Foto: C.Stadler/Bwag
Antonio Caldara (1670-1736)
“La Concordia de’ Planeti” (1723)
Soli:
Venere: Emma Urriani, Mezzosopran
Diana: Megumi Sakai, Sopran
Giove: Anna-Maria Fischer, Mezzosopran
Apollo: Arielle Yuhyun Jeon, Sopran
Marte: Tanja Glinsner, Mezzosopran
Mercurio: Martin Lechleitner, Tenor
Saturno: Maximilian Schnabel, Bariton
Chor: Studierende der mdw
mdw Barockorchester
Leitung und Cembalo: Johannes Weiss
Festsaal der Österreichischen Akademie der Wissenschaften,
Wien, 10. November 2023
von Dr. Rudi Frühwirth
In der vergangenen Woche hat in Wien ein Symposium über den italienischen Komponisten Antonio Caldara stattgefunden, organisiert von zwei Instituten der mdw, der Wiener Universität für Musik und Darstellende Kunst. Kooperationspartner waren die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und die Österreichische Nationalbank. Für das Festkonzert, das im Rahmen des Symposiums gegeben wurde, wurde der Festsaal im Hauptgebäude der ÖAW gewählt, das 1753/55 im französischen Barockstil als Aula der alten Universität erbaut wurde.
Antonio Caldara wurde wie Antonio Vivaldi in Venedig geboren und starb wie dieser in Wien. Während jedoch der heute ungleich bekanntere Vivaldi in Wien nie Fuß fassen konnte, wurde Caldara 1716 zum Vize-Hofkapellmeister am kaiserlichen Hof in Wien bestellt. Er war ein unglaublich produktiver Komponist; sein Oeuvre umfasst mehr als 100 Opern und Oratorien nebst hunderten Messen, Kantaten und Serenatas.
Am 5. September des Jahres 1723 wurde Karl VI., seit 1711 römisch-deutscher Kaiser, in Prag zum König von Böhmen gekrönt. Während der Rückreise nach Wien wurde in Znaim Station gemacht, um den Namenstag der Kaiserin Elisabeth Christine am 19. November zu feiern. Aus diesem Anlass schuf Caldara ein “Componimento Teatrale”, “La Concordia de’ Pianeti” oder “Die Eintracht der Planeten”, mit einem Libretto des Hofdichters Pietro Pariati. Das Werk wurde am 17. November 1723 zum ersten Mal aufgeführt, fast auf den Tag genau 300 Jahre vor dem hier besprochenen Festkonzert. Als Huldigungsmusik ist es der Form der Serenata zuzuordnen.
Der Inhalt des Librettos mutet heute etwas kurios an. Die Planeten des Titels sind die noch heute als solche bezeichneten Himmelskörper Mercurio/Merkur, Venere/Venus, Marte/Mars, Giove/Jupiter und Saturno/Saturno. Da damals die Sonne und der Mond ebenfalls als Planeten betrachtet wurden, treten noch der Sonnengott Apollo und die Mondgöttin Diana hinzu, was die Siebenzahl voll macht.
Das Werk ist streng symmetrisch aufgebaut. Im ersten Teil streiten die Göttinnen und Götter, ob einer Sterblichen himmlische Ehren zuteil werden können. Giove entscheidet schließlich, dass Güte und Tugend einer Frau sehr wohl auch im Himmel gefeiert werden können, und nennt zum Schluss ihren Namen: Elisa. Im zweiten Teil bringen die Götter ihre Glückwünsche dar, die Einigkeit der Götter/Planeten ist in der gemeinsamen Huldigung der Kaiserin wiederhergestellt.
Die Symmetrie zeigt sich auch in den Details des Aufbaus. Rezitative und Arien wechseln einander regelmäßig ab. Der erste Teil beginnt mit einer glanzvollen Einleitung, mit nicht weniger als vier Trompeten, danach ein festlicher Chor. Die geraden Nummern von vier bis sechzehn sind Arien der sieben Solistinnen und Solisten, die abschließende Nummer achtzehn ist wieder ein Chor. Der zweite Teil enthält wieder abwechselnd sieben Rezitative und Arien. Nach dem abschließenden Chor folgt die Licenza, die Huldigung der Kaiserin: Venere legt Elisa demütig die Concordia de’ Planeti zu Füßen. Das Werk endet wieder mit Chor, Pauken und Trompeten.
Die Musik, die Caldara dazu komponiert hat, ist sehr ansprechend und abwechslungsreich. Kontrapunktische Elemente wie bei seinem etwas jüngeren Zeitgenossen Bach kann man kaum erwarten, abgesehen von gelegentlichen imitativen Passagen, in denen eine Hälfte des Orchesters die andere nachahmt. Die Arien sind, wie zur Zeit Caldaras üblich, durchgehend im da-capo-Schema aufgebaut und verlangen von den Solistinnen und Solisten nicht wenig an Virtuosität. Der Orchestersatz ist reichhaltig und stellenweise recht ungewöhnlich. Die zweite Arie der Venere wird von nur von den vier Celli und einer Gitarre begleitet, die zweite Arie des Saturno nur vom Solofagott, die zweite Arie des Marte verlangt obligate Trompete.
Die Ausführenden waren fast durchgehend Studierende der mdw, die meisten aus dem Institut für Alte Musik. Das Orchester spielte auf Instrumenten der Epoche oder Nachbauten. Der Dirigent Johannes Weiss lehrt am Institut. Seine inspirierte Leitung spornte alle Teilnehmer zu beachtlichen Leistungen an. Die Solistinnen und Solisten waren den an sie gestellten Aufgaben bestens gewachsen. In den schwierigen Koloraturpassagen gab es mitunter kleine Unstimmigkeiten zwischen Orchester und Gesang; dies konnte aber den mitreißenden Gesamteindruck nicht trüben. Die Musik vereinte sich mit dem wunderschönen Saal zu einem beeindruckenden barocken Gesamtkunstwerk, dem das Publikum ausgiebigen Beifall zollte.
Die erfolgreiche Aufführung der “La Concordia de’ Planeti” brachte mich zur Überzeugung, dass im reichhaltigen Oeuvre von Antonio Caldara noch so manche Kostbarkeiten aufzufinden wären. Diese könnten dann hoffentlich auch den Weg in unsere Konzertsäle finden und insbesondere das italienische Repertoire um etliche Werke bereichern.
Dr. Rudi Frühwirth, 15. November 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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