnerung. In den choralartigen Passagen nimmt der österreichische Gastdirigent sich teilweise sogar ganz zurück und lässt die Musiker einfach spielen. Was dabei herauskommt ist ein Klanggemälde, das Dvorák selber sich schöner nicht hätte vorstellen können. Vereinzelte Rückgriffe auf die zuvor erklungenen Themen rufen immer wieder die Erinnerung an die „Neue Welt“ ins Gedächtnis.

Im stürmischen dritten und majestätischen vierten Satz lebt das Orchester schließlich richtig auf. Angetrieben von eindrucksvollen Hornsoli führen die Musiker unter Manfred Honeck nahtlos von einem reißerischen dritten Satz in einen hervorragenden vierten Satz über. Ein prächtiges Thema in allen Blechbläsern krönt eine tadellose Leistung. Noch einmal werden die wichtigsten Themen aller Sätze rezitiert, bevor ein furioses Finale das Ende eines perfekten Abends besiegelt.

Das Publikum feiert diese bahnbrechende Leistung mit ekstatischem Applaus und Standing Ovations. Einen Moment lang keimt sogar die Hoffnung nach einer Zugabe auf. Diese wird dann aber doch nicht mehr erfüllt.

Daniel Janz, 14. Oktober 2017, für
klassik-begeistert.de

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert