Tannhäuser: Der Star des Abends ist die schwedische Sopranistin Elisabet Strid

Richard Wagner, Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg
Oper Leipzig, 24. März 2018
Christoph Gedschold Dirigent
Calixto Bieito Inszenierung
Rebecca Ringst Bühne
Stefan Vinke Tannhäuser
Elisabet Strid Elisabeth
Kathrin Göring Venus
Mathias Hausmann Wolfram

von Yehya Alazem

„Ich schulde der Welt noch einen Tannhäuser“, hat Wagner am Ende seines Lebens gesagt. Mit dem Tannhäuser war er nie zufrieden, und man kann sich nun nun fragen: Wie unzufrieden würde er heutzutage mit allen Inszenierungen dieser Oper sein?

Anfangs sollte die Herrin in Bayreuth, Katharina Wagner, inszenieren, sprang aber Ende letzten Jahres ab, da die Bühnenbilder nicht termingerecht fertig wurden. In so kurzer Zeit gab es vielleicht nicht so viele Möglichkeiten, als die Inszenierung von Calixto Bieito aus Gent/Antwerpen von 2015 einzukaufen.

Diese Inszenierung hat leider gar keine Überzeugungskraft. Wovon handelt diese Oper? Existiert überhaupt eine Erlösung? Der Kern der Handlung ist vollständig verlorengegangen. Dies ist eine szenische Interpretation des Werks, die völlig unglaubwürdig ist. Der erste Aufzug spielt im Wald, der zweite in einem hellen Saal mit weißen Säulen, und im dritten Akt ist es eine Mischung zwischen beiden – also Wald im Saal. Die Identität der Sänger ist ganz leer, und die Handlung ist nicht wahrzunehmen. Ein szenischer Schwachsinn.

Der Tannhäuser ist ja eine der schwierigsten Rollen der Tenorstimmlage. Was diese Partie an Kraft, Eleganz und Geschmeidigkeit in der Stimme fordert, macht die Sache sehr kompliziert, und leider mangelt es heutzutage sehr an Tenören, die alle Elemente für diese Rolle besitzen.

Der in Georgsmarienhütte geborene Heldentenor Stefan Vinke hat eine Strahlkraft, die den ganzen Saal erfüllt und die Säule des Hauses erzittern lässt. Seiner dichten, mächtigen Stimme fehlt es an Nuancierungen, sie klingt allzu eindimensional. Obwohl er die technischen Schwierigkeiten meistert, kann er keine tiefe Verkörperung der Rolle liefern – was ihm im Besonderen in der Romerzählung nicht gelingt.

Als seine Liebesgöttin überzeugt die deutsche Mezzosopranistin Kathrin Göring. Sie besitzt eine Stimme mit einem schönen dunklen Klang, die in allen Lagen weich und leicht klingt. Darstellerich kann sie in dieser Inszenierung nicht so viel ausrichten, da ihre Rolle sehr klein ist.

In der Rolle des Wolframs liefert Mathias Hausmann eine solide Leistung. Sein Bariton ist im Vergleich mit den anderen Sängern weniger kraftvoll, aber dennoch durchdringend. Er gibt der Rolle eine sehr hingebungsvolle Darbietung und singt ganz textverständlich.

Der Star des Abends ist ohne den kleinsten Zweifel die schwedische Sopranistin Elisabet Strid als Elisabeth. Sie ist fast die einzige Person auf der Bühne, die etwas Szenisches aus ihrer Rolle schafft. Gesanglich bezaubert sie auch in ihrer musikalischen Verkörperung der unschuldsvollen Erlöserin. Ihre Stimme hat eine wunderschöne warme Mittellage und eine dichte, klare Höhe, die alle Spitzentöne ganz mühelos liefert. Mit ihrer Hallenarie am Anfang des zweiten Aufzugs hebt sie sehr deutlich das Niveau der Vorstellung.

Von einem Orchester, das an die Musik von Wagner gewöhnt ist, erwartet man viel mehr als das, was das Gewandhausorchester unter Christoph Gedschold bietet. In der Ouvertüre hat Gedschold noch die Kontrolle über die Streicher, die wunderschön und kompakt klingen, aber wenn die Blechbläser hervortreten, klingt es nicht harmonisch. Es gibt viele schöne Momente, aber oft fällt das Ganze auseinander. Der Chor der Oper Leipzig gefällt die ganze Vorstellung hindurch und sorgt für viele schöne Momente.

Yehya Alazem, 26. März 2018, für
klassik-begeistert.de

 

 

Ein Gedanke zu „Richard Wagner, Tannhäuser,
Oper Leipzig“

  1. Schade, dass Leipzig hier nicht mehr geglückt ist.

    Es gibt so viele wunderbare Musiker auf der Welt, doch Richard Wagner hat nicht nur wunderbare große Werke hinterlassen, sondern auch schwierig zu besetzende große Partien, die schwer zu besetzen sind.

    Und so gibt es nicht nur einen Mangel an guten Tannhäuser-Tenören oder und Isolde-Sopranistinnen, sondern ganz besonders auch einen großen Mangel an wirklich guten Wagner-Dirigenten.

    Und da es so schwierig ist, … und so unglaublich erfüllend, wenn es glückt, pilgern Wagner-Fans zu den vielversprechendsten und bestbesetzten Aufführungen.

    Denn wenn eine Wagner-Oper gelungen in den Opernsaal gezaubert wird, gibt es kaum etwas Schöneres!

    Sebastian Koik

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