Mozarts Idomeneo ist auch konzertant ein großes Erlebnis

Wolfgang Amadeus Mozart, Idomeneo  Béla-Bartók-Saal des Müpa Budapest, 26. April 2025

Blick auf die Bühne des Béla-Bartók-Saals im Müpa Budapest. Foto: privat

Da ich die Oper seit vielen Jahre in Wien nicht gehört hatte, ergriff ich die Gelegenheit, sie in Budapest im Konzertsaal zu erleben. Und ich habe es nicht bereut: es war eine rundum gelungene Auführung, ohne große Stars, aber mit ausgezeichneten Sängerinnen und Sängern. Der Dirigent spornte sie wie auch den Chor und das Orchester zu einer hörenswerten Interpretation an.

IDOMENEO
Wolfgang Amadeus Mozart
Libretto von Giambattista Varesco

Chor: Purcell Kórus
Orchester: Szent István Filharmonikusok
Dirigent: György Vashegyi

Béla-Bartók-Saal des Müpa Budapest, 26. April 2025

von Dr. Rudi Frühwirth

Ich finde die Idee, Mozarts Idomeneo konzertant aufzuführen, gar nicht verkehrt.

Das Wesentliche der Vertonung ist ja nicht so sehr die äußere Handlung, als vielmehr ihre Spiegelung in den Personen, fühlbar gemacht durch die großartige Musik. Auf der Opernbühne könnte die Regisseurin oder der Regisseur in Versuchung geraten, den scheinbaren Stillstand während der langen Rezitative und der Arien mit allerlei Mätzchen zu überbrücken. Das soll ja gelegentlich schon vorgekommen sein.

Im Müpa konnte ich mich unbehelligt von Regieeinfällen einfach auf die Musik konzentrieren, in der Mozart es auf geheimnisvolle Weise versteht, uns die wechselnden Emotionen der Protagonisten unmittelbar verständlich zu machen, ja sie mitzuerleben. Er war ganze 25 Jahre alt, als Idomeneo in München uraugeführt wurde; und seine fast unbegreifliche Fähigkeit, sich in verschiedenste menschliche Charaktere einzufühlen, sollte dann in den drei Da-Ponte-Opern ihren absoluten Höhepunkt finden.

Natürlich müssen zu einer gelungenen Interpretation ­­­­­­auch die richtigen Personen bereitstehen, und an ihnen fehlte es im Müpa nicht. Allen voran möchte ich Bernadett Nagy als Idamante nennen. Ihre warmtönende Mezzosopranstimme, die direkt ans Herz des Zuhörers greift,  ist wie geschaffen für die Rolle. Idamantes Liebe zu Ilia, seine Trauer über den verloren geglaubten Vater, seine Enttäuschung über die Zurückweisung, das Glück der Erfüllung, all das machte Bernadett Nagy mit einfachsten Mitteln, nur durch die Ausdruckskraft ihrer Stimme lebendig und wahr.

Ihr zur Seite stand Ella Smith als Ilia. Sie stellte das verängstigte Mädchen, Kriegsbeute der siegreichen Griechen, höchst überzeugend dar. Ihre helle, zarte Sopranstimme war die ideale Ergänzung zu Bernadett Nagys Idamante. Das Duett der beiden im dritten Akt war denn auch wunderschön anzuhören. Manchmal fragte ich mich allerdings, ob ihre Stimme nicht zu zart war für den riesigen Saal.

Bernadett Nagy, Ella Smith, Katalin Szutrély, István Bocskai. Foto: privat

Bei der Elettra von Katalin Szutrély brauchte ich diese Sorge nicht zu haben. Ihr dramatischer, Brünnhilden-erprobter Sopran war der perfekte Kontrast zu Ella Smith. Wut und Verzweiflung der verschmähten Frau machte sie in der letzten, wahrlich nicht leicht zu singenden Arie nachdrücklich hörbar, wenngleich sie das zweimalige hohe C nur streifte. Das tat der geglückten  Rollengestaltung aber keinen wesentlichen Abbruch.

Die Tenorstimme von Zoltán Megyesi zeichnet sich durch lyrisches Timbre aus, ist aber dramatischer Ausbrüche sehr fähig. In der Rolle des Idomeneo kam ihm das zugute; er gefiel mir durch sichere Intonation und starken Ausdruck.

Die kleineren Rollen waren mit Jozsef Gál  als Arbace, István Bocskai als Gran Sacerdote und Krisztián Cser als La Voce tadellos besetzt. Czers Bass klang mächtig vom Orgelbalkon und demonstrierte damit die ausgezeichnete Akustik des Béla-Bartók-Saals.

Jozsef Gál, Zoltán Megyesi, Bernadett Nagy, Ella Smith, György Vashegyi. Foto: privat

Mozart hat für den Idomeneo einige seiner schönsten Chorpassagen geschrieben. Der Purcell Kórus interpretierte sie exakt, klangschön und ausdrucksvoll. Die Musikerinnen und Musiker der Szent István Filharmonikusok unter der Leitung von György Vashegyi boten eine solide Leistung. Streicher und Holzbläser waren tadellos, die Trompeten ebenso; Posaunen und Hörner untermalten schaurig die Verkündigung von La Voce.  Gelegentliche Ansatzschwierigkeiten bei den Hörnern trübten den Gesamteindruck kaum.  Die zahlreichen Stimmungsschwankungen und emotionalen Ausbrüche der Protagonisten gestaltete der Dirigent mit großem Einsatz und beachtlichem Erfolg. Alles in allem: ein stimmiger Abend, der die hinreißende Partitur Mozarts zu der ihr gebührenden Geltung brachte. Das Publikum dankte mit herzlichem und mit dem in Budapest offenbar unvermeidlichen rhythmischen Applaus.

Dr. Rudi Frühwirth, 29. April 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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