Gustav Mahler, Symphonie Nr.7
Kirill Petrenko
Bayerisches Staatsorchester
BSORE C0001
von Peter Sommeregger
Für das neu begründete Label, unter dem die Bayerische Staatsoper künftig Aufnahmen aus dem eigenen Haus vermarkten will, wählte man zum Einstand erstaunlicherweise Symphonisches: eine umjubelte Aufführung von Gustav Mahlers 7. Symphonie im Mai 2018 in München erscheint als erste CD der neuen „Marke“. Hört man die wunderbar ausmusizierte Aufführung, wird die Wahl nachvollziehbar.
Die siebte Symphonie ist ein wenig das „Schmerzenskind“ unter Mahlers Kompositionen. Ungewöhnlich lange brauchte der Komponist, um das Werk fertigzustellen, geriet darüber sogar in eine zeitweilige Schaffenskrise.
Unter Mahlers Symphonien wird sie in der Aufführungspraxis erstaunlicherweise eher stiefmütterlich behandelt. Das verwundert, ist sie doch in ihren Dimensionen und in ihrer Struktur übersichtlicher als die meisten anderen späten Symphonien Mahlers.
Kirill Petrenko, der sich den Mahler’schen Kosmos allmählich zueigen macht, kann mit dieser Aufführung nicht zuletzt das große Maß an Übereinstimmung und Harmonie demonstrieren, das er in seinen Jahren als GMD des Bayerischen Staatsorchesters erarbeitet hat.
Der erste Satz ist von häufigem Tempo- und Rhythmuswechsel geprägt, Marschmotive sind wie so oft bei Mahler erkennbar, insgesamt bleibt der Duktus des Kopfsatzes eher düster, verhalten.
Es schließt die erste von zwei so genannten Nachtmusiken an, die — unterbrochen vom Scherzo des dritten Satzes — die Binnensätze der Symphonie bilden. Beginnend mit einem Dialog von zwei Hörnern erklingen später Imitationen von Vogelstimmen. Wieder taucht ein Marschmotiv auf, Mahlers fast zwanghafte Beschäftigung damit rührt wohl von den Eindrücken seiner Kindheit in einer Garnisonstadt.
Das Scherzo entwickelt eine eher unheimliche, mystische Atmosphäre, dieser deutlich kürzeste Satz der Symphonie bleibt rätselhaft geheimnisvoll. Die zweite Nachtmusik ist völlig unterschiedlich von der ersten, beinahe kammermusikalisch mit reduziertem Orchester gestaltet. Gitarre, Harfe, Mandoline werden eingesetzt und erzeugen ein serenadenhaftes Klangbild. Friedliche Klänge der Holzbläser beenden den Satz.
Der Finalsatz wird feierlich gestaltet, ein sich ständig steigender Jubelton, der bis zur Schlussstretta immer weitere Steigerungen erfährt, beendet die Symphonie.
Petrenko verlangt „seinem“ Orchester einiges ab, aber das Ergebnis spricht für sich. Obwohl eher ein Opernorchester, beweist das Bayerische Staatsorchester hier, dass es sich vor anderen Symphonieorchestern nicht verstecken muss!
Die Entscheidung der Bayerischen Staatsoper, ein eigenes Label zu gründen, ist nachvollziehbar und klug. Der kränkelnde Markt der Tonträger kann am ehesten durch Eigenlabels, die aus den Archiven ihres Hauses schöpfen können, wieder neue Impulse empfangen.
Peter Sommeregger, 25. Mai 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at