CD-Rezension:
Rhorers Einspielung wird unter den bereits vorhandenen sicher einen vorderen Platz einnehmen.
Beethoven
Missa Solemnis
Audi Jugendchorakademie
Le Cercle de l’Harmonie
Jérémie Rhorer
Alpha 1111
von Peter Sommeregger
Beethovens Missa Solemnis ist eines jener Ausnahmewerke, deren Realisierung höchste Anforderungen an alle Beteiligten stellt, was die Zahl der Aufführungen sehr in Grenzen hält.
Der charismatische Dirigent Jérémie Rhorer hat nun den Mitschnitt einer Live-Aufführung des Werkes in der Philharmonie de Paris vom April 2024 vorgelegt, der man höchsten Qualitätsanspruch zugestehen muss.
Rhorer, der nicht nur Dirigent, sondern auch Cembalist und Organist ist und auch eigene Kompositionen veröffentlicht hat, nähert sich dem Werk mit einem klaren Interpretationsansatz. Er kann sich dabei auf das von ihm 2009 begründete Ensemble Le Cercle de l’Harmonie und den seit 2007 erfolgreichen Jugendchor der Audi Jugendchorakademie stützen, mit Letzterem verbindet ihn ebenfalls eine langjährige Zusammenarbeit.
Rhorer gibt den lyrischen Elementen der Messe breiten Raum, nimmt ein wenig die Wucht und auch die Sprödigkeit einzelner Passagen zurück, ordnet sie seinem sanfteren Ansatz unter. Es gelingt ihm eine Interpretation sehr persönlichen Zuschnittes.
Was Beethoven den vier Solisten in der Missa abverlangt, ist nur von erstklassigen Sängern umsetzbar. Die Problematik bei Beethovens Vokalmusik ist, dass er die menschliche Stimme wie ein Instrument behandelt und ihre Möglichkeiten dabei manchmal überschätzt hat.
Rhorer hat die Solisten für Konzert und Aufnahme sorgfältig gewählt. Der Sopranistin Chen Reiss gelingen wunderbare Aufschwünge in schwindelnde Höhen, sie findet in Varduhi Abrahamyan einen geerdeten und souverän starken Gegenpart.
Daniel Behles bewährter Tenor überzeugt auf der ganzen Linie, ebenso wie Tareq Nazmi, dessen sonorer Bass das Quartett komplettiert. Ein wenig schade, dass die hervorragenden Solisten akustisch zu sehr vom Chor zugedeckt werden. Das hat sicher mit der Akustik des Saales zu tun, möglicherweise hat man ihnen auch keine eigenen Mikrofone gestellt. Dadurch verliert ihre großartige Leistung doch etwas an Gewicht. Solisten und Chor hinterlassen aber einen frischen, fast jugendlichen Eindruck, der diesem tief ernsten Werk eine ganz eigene Prägung gibt.
Auf den positiven Gesamteindruck schlägt sich diese Tatsache wesentlich nieder. Die Exzellenz des Chores, die souveräne Leistung des Orchesters bereiten einen großen Hörgenuss.
Rhorers Einspielung wird unter den bereits vorhandenen sicher einen vorderen Platz einnehmen.
Peter Sommeregger, 11. Januar 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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