Besprechung: CD/Blu-ray
Die banale Hässlichkeit der Szene und der Kostüme lasten schwer auf der Produktion, die mit ihrer unstimmigen Idee wie in einem faradayschen Käfig gefangen scheint. Als schließlich Hoffmann Peter Schlemil mit einer Oscar-Statuette erschlägt, ist der Tiefpunkt des Regiekonzeptes erreicht. Die langatmige Schluss-Szene lässt nur noch einen Wunsch offen: Vorhang!
Jacques Offenbach
Les Contes d’Hoffmann
Wiener Philharmoniker
Marc Minkowski Dirigent
Mariame Clément Regie
Unitel 81904
von Peter Sommeregger
Jacques Offenbachs erst posthum uraufgeführte Oper Les Contes d’Hoffmann, im deutschsprachigen Raum als Hoffmanns Erzählungen bekannt, ist heute das meistgespielte Werk des Komponisten, wobei man der Oper in sehr unterschiedlichen Gestalten begegnen kann. Es existieren unzählige Fassungen, die Musikwissenschaft streitet bis heute über das vom Komponisten unvollendet hinterlassene Werk.
Für eine Neuproduktion für die Salzburger Festspiele 2024 erstellte der Dirigent Marc Minkowski eine eigene Fassung, die auch so noch nie Gehörtes enthält. Mit der Inszenierung betraute man die Französin Mariame Clément, die sich ein komplett weibliches Team zusammenstellte. Julia Hansen zeichnet für die Bühnenbilder und Kostüme verantwortlich, Paule Constable für das Licht-Design.
Cléments Idee, die Handlung auf einem Filmset mit Hoffmann als Regisseur spielen zu lassen, mag originell sein, es gelingt der Regisseurin aber nicht, für die Grundidee auch ein Konzept auszuformen.
Am stärksten ist davon Benjamin Bernheim in der Titelrolle betroffen. Mal ist er der Regisseur, dann wieder Darsteller, was nicht ohne Einfluss auf seine Gesamtleistung bleibt. Die unterschiedlichen Ebenen der Handlung verhaken sich über den langen Abend. Clément will einfach zu viel, wuselige Abläufe bei der Filmcrew, überdrehte Einlagen von Nebendarstellern führen dazu, dass man als Zuschauer den Überblick verliert. Die banale Hässlichkeit der Szene und der Kostüme lasten schwer auf der Produktion, die mit ihrer unstimmigen Idee wie in einem faradayschen Käfig gefangen scheint. Als schließlich Hoffmann Peter Schlemil mit einer Oscar-Statuette erschlägt, ist der Tiefpunkt des Regiekonzeptes erreicht. Die langatmige Schluss-Szene lässt nur noch einen Wunsch offen: Vorhang!
Musikalisch kommt man schon sehr viel mehr auf seine Kosten. Marc Minkowski, der sich eine eigene Fassung der Partitur gebastelt hat, leitet die Wiener Philharmoniker umsichtig, ein wenig mehr Dynamik wäre aber wünschenswert gewesen.
Die Vereinigung Wiener Staatsopernchor ist wie immer eine sichere Bank. Alle Nebenrollen sind gut bis sehr gut besetzt, werden aber von der Regie zu allerhand verzichtbaren Mätzchen genötigt.
Benjamin Bernheims eher lyrischer Tenor beweist sich durchaus auch in den dramatischen Passagen , wird allerdings von der Regie im Stich gelassen, die kein Konzept für seine Figur findet.
Sein Gegenspieler in sämtlichen Bösewichter-Rollen ist Christian Van Horn mit sonorem Bassbariton, aber wenig dämonischer Ausstrahlung.
Ein Glücksfall ist Kate Lindsey als Nicklausse mit ihrem warmen, agilen Mezzosopran. Kathryn Lewek bringt für alle vier Frauenrollen einen metallischen Sopran mit Schwindel erregenden Spitzentönen mit, der speziell ihre Olympia zu einem vokalen Kabinettstück macht. Als Figur bleibt sie eher blass, ein Manko, das sie mit den Trägern der anderen Hauptrollen teilt.
Das Fehlen von die Bühne dominierenden Persönlichkeiten ist neben der sich in Banalitäten erschöpfenden Regie der Grund für die Enttäuschung, die sich am Ende breit macht.
Peter Sommeregger, 14. Juli 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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