Orchesterlieder von Othmar Schoeck- eine bewegende, faszinierende Entdeckung

CD-Rezension: Orchesterlieder von Othmar Schoeck  klassik-begeistert.de, 4. Januar 2025

CD-Rezension:

Abseits des üblichen Liedrepertoires schenkt die Firma Schweizer Fonogramm dem aufmerksamen Hörer mit diesen Orchesterliedern von Othmar Schoeck (1886 – 1957) eine wahre Trouvaille.

NACHHALL
Orchesterlieder von Othmar Schoeck

Olena Tokar, Sopran
Stephan Genz, Bariton
Graziella Contratto

Berner Symphonieorchester
Schweizer Fonogramm

von Axel Wuttke

Der zu Beginn stehende Liedzyklus „Nachhall“, in den Jahren 1954 bis 1956 entstanden, stellt noch einmal ein klingendes, beredtes Zeugnis von Schoecks kompositorischer Meisterschaft dar. Er fühlte sich musikalisch und als Mensch nicht mehr verstanden und wahrgenommen, gesundheitlich war er durch einen Herzanfall geschwächt.

Diese Umstände fließen in die Komposition des Zyklus ein und lassen die tiefe Traurigkeit und Resignation spüren. Teilweise mit sparsamsten Mitteln entstehen so ganz individuelle Klangsphären, die den Hörer sofort in den Bann ziehen.  Die Düsternis und Einsamkeit in den vertonten Gedichten von Nikolaus Lenau und mit einem Epilog von Matthias Claudius ist tief empfunden und spiegelt Schoecks Denken und Fühlen auf höchstem künstlerischem Niveau wieder.

Einfühlsames Dirigat

Die Dirigentin Graziella Contratto leitet das Berner Symphonieorchester mit sehr viel Einfühlungsvermögen und Raffinesse. Faszinierend, wie sie die unterschiedlichen Stimmungen herausarbeitet. Man spürt ihre große Kennerschaft und Begeisterung für den Komponisten.

Das Orchester folgt aufmerksam und spielt mit luzidem Klang und höchster Eindringlichkeit. Diese ist besonders beim Zyklus „Nachhall“ zu bewundern, wo die Dirigentin und das Orchester für den Interpreten einen ergreifenden musikalischen Klangraum entstehen lassen.

Bewegende Interpretation des Baritons Stephan Genz

Der Bariton Stephan Genz verfügt über eine wunderbar samtene, ausdrucksstarke, sofort gefangennehmende Stimme, so dass man ihm mit Begeisterung folgt.

Seine klare Diktion, die nie manieriert oder aufgesetzt wirkt, lässt eine zeitweise geradezu intime Atmosphäre entstehen, der man sich nicht entziehen kann. Eine großartige Darbietung. Vor allem auch, weil er es versteht, immer, auch bei den großen Ausbrüchen, beim Liedgesang zu bleiben und nicht ins opernhafte abzudriften.

Die frühen Lieder erstmals in orchestrierter Fassung

Die nachfolgenden, aus der frühen Schaffenszeit des Komponisten entstandenen Klavier-Lieder wurden von der Dirigentin äußerst feinfühlig und mit viel Kenntnis orchestriert und bilden einen starken Kontrast zum Zyklus „Nachhall“.

Die Sopranistin Olena Tokar verfügt über eine jugendlich-lyrische Stimme und klare Diktion und nimmt sich sehr engagiert der Lieder an.

Größte Intensität erreicht sie beim Lied „Peregrina II“ von Eduard Mörike. Dieses Lied ist eine Verarbeitung von Schoecks unerwiderter Liebe zur ungarischen Geigerin Stefi Geyer, und wird von Olena Tokar wunderbar gestaltet und in Töne gefasst.

Die CD ist mit einem sehr umfangreichen, mehrsprachigen und liebevoll gestalteten Booklet ausgestattet.  So kann man sich, bestens informiert, auf die Erlebnisreise in das Liedschaffen von Othmar Schoeck begeben.

Axel Wuttke, 4. Januar 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Das Arena di Verona Opera Festival ist ein No-Go klassik-begeistert.de, 2. Januar 2025

 

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