CD-Besprechung:
Die gediegenen Editionen des Labels Palazzetto Bru Zane genießen bereits Kultstatus.
Jules Massenet Grisélidis
Orchestre national Montpellier Occitanie
Jean-Marie Zeitouni
Palazzetto Bru Zane BZ 1058
von Peter Sommeregger
Die Fondation Palazzetto Bru Zane – Centre de musique romantique française wurde von der schwer reichen Französin Nicole Bru mit dem erklärten Zweck gegründet, Werke der französischen Oper aus der Epoche der Romantik der Vergessenheit zu entreißen, sie in konzertanten Aufführungen zu präsentieren, die dann auch auf Tonträgern veröffentlicht werden.
Das jüngste Projekt ist die 1901 an der Pariser Opéra Comique uraufgeführte Oper „Grisélidis“ von Jules Massenet, die zu seinen weniger bekannten Bühnenwerken zählt. Der Stoff geht auf eine alte französische Sage zurück, die Anklänge an die Geschichte der Genoveva enthält. Das von Armand Silvestre und Eugène Morand geschaffene Libretto wird auch den komödiantischen Aspekten der Handlung durchaus gerecht, schließlich geht es ja um eine Überlistung des Teufels.
Jules Massenets pointierte und originell instrumentierte Musik erzeugt atmosphärische Dichte und ist reich an musikalischen Einfällen. In der Titelrolle kann Vannina Santoni mit lyrischer Grazie überzeugen, ihr klarer Sopran dominiert das Geschehen auf charmante Weise. Bariton Thomas Dolié als ihr Ehemann, der Marquis, überzeugt mit sonorem Bariton.
Am interessantesten ist die Rolle des Teufels, die der griechische Bariton Tassis Christoyannis mit Witz und sehr differenzierter Diktion zu einem Kabinettstück gestaltet. Seine Frau Fiamina singt Antoinette Dennefeld ansprechend, ihr Sopran unterscheidet sich aber kaum von jenem Santonis. In der kleinen Rolle des Hirten Alain ist Julien Dran mit sauberem, lyrischen Tenor zu hören, auch die kleinsten Rollen sind stimmig besetzt.
Jean-Marie Zeitouni leitet Chor und Orchester der Oper Montpellier mit Stilgefühl und Temperament, die der Musik Massenets gerecht werden. Das Werk, das heute kaum mehr aufgeführt wird, hat durchaus Charme und Esprit.
Elegant und gediegen sind die beiden CDs in ein Buch integriert, das neben zahlreichen Abbildungen, dem Libretto in Französisch und Englisch auch Beiträge über die Entstehung und die Uraufführung enthält. Die Edition ist auf 3500 Exemplare limitiert, jedes Exemplar trägt seine individuelle Nummer. In dieser aufwändigen Form haben sich die Publikationen des Labels erfolgreich etabliert. Man darf auf die nächsten Projekte gespannt sein!
Peter Sommeregger, 8. Februar 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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