Eine kleines feines Festival lockt an den Wörthersee

23. Ausgabe des WoertherSee Classics Festivals  Großer Saal, Konzerthaus Klagenfurt, 6. Juni 2024

Isabel Stüber Malagamba. Foto: privat

Die 23. Ausgabe des WoertherSee Classics Festivals versammelte wieder zahlreiche Musikbegeisterte im Konzerthaus in Klagenfurt am Wörthersee. Sie wurden mit Musik von Mahler, Dvořák, Brahms, Mozart, Haydn und Beethoven belohnt.

von Dr. Rudi Frühwirth

Das Festival wurde am 6. Juni 2024 mit einem Konzert im Großen Saal des Konzerthauses Klagenfurt eröffnet. Der erste Programmpunkt waren die “Lieder eines fahrenden Gesellen” von Gustav Mahler, dem genius loci des Festivals. Er bewohnte während mehrerer Sommer eine Villa in Maiernigg am Südufer des Sees und ließ sich dort im Jahr 1900 eines seiner drei Komponierhäuschen bauen.

Die todtraurigen Lieder tragen, wie Wilhelm Sinkovicz in seinem kenntnisreichen Einführungsvortrag erläuterte, schmerzliche autobiographische Züge. Sie sind aber auch in hohem Maße Schuberts Liederzyklen „Die schöne Müllerin“ und „Die Winterreise“ verpflichtet.  Die Mezzosopranistin Isabel Stüber Malagamba bannte das Publikum mit einer ausdrucksstarken Interpretation. Sie verfügt über eine reiche tiefe und mittlere Lage, und findet in der hohen Lage zu beeindruckender Leichtigkeit. Die gelegentliche Schärfe der Stimme verlieh besonders im dritten Lied dem glühenden Messer in der Brust schneidende Intensität. Die Capella Mahleriana unter der Leitung von Nicola Giuliani begleitet die Solistin sicher und untermalte die wechselnden Stimmungen des Zyklus ausdrucksvoll.

Nach der Pause folgte Antonín Dvořáks Neunte Symphonie “Aus der Neuen Welt”. Der Dirigent setzte in seiner Interpretation auf recht rasche Tempi, im ganzen dem Drang der Musik angemessen, in manchen Stellen des zweiten Satzes etwas hastig. Auch verlangte er dem Orchester nicht so sehr Wohlklang als vielmehr scharfe Kontraste und überraschende Klangexplosionen ab. Die Holzbläser gefielen mir sehr gut, ebenso die Hörner. Die Einsätze von Trompeten, Posaunen und Tuba hätten etwas exakter ausfallen können. Die Capella Mahleriana mag kein Spitzenorchester sein; an diesem Abend bot sie eine sehr respektable Leistung.

Die Capella Mahleriana mit dem Dirigenten Nicola Giuliani. WoertherSee Classics Festival, Fotograf: Vogus

Der zweite Abend am 7. Juni, ebenfalls im Großen Saal des Konzerthauses Klagenfurt, begann mit dem Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll, op. 37 von Ludwig van Beethoven.  Der Pianist war Alexei Kornienko, ehemals Professor in Klagenfurt und Mitbegründer des Festivals. Da er auch vom Klavier aus dirigierte, war die Capella Mahleriana zu höchster Konzentration gefordert und folgte der Leitung des Pianisten mit spürbarer Begeisterung. Kornienkos Spiel steht immer im Dienst des Ausdrucks und verliert sich nie in oberflächlicher Virtuosität. Der energische erste Satz gab davon beredtes Zeugnis. Der zweite Satz in E-Dur ist sowohl in seiner von c-Moll weit entfernten Tonart als auch in seiner träumerischen Stimmung ein vollendetes Gegenstück zum ersten. Der Dialog des Klaviers mit dem Orchester war ein ungetrübtes Vergnügen. Die lebhafte, spielerische Natur des dritten Satzes wussten Pianist und Orchester mitreißend zu gestalten.

Alexei Korneinko mit der Capella Mahleriana. WoertherSee Classics Festival, Fotograf: Vogus

Die vom Publikum stürmisch verlangte Zugabe war das Impromptu in Ges-Dur aus Franz Schuberts op. 90. Kornienkos Interpretation auf dem Bösendorfer-Flügel war unübertrefflich: ausdrucksstark ohne Hauch von Sentimentalität, mit sparsamem Pedaleinsatz und glasklarer Artikulation.

Nach der Pause erklang die Symphonie Nr. 40 in g-Moll, KV 550 von Wolfgang Amadeus Mozart. Kornienkos Einstudierung folgte getreu der Partitur und ließ alle Wiederholungen erklingen. Erst dadurch erhält das Werk das ihm gebührende Gewicht, und die Zuhörer dürfen die vielen Schönheiten des Werks wie den thematischen Einfallsreichtum, die exquisite Instrumentation und die kontrapunktischen Feinheiten zweimal genießen und bewundern. Das Orchester folgte seinem Dirigenten mit Hingabe und ließ sich von ihm durch eine rundum gelungene Wiedergabe leiten. Das Publikum zollte begeisterten Beifall.

Der dritte Abend am 8. Juni 2024 war ebenfalls der Wiener Klassik gewidmet. Im Mittleren Saal des Konzerthauses Klagenfurt spielten die besten Kräfte der Capella Mahleriana in kleiner Besetzung, unter der Leitung von György Gulyás-Nagy. Der Abend begann mit dem Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 in C-Dur von Joseph Haydn. Die Solistin war Elena Denisova, Intendantin des Festivals und eine Geigerin ersten Ranges. Ganz besonders gefiel mir der zweite Satz, eine langgezogene himmlische Melodie auf der Solovioline, makellos interpretiert von Elena Denisova, zart begleitet vom Pizzicato der Streicher des Ensembles.

Anschließend hörten wir das Konzert für Violine und Violoncello Nr. 1 in C-Dur von Joseph Haydn. Der fabelhafte, etwas exzentrische Denis Shapovalov war der Solist des Konzerts. Seine Virtuosität und Ausdruckskraft auf dem Instrument sind bewundernswert. Die Kadenz im ersten Satz stammte offensichtlich von ihm, brillant gespielt, stilistisch allerdings ein Fremdkörper. Der Dirigent und das Orchester sorgten für einfühlsame Begleitung. Die heftig geforderte Zugabe war eine Komposition des Cellisten, in der er alle Register seines Könnens zeigte.

Der Abend schloss mit der Sinfonia Concertante in Es-Dur, KV 364 von Wolfgang Amadeus Mozart, in der von Denis Shapovalov erarbeiteten Fassung für Violine, Violoncello und Orchester. Elena Denisova spielte die Violine und war dem Cellisten eine mehr als ebenbürtige Kontrahentin und Partnerin. Das wunderbare Werk und die hinreißende Darbietung begeisterten das Publikum so sehr, dass der letzte Satz wiederholt werden musste. Ein Finale, wie ich es mir schöner nicht hätte wünschen können!

Das Abschlusskonzert des Festivals mit dem ersten Streichquartett von Brahms und dem Klarinettenquintett von Mozart konnte ich zu meinem großen Bedauern nicht besuchen.

Elena Denisova und Denis Shapovalov. WoertherSee Classics Festival, Fotograf: Vogus

Dr. Rudi Frühwirth, 10. Juni 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

 Ausführende

6. Juni 2024

Capella Mahleriana
Isabel Stüber Malagamba, Mezzosopran
Nicola Giuliano, Dirigent

7. Juni 2024:

Capella Mahleriana
Alexei Kornienko, Pianist und Dirigent

8. Juni 2024:

Capella Mahleriana
Elena Denisova, Violine

Denis Shapovalov, Violoncello
György Gulyás-Nagy, Dirigent

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