Foto: Das LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA unter der Leitung von Herbert Blomstedt spielt Beethoven, Luzern, den 15.08.2020, © LUCERNE FESTIVAL / Priska Ketterer
„Blomstedts Kunst ist einer jener raren Fälle, wo sich ein reicher Schatz an Erfahrung mit einem schier unerschöpflichen jugendlichen Feuer verbindet. Diese Legierung schlägt Funken der schönsten Art.“
Lucerne Festival, Kultur-und Kongresszentrum
15. August 2020, Arte-Livestream zeitversetzt
Lucerne Festival Orchestra
Herbert Blomstedt Dirigent
Ludwig van Beethoven, 3. Symphonie Es-Dur „Eroica“
von Peter Sommeregger
Für diese Aufführung von Beethovens 3. Symphonie „Eroica“ ist das Lucerne Festival Orchestra auf eine Stärke von 35 Musikern reduziert. Dass dies in etwa den Gepflogenheiten der Zeit der Uraufführung 1804 entspricht, ist durchaus reizvoll, schnell bemerkt man, dass der heute oft unnötig aufgeblähte Klangkörper verschlankt vielleicht sogar besser klingt.
Herbert Blomstedt, der privat in Luzern lebt und dort auch schon mit anderen Orchestern konzertiert hat, feiert bei diesem reduzierten Festival tatsächlich sein Debüt mit dieser Orchesterformation. Die Harmonie, die zwischen dem inzwischen 93-jährigen Dirigenten und dem im Altersdurchnitt relativ jungen Orchester fast greifbar ist, kommt nicht von ungefähr. Blomstedts Kunst ist einer jener raren Fälle, wo sich ein reicher Schatz an Erfahrung mit einem schier unerschöpflichen jugendlichen Feuer verbindet. Diese Legierung schlägt Funken der schönsten Art.
Es ist ein Vergnügen, den jugendlichen Greis musikalische Details in Körpersprache übersetzen zu sehen, auch kleine mimische Einlagen, wie ein verschmitztes Lächeln, ein überdeutliches Stirnrunzeln und andere mehr kann man bei ihm beobachten. Seit Jahren schon ohne Taktstock dirigierend setzt er den Fluss der Musik in Bewegungen seiner ausdrucksvollen Hände um. Man denkt, man könnte auch ohne Ton erraten, welches Stück er gerade dirigiert.
Interessant ist der Vergleich dieser Aufführung mit Blomstedts Platteneinspielung mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden aus den späten 70er Jahren. Heute dirigiert Blomstedt das Werk etwas straffer in den Tempi. Man empfindet seine aktuelle Interpretation speziell im ersten Satz als eleganter, fließender.
Der Trauermarsch des zweiten Satzes wird mehrfach variiert, ehe er am Ende erstirbt, erlöscht. Das folgende Scherzo ist in seiner Struktur eher konventionell angelegt, die Hörner erwecken so etwas wie Jagd-Assoziationen. Der letzte Satz bringt schließlich die Schluss-Apotheose, die auch Material aus dem Prometheus-Ballett verwendet, das Hauptmotiv ist eingängig volksliedhaft und vermittelt ein positives Lebensgefühl, das finale Presto mündet in eine ganze Reihe von Schlussakkorden, die auf ein triumphales Ende zusteuern.
Großer Jubel des Publikums und deutliche Sympathiebekundungen zwischen den Orchestermitgliedern und Blomstedt. Ein Konzert, das in Erinnerung bleiben wird.
Peter Sommeregger, 16. August 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Martha Argerich, Herbert Blomstedt Lucerne Festival, 14. August 2020