"Macbeth" in Cottbus: Jaco Venter mit echter Verdi-Wärme und einer Innerlichkeit, die tief berührt

Giuseppe Verdi, Macbeth,  Staatstheater Cottbus

Foto: Martin Müller (c)

Giuseppe Verdi, Macbeth
Staatstheater Cottbus
, 1. Mai 2018

Alexander Merzyn, Dirigent
Martin Schüler, Inszenierung
Gundula Martin, Ausstattung
Christian Möbius, Choreinstudierung
Jaco Venter, Macbeth
Sanja Radiši, Lady Macbeth
Jens Klaus Wilde, Macduff

von Yehya Alazem

Eine Premiere in der Opern- und Theaterwelt ist ja immer spannend. Egal welche Erfahrungen, welche Künstler und welche Leitung man im Haus hat – diese Aufgabe ist nie einfach.

Noch komplizierter ist es am Staatstheater Cottbus, was die Spannung vor der Premiere am 21. April 2018 heraufgeschraubt hat. Die Streitigkeiten zwischen den Sängern/Musikern und dem Generalmusikdirektor Evan Alexis Christ waren vor der Premiere so eskaliert, dass die Premiere hätte ausfallen können.

Doch die Premiere hat stattgefunden, aber ohne den Generalmusikdirektor, der durch den ersten Kapellmeister Alexander Merzyn ersetzt worden ist. Nach dieser unangenehmen Situation hat der für die Inszenierung verantwortlich zeichnende cottbusser Intendant Martin Schüler in der Woche  nach der Premiere seinen Rücktritt zum Ende der Spielzeit angekündigt.

In seiner Inszenierung lässt Martin Schüler den Sängern freie Hand. Viel hängt von den Sängern und ihren darstellerischen Fähigkeiten ab. Leider ist die Inszenierung selbst, vor allem das Bühnenbild, sehr langweilig. Die Personenregie ist überzeugend, aber im Endeffekt fehlt es der Inszenierung deutlich an Spannung, um das äußerst Dunkle in diesem Stück hervorzubringen. Allerdings werden die Wahnvorstellungen von Macbeth im zweiten Akt in einem Film sehr gut veranschaulicht.

Im Orchestergraben zeigt das Philharmonische Orchester des Staatstheaters Cottbus unter Alexander Merzyn Spielfreude voller Intensität, Spannung und Glut. Der Orchestersound ist transparent und wohlgeschliffen, und beim „Preludio“ spürt man dieses Gefühl von enormer Hingabe. Der Chor singt klangschön, mit Präzision und klarer Harmonik und sorgt für viele elektrisierende Momente.

In der Titelrolle brilliert der südafrikanische Bariton Jaco Venter. Seine Stimme hat eine breite Kraft und einen cremigen Klang. Er besitzt eine Tiefe, die auch eine weiche Leichtigkeit hat. Dazu kommt auch eine echte Verdi-Wärme und eine Innerlichkeit, die tief berührt. Dramatisch ist er kompromisslos und hat eine großartige Bühnenpräsenz.

Verdi hat kaum eine komplexere Frauenfigur für die Sopranstimme geschaffen als die der Lady Macbeth. Viele Mezzosopranistinnen haben die Lady gesungen: Fiorenza Cossotto, Christa Ludwig, Shirley Verrett. Aber warum gibt es nur wenige Sopranistinnen, die sich dieser Rolle annehmen? Die Rolle liegt zwar tiefer als andere Verdi-Rollen wie Aida und Leonora, hat aber hohe Passagen und Spitzentöne, die einer Mezzosopranistin sehr, sehr selten gelingen.

An diesem Abend liefert die serbische Mezzosopranistin Sanja Radiši eine schwankende Leistung. Sie hat zwar einen hellen Klang für eine Mezzosopranistin und eine ziemlich breite Tessitur, es fehlt ihr aber die Höhe einer Sopranistin. Es gibt schöne Momente, in denen sie in den weichen Passagen die Wärme ihres Mezzos nutzt und auch herrliche leise Töne liefert. Aber in der Höhe und bei den Koloraturen klingt sie zu angestrengt und sogar nervös. Darstellerisch fehlen ihr die Dominanz und die bösen Kräfte der teuflischen Lady.

In der Rolle des Macduff strahlt der deutsche Tenor Jens Klaus Wilde. Er hat einen hellen Klang mit außergewöhnlichen Nuancen, die seine Stimme wunderschön machen. Er singt die Vorstellung leidenschaftlich und mit vollem Herzen durch. Einer der besten Momente des Abends ist die Arie des Macduff im vierten Akt „O figli, o figli miei!“, die Jens Klaus Wilde wunderschön singt.

Es ist erstaunlich, dass die Solisten, der Chor und die Musiker des Orchesters unter dem eingesprungenen Kapellmeister trotz all dieser Schwierigkeiten so hervorragende Leistungen liefern konnten; so war dies vielleicht die beste Lösung aller vorhergehenden Turbulenzen.

Yehya Alazem, 2. Mai 2018,
für klassik-begeistert.de

Foto: Martin Müller

 

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