„Ein Sommernachtstraum“ im Kraftwerk: Klaus Maria Brandauer und das GrauSchumacher Piano Duo lassen Elfen tanzen  

Klaus Maria Brandauer, GrauSchumacher Piano Duo,  Staatsoperette Dresden

Foto: © Christof Mattes
Staatsoperette Dresden, 30. Mai 2018
Klaus Maria Brandauer, Rezitation
GrauSchumacher Piano Duo:
Andreas Grau, Klavier
Götz Schumacher, Klavier

von Pauline Lehmann

Allein schon architektonisch ist die Staatsoperette ein Erlebnis. Mitten in Dresden eröffnet sich auf dem Gelände des ehemaligen Kraftwerks Mitte ein stilvolles Ambiente. Die alte Maschinenhalle mit roter Klinkerfassade ist zum Theaterfoyer geworden. Hier wachen nun die Musen „Musik“ und „Tanz“, zwei Plastiken, die aus den Trümmern des im Februar 1945 ausgebrannten Albert-Theaters geborgen wurden. Das Industriedenkmal mit den vielen Relikten und unverputzten Wänden stellt einen eindrucksvollen Kontrast zu der feinen Kunstwelt dar.

Die Dresdner Musikfestspiele laden mit Klaus Maria Brandauer und dem GrauSchumacher Piano Duo zu einem klug gewitzten musikalisch-literarischen Abend. Brandauers begnadete Erzählkunst und das famose Klavierspiel der beiden Pianisten Andreas Grau und Götz Schumacher lassen das Publikum in die fantastische Welt des „Sommernachtstraums“ eintauchen. Die Staatsoperette ist bis auf den letzten Platz ausverkauft. Das Publikum begrüßt Brandauer und sein Piano Duo mit tosendem Applaus.

William Shakespeares Komödie „Ein Sommernachtstraum“ inspirierte den jungen Felix Mendelssohn-Bartholdy 1826 zu der gleichnamigen Ouvertüre op. 21. 1843 erweiterte er diese um die mehrsätzige Schauspielmusik op. 61. Die Version für Klavier zu vier Händen stammt von Mendelssohn-Bartholdy selbst. Ein Werk, das die Klangfülle und -schönheit des Klaviers vollends zum Ausdruck bringt.

„Wir sind aus dem gleichen Stoff, aus dem die Träume sind, und unser kurzes Leben ist eingebettet in einen langen Schlaf.“ Brandauer beginnt den Abend mit einem anderen Werk des englischen Genies. Es sind Prosperos berühmte Worte aus „Der Sturm“, die zusammen mit den vier langen Akkorden zu Beginn der Ouvertüre Wunderbares verheißen und zugleich traurig wirken.

Die Ouvertüre erklingt virtuos und lebendig. GrauSchumacher lassen die Elfen über die Tasten tanzen. Ihr Klavierspiel übermittelt aber auch etwas Melancholisches, eine gewisse Schwermut, die schon Brandauers Worten innewohnte. Ein leichtes Raunen geht durch den Saal. Manchen Zuschauern mag die Ouvertüre vielleicht zu lange dauern oder der scheinbar auf seinem Hocker schlafende Brandauer verwirrt.

Brandauer ist schnell wieder bei seinem Pult. Unvermittelt entführt er das Publikum in die Verstrickungen des „Sommernachtstraums“. Charmant lässig erzählt er von der anstehenden Hochzeit am Athener Hof und der Flucht vier junger Liebender in den nahegelegenen Wald. Er berichtet amüsiert von Handwerkern, die zu Ehren des Herzogs ein lustiges Trauerspiel proben und von dem Ehestreit zwischen dem Elfenkönig Oberon und seiner Gattin Titania. Die kecken Einwürfe des Klaviers machen Spaß.

Ohne Abbruch schlüpft Brandauer in unzählige Rollen und erweckt die Figuren zum Leben. Der quirlige Puck stiftet Verwirrungen mit einem Zaubersaft, und die unwissende Titania verehrt den eselköpfigen Zettel. Oberon und Titania werfen sich gegenseitig andere Liebschaften vor, Hermia offenbart ihre Abneigung gegenüber Demetrius. Brandauer gelingt es, die vielschichtige Komödie zu durchdringen. Seine Erzählweise ist schelmisch und witzig, tiefsinnig und ernst. Er ist ein meisterhafter Erzähler.

Brandauer tänzelt über die Bühne, vergräbt seine Hände tief in den Hosentaschen und schnarcht liegend am Bühnenrand. Er bringt das Publikum zum Schmunzeln, ärgert es ein wenig und dirigiert es am Ende nach Hause.

Rezitation und Klavierspiel sind aus einem Guss. Alles hat Sinn, nichts ist überflüssiger Klamauk. Brandauer und das GrauSchumacher Piano Duo tragen die Geschichte gleichermaßen.

Das innige Zusammenspiel von GrauSchumacher beeindruckt. Sie brillieren im Scherzo mit verwobenen Läufen. Das Notturno wirkt romantisch und durchdacht. Die Melodiebögen werden zu großen Wogen. Der frische, freudige Hochzeitsmarsch macht einfach Spaß. Nach dem energetischen Rüpeltanz erklingt noch einmal das Motiv, bevor Brandauer das Publikum mit einer raschen Geste nach Hause schickt.

Brandauers Sommernachtstraum ist nichts für Unbelesene. Auch durch die mitunter undeutliche Aussprache fällt das Textverständnis an manchen Stellen schwer. Beim Pedalwechsel ist ein leichtes Klackern der Schuhsohle zu hören. Zwei kleine Makel, die den Abend nicht weiter trüben.

Pauline Lehmann, 1. Juni 2018, für
klassik-begeistert.de

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