Die in Wien lebende dominikanische Cellistin Nicole Peña Comas fasziniert mit ihrem warmen, reichen und gesanglichen Celloton. Sie ist sowohl als Solistin als auch Kammermusikerin tätig. Nicole widmet sich der Wiederentdeckung vergessener Komponisten mit derselben Begeisterung, wie sie Meisterwerke des Standardrepertoires interpretiert. Als Solistin ist sie mit dem Orquesta Sinfónica Nacional aus der Dominikanischen Republik, dem Orchesterverein Concentus21 Wien und dem Orchester des Conservatorio National de Santo Domingo aufgetreten.
2021 erhielt ihre CD El canto del cisne negro die Silver Medal bei den Global Music Awards in Los Angeles ; 2018 erhielt ihre CD Souvenir latino des Ensemble Spirituosi die Gold Medal bei den Global Music Awards in L. A. Sie wurde auch als bestes Frühlings-Album und unter den besten 10 Alben des Jahres ausgewählt.
Interview: Andreas Schmidt
Frau Peña Comas, Sie stammen aus der Dominikanischen Republik und leben seit 14 Jahren in Wien. Was hat Sie aus der Karibik nach Österreich gebracht?
Die Liebe zur Musik war der Hauptgrund, gleich nach der Matura (Abitur) nach Österreich zu kommen. Und ich hatte den Vorteil, dass meine Schwestern, auch Musikerinnen, Nathalie (Sopran) und Evelyn (Querflötistin), in Wien Musik studierten.
Wie sind Sie zum Cello gekommen?
Es war eigentlich ein Zufall. In der Musikschule in Santo Domingo wollte ich Geige lernen, aber es gab keinen freien Platz und ich wollte nicht noch ein Jahr ohne Hauptinstrument warten. Dann wurde mir angeboten das Cello auszuprobieren, obwohl ich keine Ahnung hatte, was ein Violoncello war. Ich bin hingegangen und habe es ausprobiert, und der Rest ist Geschichte. Kurz zusammengefasst: Das Cello hat mich ausgewählt.
Was ist für Sie das Spannendste am Cello, am Musizieren mit dem Cello?
Es mag banal klingen, aber es ist unglaublich, wie man durch ein Stück Holz Emotionen vermitteln, sich ausdrücken, erziehen und sogar heilen kann. Man ist so verbunden zum Instrument wie ein Baby zur Mutter. Ein Beispiel dafür sind die Vibrationen, die wegen der Resonanz des Instruments entstehen.
Durch die täglichen Übungseinheiten wird eine immer engere Beziehung zum Instrument entwickelt, bis man durch die Beherrschung der Technik seine eigene Stimme finden und kreieren kann.
Das Cello als Instrument ist so vielseitig und es ermöglicht uns verschiedene Rollen und in verschiedenen Musikrichtungen zu spielen. Wir können als Cellisten eine Bassfunktion haben, auch schöne Kantilenen und virtuose Passagen als Soloinstrument, Effekte wie in der zeitgenössischen Musik oder auch perkussive Effekte in der Popmusik spielen. Ich bin Solistin und Pädagogin, aber meine Leidenschaft ist die Kammermusik.
Was sind Ihre Ihre Lieblingskomponisten? Und Ihre Lieblings-Cellisten?
Dvořák , Fauré, Rachmaninov und Richard Strauss. Miene Lieblings-Cellisten sind Mstislav Rostropovich, Jacqueline Du Pré und André Navarra.
Machen wir eine Zeitreise: In welchem Zeitalter der Vergangenheit würden Sie gerne leben? Würden Sie den gleichen Beruf ausüben wie heute?
In der Renaissance, damals gab es leider noch kein Cello. Ich glaube, ich wäre Philosophin oder Astrologin gewesen.
Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Jahr lang Regentin der Welt: Was braucht unser Planet Ihrer Meinung nach am meisten? Welche drei Dinge würden Sie zuerst ändern?
Wir brauchen: Liebe, Empathie und Selbstlosigkeit. Ich würde ermöglichen: Zugang zur Erziehung und zu trinkbarem Wasser für alle. Wichtig ist die Rolle von Erziehung, Kunst und Kultur in der heutigen Gesellschaft. Wir brauchen Gerechtigkeit für alle.
Was bedeutet Ihr CD-Titel El CANTO DEL CISNE NEGRO und wieso haben Sie ihn ausgewählt?
„El canto del cisne negro“ bedeutet „der Gesang des schwarzen Schwans“. Diesen Titel haben wir ausgewählt, da das Cello immer mit der menschlichen Stimme verglichen wird, und der französische Komponist Camille Saint-Saëns hatte das Cello als Schwan in seinem Karneval der Tiere ausgewählt. Dann dachten wir uns, es gibt ein Stück vom brasilianischen Komponisten Heitor Villa-Lobos, das beide Charakteristika verbindet.
Warum präsentieren Sie auf Ihrem Debüt-Album unbekannte Werke lateinamerikanischer Komponisten? Was verbindet Sie mit ihnen?
Wir, der Pianist Hugo Llanos Campos und ich, kommen aus Lateinamerika, und wir dachten, wir können zur Musikwelt mehr beitragen, wenn wir Musik aus unserer eigenen Kultur präsentieren. Die Hauptwerke der CD sind zwei Sonaten, eine des mexikanischen Komponisten Manuel Ponce und die andere vom Argentinier Constantino Gaito. Beide Kompositionen wurden von der europäischen Romantik, dem Impressionismus und dem Nationalismus beeinflusst. Wir denken, diese Auswahl ist die beste Darstellung der Gattung Kammermusik der Romantik in Lateinamerika.
Wir haben wie diese Komponisten in Europa studiert und sind hin- und hergerissen zwischen der Bewunderung für die Kultur des alten Kontinents und der Nostalgie und neugefundenen Wertschätzung unserer eigenen kulturellen Wurzeln. Wir teilen diese Erfahrung mit ihnen und sind von ihrer Musik zutiefst berührt.
Welche Rolle spielen das Violoncello und die klassische Musik in Lateinamerika?
Das Violoncello ist im Vergleich zum Klavier, zum Gesang und zur Geige noch ein sehr unbekanntes Instrument in Lateinamerika. Daher ist es eine meiner Missionen und Aufgaben, es bekannt zu machen. Die klassische Musik im Allgemeinen wird auch von einem sehr reduzierten Publikum konsumiert, und obwohl es verschiedene musikalische Organe, Institutionen, wunderbare Solisten und Komponisten gibt, spielt diese Art von Musik, akademische Musik, wie sie bei uns heißt, eher keine Rolle.
Erzählen Sie bitte von Ihrer Zusammenarbeit mit dem chilenischen Pianisten Hugo Llanos Campos.
Für dieses Debüt-Album hatte ich das Glück, gemeinsam mit dem tollen chilenischen Pianisten Hugo Llanos Campos zu arbeiten. Er ist jung, sehr musikalisch und virtuos. Wir haben uns von erstem Tag an musikalisch und vor allem persönlich gut verstanden. So einen tollen musikalischen Partner wünscht sich jeder, vor allem bei so einem Projekt. Unsere Komplizenschaft ist in El canto del cisne negro hörbar.
Wenn es, wie in diesen Tagen, in Wien regnet oder schneit und die Temperaturen unter den Gefrierpunkt fallen, haben Sie da als Lateinamerikanerin manchmal Heimweh in die Karibik?
Selbstverständlich, vor allem in diesen schwierigen Zeiten für die Kultur und Kunst, in denen wir heute leben. Ohne Kunst und Kultur wird’s still.
Andreas Schmidt, 13. Februar 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
El canto del cisne negro ist eine Sammlung von klassischen lateinamerikanischen Kompositionen, die originell für die Besetzung Violoncello und Klavier komponiert wurden, aber leider unter Cellisten und dem Publikum weitgehend noch unbekannt sind. Die CD wurde nach dem Stück „O Canto do cisne negro“ des brasilianischem Komponisten Heitor Villa-Lobos benannt. Das vielfältige Programm der CD setzt einen Schwerpunkt auf zwei Sonaten romantischer Komponisten: Manuel Ponce (Mexico) und Constantino Gaito (Argentinien). Zusätzlich ist das Solo-Cellostück „Otoño in Buenos Aires“ (Herbst in Buenos Aires) des mexikanischen Komponisten José Elizondo dabei – es zeigt eine andere Farbe und die Vielfältigkeit des Violoncellos. Eine „Seguida Española“ (spanische Suite) des kubanischen Komponisten Joaquín Nin und das Stück „Se juntan dos palomitas“ aus „Canciones para Violeta“ – eigentlich eine Hommage an die bedeutende chilenische Künstlerin Violeta Parra – runden das musikalische Programm ab.
„Ein traumhaft schönes Kammermusik-Album mit hohem Repertoirewert und genießerischem Exotikfaktor“, schrieb Dr. Ingobert Waltenberger (onlinemerker.com)
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