CD-Rezension:
Legendary Singers
Martina Arroyo
Peter Anders
Marilyn Horne Dietrich Fischer-Dieskau
Nicolai Gedda
SWR Music
SWR19436 CD
von Peter Sommeregger
Die Schallarchive sämtlicher Deutscher Rundfunkanstalten sind voll von akustischen Schätzen, die zu heben leider viel zu selten in Angriff genommen wird.
Vergleichsweise verantwortungsvoll ging und geht der SWR mit seinen Schätzen um. Bereits seit mehreren Jahren veröffentlicht der Sender in Zusammenarbeit mit dem engagierten Label Hänssler Aufnahmen, die teils in den Studios, teils bei den Schwetzinger Festspielen entstanden sind.
Ein wenig willkürlich wirkt die Zusammenstellung der soeben erschienenen Box „Legendary Singers“. Der Bogen spannt sich vom populären Tenor Peter Anders, der bereits 1954 an den Folgen eines Autounfalles starb, über den polyglotten Fachkollegen Nicolai Gedda, den später omnipräsenten Dietrich Fischer-Dieskau in eher ungewohntem Repertoire, bis zu den amerikanischen Sängerinnen Martina Arroyo und Marilyn Horne, diese jeweils in Mitschnitten von Liederabenden der Schwetzinger Festspiele.
Mit gleich zwei CDs ist Peter Anders vertreten, welche die Breite des von ihm gesungenen Repertoires abdecken. Zum Zeitpunkt seines frühen Todes war der Sänger auf dem Weg zu einem eher heldischen Stimmfach, ob das seiner Stimme gut getan hätte, darf bezweifelt werden. Er ist mit Duetten zu hören, in denen die wunderbare Sena Jurinac seine Partnerin ist, aber auch der Liedersänger kommt zu seinem Recht und eine Reihe von Liedern Schuberts, Schumanns und Tschaikowskis runden das Porträt dieses Stars der 1950er Jahre ab.
Fast bruchlos schloss sich damals die Karriere Nicolai Geddas an jene von Anders an. Auch ihm stand sowohl die Opernbühne, als auch das Konzertpodium weit offen, seine Karriere dauerte über Jahrzehnte an und ist hier mit Arien von Adam, Gluck, Mozart, Glinka und Liedern von Schubert, Debussy, Respighi u.a. repräsentativ dokumentiert. Geddas Mehrsprachigkeit machte ihn zu einem internationalen Star, der sich Kraft und Schönheit des Vortrages bis ins hohe Alter bewahrte.
Dietrich Fischer-Dieskau begegnen wir hier in einem ungewöhnlichen Repertoire. In den Aufnahmen aus den frühen 1950er Jahren widmet er sich geistlichen Werken von Stölzel, Tunder, Buxtehude, Bruhns und Kriegers. Auffällig die Frische und Unverbrauchtheit der Stimme. Unterstützt wird er in mehreren der Stücke vom Tenor Helmut Krebs, in jener Zeit ein ausgewiesener Spezialist für Alte Musik.
Im Jahr 1968 wurde ein Liederabend der Sopranistin Martina Arroyo live mitgeschnitten. Die hauptsächlich als Operndiva erfolgreiche Künstlerin versuchte sich dabei an Deutschem Liedgut. Gestalterisch und gesanglich wird sie der Herausforderung durchaus gerecht, ein Manko stellt allerdings ihre Textundeutlichkeit dar, eine beim Liedgesang fast unverzeihliche Sünde. Das etwas mulschige Klangbild der Aufnahme tut ein Übriges, um die Freude an dieser CD zu verderben.
Ähnliches gilt für das Rossini-Programm von Marilyn Horne, wobei diese sehr viel deutlicher artikuliert und auch im Herbst ihrer Karriere, die Aufnahme stammt von 1992, das Publikum mit Koloraturen und Ausschmückungen zu berechtigten Begeisterungsstürmen animiert.
Trotz der genannten Einschränkungen sind solche Öffnungen der Rundfunkarchive grundsätzlich sehr zu begrüßen, und man wünscht sich mehr davon!
Peter Sommeregger, 13. August 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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