Ein märchenhaftes Konzert mit märchenhaften Werken

Wiener Philharmoniker, Valery Gergiev, Debussy, Ravel, Rimski-Korsakow,  Wiener Konzerthaus, 19. Januar 2022

Foto: © Alexander Shapunov

Dieses Konzert war schlichtweg großartig. Maestro Gergiev versteht es, den Musikern alle Reserven zu entlocken und sie zu motivieren.

Konzerthaus Wien, Großer Saal, 19. Januar 2022

Claude Debussy:
Prélude à l’après-midi d’un faune

Maurice Ravel:
Daphnis et Chloé (2. Suite)

Nikolai Rimiski-Korsakow:
Scheherazade (Suite Symphonique)

Solovioline: Albena Danailova

Wiener Philharmoniker
Dirigent: Valery Gergiev   

von Herbert Hiess

Eigentlich interessant, wie sehr die Konzertprogrammierung indirekt Einfluss auf die Qualität eines Konzertes nehmen kann. Ob Zufall oder nicht – die Werke dieses Abends, der anlässlich der Wiener „Residenz“ des Stardirigenten Valery Gergiev zustande kam, war nicht nur von den Werken her mit märchenhaftem Bezug. Der Konzertabend war insgesamt – trotz coronabedingter Ausfälle im Orchester – einfach großartig.

Zuerst das Prelude von Debussy, das Gergiev in seinem allerersten Konzert mit den Wiener Philharmonikern spielen ließ, das eine Vertonung des märchenhaften Gedichtes von Stéphane Mallarmé ist. Hier wird das Erwachen des Fauns erzählt, der aus seinem Nachmittagsschlaf aufwacht und zwei Nymphen beobachtet. Seine Panflöte wird von der Querflöte und auch von der Altflöte dargestellt; unvergleichlich gespielt von den Musikern der Philharmoniker. Wie auch alle anderen Instrumente; aber allen voran die Holzbläser. Debussys Erzählung des „Nachmittages des Fauns“ wird gerne für Ballettaufführungen verwendet.

Ravels Erzählung von „Daphnis et Chloé“, komponiert als Ballettmusik, steht nur selten auf den Spielplänen der Opernhäuser. Unvergessen die legendären Aufführungen unter Lorin Maazel in der Wiener Staatsoper –  mit den Wiener Philharmonikern. Bei diesem Konzert mit Gergiev spielte das Orchester in gleicher Besetzung, bis auf ganz wenige Ausnahmen sah man viele neue Gesichter. Das Orchester hat sich total verjüngt, was aber der Qualität absolut keinen Abbruch tut. Dieses Konzert war schlichtweg großartig. Maestro Gergiev versteht es, den Musikern alle Reserven zu entlocken und sie zu motivieren.

So auch bei der weiteren Märchenreise, die im Nahen Osten bei Sindbad und seiner Scheherazade endete. Gergiev war hier der perfekte Reiseführer in der Erzählung der Abenteuer Sindbads mit seiner Frau. Ob bei der Beschreibung von Sindbads Schiff und vor allem im dritten Satz bei dem „jungen Prinzen und der jungen Prinzessin“. Das Andantino war schon fast ein mahlerhaftes Adagio, das aber so innig und  spannungsgeladen war, dass man völlig in den Klängen versank. Und letztlich im vierten Satz – der Sturm war, wie immer bei Gergiev, ein rauschendes Abenteuer.

Es gilt dem Orchester höchstes Lob auszusprechen; trotz (offenbar coronabedingter) Ausfälle vor allem bei den Kontrabässen, wo statt der üblichen acht nur fünf spielten, war es ein Fest für die Ohren. Die Konzertmeisterin Albena Danailova war auch hier voll in ihrem Element und spielte mit berührender Schönheit und Virtuosität; wenn auch nicht ganz  so souverän wie seinerzeit Rainer Küchl. Die Nervenstärke, die es für so einen Auftritt braucht, ist ganz schön herausfordernd.

Valerie Gergievs Wiener „Kurzresidenz“ hat tatsächlich schon Festivalcharakter.  Neben den Wiener Konzerten sind noch Tourneekonzerte zgeplant, vor allem in der Wiener Staatsoper einige Aufführungen von Tschaikowskys „Pique Dame“.

Valerie Gergiev zählt unbestritten zu einen der allerbesten Dirigenten dieser Jahre!

Herbert Hiess, 20. Januar 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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