Die Liebe widersetzt sich der Legende

Wanda Poster © Ewa Potoniec

Ein Gespräch mit der polnischen Komponistin Joanna Wnuk-Nazarowa Grygiel über ihre Oper „Wanda”

von Jolanta Łada-Zielke

Die polnische Legende von der Königin Wanda, „die einen Deutschen nicht wollte“, habe ich bereits in KB im Artikel über Stanisław Wyspiański besprochen. Mit diesem Thema  setzte sich auch von einem anderen polnischen Dichter und Dramatiker der Romantik, Cyprian Kamil Norwid, auseinander, der das in 1851 veröffentlichte Mysteriendrama „Wanda“ schrieb. Der Text dieses Stücks diente der zeitgenössischen polnischen Komponistin Joanna Wnuk-Nazarowa als Libretto für eine Oper mit demselben Titel. Das Werk entstand im Jahr 2021 und seine halbszenische Uraufführung fand damals im Arkadenhof des Königsschlosses Wawel statt. Zu den Solisten gehörten Agata Schmidt in der Titelrolle, Andrzej Lampert als Rytyger, Tomasz Konieczny als Grodny und das Ensemble der Krakauer Oper und des Balletts unter der Leitung von Michał Klauza. Die Premiere der vollständigen Inszenierung des Werks unter der Regie von Waldemar Zawodziński und mit einer ähnlichen Besetzung findet am kommenden Samstag, dem 1. April 2023, statt.

Letzte Woche habe ich Frau Wnuk-Nazarowa in ihrer Krakauer Wohnung besucht, um mit ihr über ihre Oper zu sprechen.  „Interview mit der Komponistin Joanna Wnuk-Nazarowa
klassik-begeistert.de, 1. April 2023“
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„Die Menschen reagieren halt erst wenn’s weh tut und leider oft erst dann, wenn’s zu spät ist.“

Michael Volle, Günther Groissböck. Foto: privat

Interview mit Günther Groissböck von Johannes Karl Fischer – Teil III

Seit über 20 Jahren gehört Günther Groissböck zu den weltbesten Bässen der Opernszene. Im dritten und letzten Teil unseres Interviews spricht er mit uns über Corona, leere Opernhäuser und  seine Pläne für die Zukunft. Lobende Worte findet er auch für Marcel Prawy und  Stefan Mickisch.


klassik-begeistert:
Herr Groissböck, viele Sänger und Sängerinnen kämpfen weiterhin mit Corona-Folgen, sei es gesundheitlich, finanziell-wirtschaftlich oder auch durch die fehlende Übermotivation während des Lockdowns. Wie ist bei Ihnen da die Stimmung, oder auch bei Ihren Kollegen und Kolleginnen?

Günther Groissböck: Ich habe mich mit dem Thema sehr früh beschäftigt, lustigerweise nähert sich ja gerade zum dritten Mal dieser Irrsinn, der da vor drei Jahren begonnen wurde. Ich bin ja nach wie vor der Meinung, dass die Rechnung erst in ein paar Jahren präsentiert werden wird. Wir haben vielleicht den oberflächlichen Teil der Gesundheitskrise überstanden. Aber strukturell wird sich da noch einiges bewegen. Man muss da jetzt einfach sehr fokussiert und wachsam sein, wo sich der Karren hinbewegt. Gerade im Musiktheater und in der ganzen Unterhaltungsbranche, da wird sich schon noch einiges strukturell bewegen. Und gerade in Amerika muss man wahnsinnig wachsam sein. Muss genau schauen, wie das Publikum reagiert, wie die Leute generell so ticken. Das ist alles in Bewegung und das in einer sehr dynamischen Art.

klassik-begeistert: In diesen Zeiten tut sich ja auch einiges in der Kulturszene. Es gab zum Beispiel neulich in der Elbphilharmonie – ich weiß nicht, ob oder inwiefern Sie das mitgekriegt haben – die Aktion der Klima-Kleber im Konzertsaal…

Günther Groissböck: Ja, das habe ich mitbekommen.

klassik-begeistert: Das sind Leute, die sagen, es gäbe heute Wichtigeres zu tun, eine Meinung, die natürlich nicht jeder teilt. Weiters hält auch die Inflation die Leute zunehmend aus den Sälen. Wie kriegt man die Opern- und Konzerthäuser wieder voll?

Günther Groissböck: Ich würde mir – das habe ich in den letzten Jahren auch mit Verantwortlichen hier besprochen – mehr Inhalt als nur plakative Namen wünschen. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir mit geistigen Leuchttürmen, wie früher der Kurt Pahlen oder der Marcel Prawy in Österreich oder der Stefan Mickisch, wieder eine Generation von Opernliebhabern heranführen könnten. Das waren Persönlichkeiten, die mit ihrer Begeisterung, Kompetenz und wirklich überschäumenden Liebe zur Oper die Menschen für die Stücke begeistern konnten. Damit die Menschen wieder primär wegen der Stücke kommen, und nicht nur, weil sie irgendwelche klingenden Namen hören wollen. Das wäre einfach die nachhaltigere Form, Publikum zu generieren. Da sehe ich halt momentan recht wenig Perspektive.

Ich würde mir auch wünschen, dass – auch, wenn ich das Wort Erziehung hasse – Musikbegeisterungsprogramme abseits der Oper die Menschen neugierig machen würden. In der Folge könnten wir Künstler dann das Publikum durch das „Produkt“ – auch ein hässliches Wort – so weit begeistern und binden, dass sie uns dann auch wieder treu bleiben, am besten als Abonnenten. Dann stünden wir mit dem Publikum auch wirklich in einer Art von Beziehung, würden uns auch gegenseitig motivieren, begeistern und auch zu Höchstleistungen anspornen. Das ist ja eine Art wechselseitiges Geben und Nehmen. Wir haben in den letzten drei Jahren gelernt, wie das ohne Publikum ist. Das Publikum ist sich gar nicht bewusst, wie wichtig es als Teil der Aufführung ist.

klassik-begeistert: Die Säle waren während der Pandemie ja zum Teil gänzlich leer und füllen sich nur allmählich wieder. Ist das ein Phänomen, das abrupt mit Corona eingetreten ist, oder gab es für eine derartige Entwicklung schon vorher Anzeichen?

Günther Groissböck: Corona ist einfach eine Lupe, ein Brennglas, das viele Missstände, die vorher schon erkennbar waren, jetzt einfach brutalst noch einmal ins Spotlight  gebracht hat. Es ist ja lustig: Wenn ich mit Freunden rede, sind das im Prinzip die gleichen Themen wie 2018 oder 2019, nur haben sie jetzt halt eine ganz andere Brisanz bekommen. Die Menschen reagieren halt erst, wenn’s weh tut und leider oft erst dann, wenn’s zu spät ist. Ich habe schon immer versucht zu warnen und zu mahnen, so gut’s geht. Aber die Leute wollen Dinge oft nicht hören, solange es noch irgendwie geht. Dann muss man auch aufpassen, weil, wie wir wissen, der Überbringer der schlechten Nachricht wird  als Erster umgebracht. Und dazu habe ich halt keine Lust.

klassik-begeistert: Ich habe noch die Erinnerung, dass ich letzten April bei Ihrem Rosenkavalier in der Wiener Staatsoper mit zwei Wochen Vorlauf eine Studentenkarte für das Parkett in der fünften Reihe gekriegt habe. Ich finde, das sagt schon einiges aus, wie leer es damals war, wie schlecht die Auslastung war…

Günther Groissböck: Es wird schon wieder ein bisschen besser. Aber ich fürchte, es wird sich jetzt budgetär bei vielen Menschen einiges tun und das wird Herausforderungen darstellen, worauf die Theater halt reagieren müssen. Ich bin, was das betrifft, sehr positiv überrascht, wie man sich zum Beispiel in Mailand sehr bemüht, detaillierte Publikumserhebungen zu machen. Kinderprogramme sind wichtig, aber man müsste die Generationen zwischen den älteren, finanzkräftigeren Leuten und den Kindern gewinnen. Das ist eine ganze Generation und die ist eigentlich die wahre Zielgruppe. Wir sehen das nicht nur als Selbstzweck um zu überleben, sondern es geht uns darum, dass Musik und Kunst ein fundamentaler Teil der menschlichen Zivilisation sein sollten. Wir sollten bis zu einem gewissen Grad – sag ich immer – mit einem gewissen Pathos einen post-religiösen Dienst erfüllen. Und der ist wichtig.

klassik-begeistert: Das meinen ja auch viele andere Menschen. Aber auch der Krieg in der Ukraine lässt die Kultur nicht unberührt. Beispielsweise, wenn Sie den BR-Vorbericht zur Krieg und Frieden Premiere hier in München lesen: Das war so abgeriegelt, dass wohl niemand von der Staatsoper irgendwelche  Aussagen dazu treffen wollte, weil es auch Menschen gibt, die diese Musik im Moment gar nicht auf dem Spielplänen sehen wollen. Sie spielen ja im Juni in Wien in der Lady Macbeth von Mzensk. Haben Sie irgendwelche Gedanken, diese Schostakowitsch-Oper in Zeiten des Ukraine-Kriegs aufzuführen?

Günther Groissböck: Also diese permanente Vermengung von Politik und Kunst nervt mich unfassbar – ich kann gar nicht sagen wie sehr. Vor allem auch mit so einer Zeigefinger-Mentalität und einer unglaublichen Doppelmoral. Das ist grauslich, wie das einfach immer in die Richtung gebogen wird, wie es einem passt und bequem ist. Und ich bin total – also extrem – gegen dieses ganze Netrebko-Bashing und die Ausgrenzung dieser Leute. Ich muss mich da einfach immer raushalten, weil ich mich wahnsinnig darüber ärgere. Diese Hetzerei kommt ja meistens aus der gleichen Ecke. Das haben wir die letzten drei Jahre schon mit dieser ganzen Corona-Geschichte erlebt, jetzt hat sich dieses Thema einfach wieder verschoben. Aber im Prinzip sind es immer wieder die gleichen Kräfte, die da wirklich einen wahnsinnigen Hass verbreiten. Vor allem auch dieses kulturelle Cancel-Culture, das ist überhaupt absurd und blöd.

klassik-begeistert: Gerade bei Schostakowitsch und Prokofjew – die ja selber massiv mit der repressiven Kulturpolitik der Sowjetunion zu kämpfen hatten – bin ich von den Forderungen, deren Werke nicht mehr zu spielen, auch höchst beunruhigt. Und vor allem auch davon, dass diese Forderungen wohl alle an der Bayerischen Staatsoper davon abhalten, sich zu dieser Inszenierung zu äußern.

Günther Groissböck: Dazu muss man sagen: Jedes System macht ja auch wieder seine Entwicklung durch. Jetzt denken wir gerade an die Nazizeit. Anfang der dreißiger Jahre hätte ein sehr naiver, von mir aus ganz gut glaubender Mensch, sehr schnell mal in irgendwas rein schlittern können, mit der Überzeugung, dass das uns vielleicht Frieden hätte bringen können. Und Jahre später kommt der dann darauf, dass das ein totaler Irrweg war. Da muss man einfach aufpassen, wie man im Nachhinein diese Leute beurteilt. Und so ist das bei vielen Systemen. Es gibt Leute, die vom Kommunismus als Grundidee ein gutes Bild haben  aber dann sehen, wie das in der Praxis ausschaut und was das für Abgründe und Abwägigkeiten eröffnet. Dann kommt man halt drauf, dass das ein Irrtum gewesen ist. Das ist einfach absurd. Das Leben ist ständig im Wandel, Menschen sind im Wandel und Systeme sind im Wandel. Und Etiketten, die vielleicht im ersten Moment gut gingen, entlarven sich dann als verbrecherische Dinge und umgekehrt auch. Man muss mit diesen Beurteilungen da permanent wachsam sein und damit aber sowas von aufpassen. Kulturell ist das sowieso Schwachsinn.

klassik-begeistert: Ich glaube, wir haben jetzt über diese ganzen kulturpolitischen Diskussionen genug gesprochen. Jetzt würde ich gerne fragen: Was planen Sie für zukünftige Projekt sonst im Moment?

Günther Groissböck: Viel. Ich lerne zur Zeit, wie verrückt die Lady Macbeth ist. Das ist ja wirklich sauschwer, aber so langsam kriege ich richtig Spaß an dieser Figur. Und es ist richtig, richtig grausig. Das ist jetzt mal eine große Baustelle. Dann kommt vorher im Mai, habe ich gesehen, noch Rusalka in München mit der Asmik Grigorian. Und dann singe ich noch im Rheingold den Wotan in Budapest im Juni. Im Sommer – das ist für mich persönlich ganz was Wichtiges – mache ich in Klosterneuburg die Don Carlos-Regie und singe den Philipp dort. Das ist natürlich eine wahnsinnig zeitaufwendige Sache. Da bin ich halt permanent beschäftigt mit Kostüm und Bühnenbild. Da bin ich permanent am Schreiben und sag „Du, mal da rechts, links, steht diese Verkleidung richtig und passt dort die Höhendifferenz mit dem?“ Das sind einfach so Theatertüftelein, die mir sehr viel Spaß machen.

klassik-begeistert: Sie haben gerade den Wotan angesprochen. Aus dieser Rolle sind Sie vor zwei Jahren in Bayreuth ausgestiegen, machen den jetzt aber in Budapest. Warum ausgerechnet in der ungarischen Hauptstadt?

Günther Groissböck: Das hat sich halt einfach so ergeben und Ádám Fischer ist ein super Wagner-Experte. Ich mache jetzt leider nur das Rheingold, eigentlich hätte ich auch die Walküre singen sollen. Aber das ist mit der Lady Macbeth in Kombination einfach zu dicht. Das wären drei Tage hintereinander zweimal Wotan und dann der Boris, das ist einfach zu viel. Den Walküren-Wotan, den ich bis zur Generalprobe in Bayreuth brav gesungen habe – und glaube ich gar net so schlecht –, muss ich leider wieder verschieben. Aber es hat keinen Sinn, Dinge übers Knie zu brechen und mit Gewalt etwas zu tun, wenn die Kalender-Konstellation das eben nicht erlaubt.  Das ist auch noch ein Rest Nachwirkung der Corona-Zeit. Es haben sich viele Dinge verschoben und zusammen teleskopiert – wie dieses Wort ja so schön erfunden wurde. Und manches ist dann halt einfach zu viel. Gerade bei den dramatischen Partien, da muss man halt gerade beim ersten Mal wohl abwägen, was man wann in welcher Reihenfolge schafft.

klassik-begeistert: Es wundert mich immer, dass es Sänger gibt, die  tatsächlich auch an drei Abenden hintereinander  stimmlich sehr, sehr gut den Rheingold-Wotan, den Walküre-Wotan und den Siegfried-Wanderer schaffen. Das ist ja der absolute Hammer.

Günther Groissböck: Das bewundere ich auch immer. Aber meistens ist das Problem, das wirklich Herausfordernde – was das Publikum gar nicht so mitbekommt – die Probenkonstellation davor. Man kommt da meistens gar nicht so frisch hin. Ich bin wirklich auch ein Vielsänger, mache verrückte Dinge und habe das gern, weil es mich immer wieder herausfordert und manchmal sogar zwingt, technisch bewusster zu singen. Aber vor diesen Leistungen habe ich wirklich extrem Respekt. Wer das so kann, nicht schlecht!

klassik-begeistert: Dann hätte ich noch eine Frage, bevor wir zum Ende kommen. Haben Sie eine Lieblingsrolle, die Sie am allerliebsten singen?

Günther Groissböck: Naja, den Gurnemanz und den König Philipp in Don Carlos. Der Philipp ist jetzt eher was seelisches, den hatte ich gerade erst in New York im Herbst gemacht und das hat mir extrem Spaß gemacht. Ich freue mich jetzt schon wieder im Sommer, das dann selber inszenieren zu können. Erstmal ist es sehr von der Gesamtlinie her auch sehr schön zum Singen. Und dann gibt es vom seelischen Zustand sehr viele Momente, mit denen ich mich sehr gut identifizieren kann. Und beim Gurnemanz sind es vor allem die zwei Schattierungen im ersten und dritten Akt. Im ersten die Geschichte quasi als Beteiligter zu erzählen und dann im dritten dieses Ritual der Taufe mitzubegleiten, das hat schon was Erhebendes. Da geht’s schon um mehr als nur Musik.

klassik-begeistert: Vielleicht werden wir Sie ja auch nochmal in dieser Rolle in Bayreuth hören, das weiß man ja nie.

Günther Groissböck: Ja, ja, schauen wir mal.

klassik-begeistert: Lieber Herr Groissböck, haben Sie herzlichen Dank für das interessante Gespräch. Im Namen von klassik-begeistert ein  toi toi toi für die kommenden Vorstellungen und Proben, die in New York und anderswo noch anstehen. Und zuletzt möchte ich Sie gerne noch von den Blauen aus Bayreuth grüßen.

Günther Groissböck: Ui! Danke, das ist lieb!

Interview mit Günther Groissböck, Teil 1 klassik-begeistert.de, 23. März 2023

Interview mit Günther Groissböck von Johannes Karl Fischer – Teil II klassik-begeistert.de, 27. März 2023

„Beim Kosky-Rosenkavalier in München hat mich Samantha Hankey quasi wie ein Blindenhund über die Bühne geführt“

Foto: G. Groissböck © Wilfried Hösl

Interview mit Günther Groissböck von Johannes Karl Fischer – Teil II

von Johannes Karl Fischer

Seit über 20 Jahren gehört Günther Groissböck zu den weltbesten Bässen der Opernszene. Im zweiten Teil unseres Interviews spricht er über seine Paraderolle, den Baron Ochs auf Lerchenau. Günther Groissböck singt den Ochs im März/April (27.3 – 20.4) an der Met in New York. Am 15.4 gibt es eine internationale Liveübertragung, u.a. auch in zahlreichen Kinos in D/A/CH. Zu den Ur-Wienerischen Feinheiten des Rosenkavaliers hat der gebürtige Niederösterreicher ganz besondere Worte.

klassik-begeistert: Herr Groissböck, der Rosenkavalier, also der Baron Ochs, gilt ja als einer Ihrer Paraderollen. Ich habe Sie in den letzten drei Jahren in den drei Inszenierungen von André Heller, Otto Schenk und Barrie Kosky gesehen. Wie nehmen Sie diese doch sehr unterschiedlichen Inszenierungen auf der Bühne wahr? Wenn wir jetzt zum Beispiel Otto Schenk – der ja manchmal als museumsartig kritisiert wird – und Barrie Kosky gegenüberstellen, wie ist das für Sie zum Spielen? „Interview mit Günther Groissböck von Johannes Karl Fischer – Teil II
klassik-begeistert.de, 27. März 2023“
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Star-Bass Günther Groissböck im Exklusiv-Interview: „Man kann halt überall Probleme finden, wo sie eigentlich nicht sind“

Foto © Dominik Stixenberger

Interview mit Günther Groissböck von Johannes Karl Fischer – Teil I

Seit über 20 Jahren gehört Günther Groissböck zu den weltbesten Bässen der Opernszene. Groissböck wurde in Waidhofen an der Ybbs in Niederösterreich geboren  und hat an fast allen bedeutenden Häusern der Welt – darunter die Wiener Staatsoper, die Metropolitan Opera und natürlich bei den Bayreuther Festspielen – gesungen. Sein breit gefächertes Repertoire umfasst Wagner-Stammrollen wie Gurnemanz (Parsifal), Verdi-Schlager wie König Philipp (Don Carlos) oder auch Schostakowitsch-Partien wie Boris (Lady Macbeth von Mzensk). Im ersten Teil unseres Interviews spricht er über den aktuellen Lohengrin an der Metropolitan Opera in New York, in dem er den König Heinrich singt. Auch zur „Führer“-Diskussion findet er klare Worte. 

klassik-begeistert:  Herr Groissböck, in diesen Wochen singen Sie den König Heinrich und den Baron Ochs an der Met. Wie geht es Ihnen und wie läuft die Probenarbeit?

Günther Groissböck: Naja, beim Lohengrin sind wir schon in der Mitte der Vorstellungsserie, am Dienstag haben wir sozusagen Halbzeit. Da ist ja auch schon diese Notfalls-Aufzeichnung, für die Kino-Aufzeichnung, die Samstag stattfindet, live, dann. Das heißt, der Lohengrin geht eigentlich schon auf die Zielgerade. Und parallel dazu wird eben der Rosenkavalier geprobt, da geht’s halt auf die Bühne. Ich bin jetzt mit Ausnahme von heute  – es ist der erste freie Tag seit längerem – jeden Tag zu mindestens einfach besetzt im Einsatz.

klassik-begeistert:  Das klingt nach einem sehr anstrengenden Programm. Was läuft denn bei dieser Notfallübertragung anders als sonst? Normalerweise ist doch die Kinoübertragung live… „Interview mit Günther Groissböck, Teil 1
klassik-begeistert.de, 23. März 2023“
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Lieder, die persönliche Geschichten erzählen

Interview mit Na’ama Goldman zum Release ihrer ersten CD „Legata“ von Birgit Koß

Die charismatische und ausdrucksstarke Mezzosopranistin Na’ama Goldman ist auf den Opernbühnen Israels und Europas zu Hause. Nun veröffentlicht sie ihre erste CD mit Liedern in Begleitung des italienischen Pianisten Giulio Zappa. Na’ama Goldman ist in der Nähe von Tel Aviv geboren. Seit Corona hat sie ihren Lebensmittelpunkt in Berlin, wo sie im Piano Salon Christophori ihre erste CD „Legata“ der Öffentlichkeit präsentiert. „Interview mit Na’ama Goldman von Birgit Koß
klassik-begeistert.de, 18. März 2023“
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Wie Maestro VR jedem ein Privatorchester ins heimische Wohnzimmer bringt

Foto © Andrés Soto, privat

Welcher Klassik-Fan hat noch nicht davon geträumt, einmal ein eigenes Orchester dirigieren zu können? Vielleicht die eigenen großen Lieblinge selbstständig zu interpretieren und einer Hundertschaft Musikern anzugeben, wie sie zu spielen haben? Die großen Klassiker einmal im neuen Licht erstrahlen zu lassen oder sogar Eigenkompositionen aufzuführen? Nun scheint es, als würde sich dieser Traum erfüllen. Mit Maestro VR steht zum allerersten Mal in der Geschichte der Menschheit ein Projekt in den Startlöchern, das mithilfe modernster Technologie, Virtueller Realität und sensibler Sensorik das Erlebnis des Dirigierens direkt in jedes Haus zaubert. Klassik-begeistert durfte dieses Projekt exklusiv kennenlernen und dessen Erfinder Andrés Soto aus Spanien eine Reihe von Fragen stellen. Freuen Sie sich in diesem zweiteiligen Interview auf das mit Sicherheit spannendste Klassik-Technologie-Projekt seit Jahrzehnten, das die Öffnung der Orchestermusik gegenüber einem neuen, potenziell riesigen Publikum verspricht.

Interview mit Andrés Soto von Daniel Janz (ins Deutsche übersetzt)

klassik-begeistert: Lieber Herr Soto. Sie sind der Erfinder von Maestro VR, dem ersten Projekt, das Virtuelle Realität (VR) professionell mit dem Handwerk des Dirigierens verbindet. Ein Ansatz, der aktuell weltweit einzigartig ist und völlig neue Einblicke in den Konzertbetrieb erlaubt. Wenn Ihr Projekt erfolgreich ist, wäre bald jeder Mensch weltweit in der Lage, Orchesterstücke zu dirigieren. Angefangen bei Streichquartetten über weltbekannte Klassiker bis hin zu Eigenkompositionen. Die erste Frage, die sich da natürlich aufdrängt ist: Wie sind Sie auf diese Idee gekommen? Können Sie für unsere Leser ausführen, was Sie zur Entwicklung von Maestro VR motiviert hat? „Interview mit Andrés Soto, Erfinder von Maestro VR
18. März 2023“
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Artistic Director Christoph Müller: „Wir können nicht nur Tschaikowsky und Dvořák spielen“

Foto: Christoph Müller, Artistic Director des Gstaad Menuhin Festival © Raphael-Faux

Interview mit Christoph Müller, Artistic Director des Gstaad Menuhin Festivals

von Jürgen Pathy

Das Gstaad Menuhin Festival setzt auf eine Neuauslegung: „Demut“ in Zeiten des Wandels. So nennt sich der Schwerpunkt der 67. Ausgabe des Schweizer Musikfestivals, das einst Yehudi Menuhin gegründet hat. Ein Gespräch mit Artistic Director Christoph Müller. Der Schweizer Kulturunternehmer bezieht Stellung, warum man auch in der Klassikbranche nicht mehr die Augen verschließen kann vor dem Klimawandel und den Ereignissen, die rundherum gerade die Welt erschüttern. „Interview: Artistic Director Christoph Müller
Gstaad Menuhin Festival, 14. Juli – 2. September 2023“
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Nolwenn Bargin: "Es gibt so viel in der Musik zu entdecken – das ist mein höchstes Ziel"

Nolwenn Bargin Flute, Photo: Marco Borggreve

Interview mit Nolwenn Bargin von Birgit Koß

Ich treffe Nolwenn Bargin in Berlin, wo sie im Piano Salon Christophori ihre neue CD „Philippe Gaubert Chamber Music“ vorstellt.

klassik-begeistert: Frau Bargin, eine CD zu dem Komponisten Philippe Gaubert zu veröffentlichen, er ist ja sozusagen ein Landsmann von Ihnen, auch wenn Sie als gebürtige Bretonin inzwischen eine Schweizerin geworden sind, war das schon länger Ihr Wunsch?

Nolwenn Bargin: Ja, die erste Begegnung mit Kompositionen von Gaubert war mit der „Fantaisie“; die habe ich sehr früh, ich glaube im Alter von fünfzehn, sechzehn kennengelernt. In dem gleichen Alter hatte ich – vielleicht ist das deutsche Wort nicht ganz richtig – einen Schock. Ich war bei ,,Pelléas et Mélisande“ von Debussy in der Opéra comique de Paris. Das Stück war dort seit dreißig Jahren nicht mehr aufgeführt worden und dann hörte ich diese Musik. Es war wunderbar, ich spürte, das ist etwas für mich. Doch erst kürzlich, ich war am Suchen nach Kammermusik mit Geige, habe ich „Médailles antiques“ von Gaubert mit Geige entdeckt. Ich hatte mich immer gewundert, dass es da so wenig Kammermusik-Stücke mit Geigegibt, denn ich liebe Geige. Damit hat es begonnen. Dann habe ich weiter gesucht, denn ich wollte nicht diese ewigen Flötensonaten spielen – wie alle Flötisten. Ich habe geschaut, was es für verschiedene Facetten von Gaubert gibt, um damit zu zeigen, dass dieser Komponist es verdient hat, bekannter zu werden. Ich liebe die Musik von Philippe Gaubert. „Interview mit Nolwenn Bargin
klassik-begeistert.de 5. Februar 2023“
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Exklusivinterview mit Christiane Lutz: „Salome ist eine Oper der Blicke“

Foto: Christiane Lutz, Photonachweis privat

Eine der aufsehenerregendsten Inszenierungen in der aktuellen Spielzeit des Theaters Lübeck ist Richard Strauss’ „Salome“ in der Inszenierung von Christiane Lutz; die Premiere war am 18. November 2022. Unter GMD und Operndirektor Stefan Vladar spielt das Philharmonische Orchester der Hansestadt Lübeck.

Die solistisch und orchestral herausragende Produktion setzt in Regie und Requisiten stark auf Symbole, Andeutungen und Querverweise. So gibt es beispielweise zwei Szenen, in denen sich Herodes die Hände wäscht und darin an Pontius Pilatus erinnert. In der Tat steht dieses symbolische Schuld-Abwaschen jeweils in Zusammenhang mit dem Tod eines Unschuldigen – das erste Mal bei der Entdeckung des Leichnams von Narraboth, der sich aus Verzweiflung und unglücklicher Liebe zu Salome selbst getötet hat, das andere Mal, als er dem Wunsch von Salome nachgibt, Jochanaan das Haupt abzuschlagen.

Zur inhaltlichen Vielschichtigkeit der Lübecker „Salome“ gibt Christiane Lutz im Interview mit Dr. Andreas Ströbl tiefergehende Auskunft. „Exklusivinterview: Christiane Lutz
Lübeck, 6. Dezember 2022“
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Interview Joanna Freszel: „Als Kind habe ich es genossen den Sängern hinter dem Vorhang zuzuhören", Teil 1

Foto: Joanna Freszel © fot. Jacek Poremba

von Jolanta Łada-Zielke

Joanna Freszel, polnische Sopranistin, hat sich auf die Aufführung zeitgenössischer Musik spezialisiert. Sie tritt am 18. und 19. Dezember 2022 auf der großen Bühne der Elbphilharmonie in Hamburg auf. Die Sängerin absolvierte ein Gesangsstudium der Frédérick-Chopin-Musikhochschule (UMFC) in Warschau bei Jadwiga Rappé sowie das Postgraduiertenstudium für Liedgesang. Neben Kompositionen aus dem 20. und 21. Jahrhundert umfasst ihr Repertoire die Werke von Bach, Rameau, Donizetti, Mozart, Puccini und polnischen Komponisten wie Grażyna Bacewicz, Stanisław Moniuszko, Ludomir Różycki und Witold Lutosławski. Für ihr Debütalbum Real Life Song (DUX, 2015) erhielt die Sängerin den Les Orphées d’Or Prix de la SACD von der Académie du Disque Lirique. Sie sang auf den Bühnen des Großen Theaters der Nationaloper in Warschau, des Großen Theaters in Poznan, in Krakau, in der Estnischen Nationaloper und des Teatro Lope de Vega in Sevilla.  Joanna Freszel erwarb auch eine außermusikalische Ausbildung als Master der Umweltschutztechnik an der Universität für Biowissenschaften in Warschau (SGGW). Ab 2019 besitzt sie den Doktor-der-Künste-Titel und unterrichtet an der UMCF und der Musikhochschule in Kattowitz.

Gespräch zwischen der polnischen Sopranistin Joanna Freszel und Jolanta Łada-Zielke 

Im ersten Teil des Interviews sprechen wir über den äußerst interessanten Verlauf ihrer Ausbildung.

klassik-begeistert: Liebe Joanna, welchen Platz hat die Musik in Ihrer umfassenden Ausbildung eingenommen?

Joanna Freszel: Im Alter von sieben Jahren begann ich meine Ausbildung in der Grażyna-Bacewicz-Musikschule in Warschau, in der man die Musikfächer zusammen mit der Allgemeinbildung unterrichtet. Dort lernte ich Akkordeon und später Querflöte – mein Lieblingsinstrument – spielen. Zur gleichen Zeit begann ich im Kinderchor von Teatr Wielki und der Warschauer Nationaloper Alla Polacca unter der Leitung von Sabina Włodarska zu singen. Meine „Liebesaffäre“ mit der Oper dauerte siebzehn Jahre und ging einher mit verschiedenen Bildungsstufen, die nicht unbedingt mit Musik zu tun hatten. „Exklusivinterview mit der polnischen Sopranistin Joanna Freszel – Teil 1
klassik-begeistert.de, 23. November 2022“
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