„Francesca da Rimini“: Spitzenproduktion überzeugt auch als Phantomaufführung

DVD-Rezension: Riccardo Zandonai, Francesca da Rimini,  Deutsche Oper Berlin, März 2021

Riccardo Zandonai, Francesca da Rimini
Deutsche Oper Berlin, März 2021

Francesca  Sara Jakubiak
Paolo  Jonathan Tetelman
Giovanni lo Sciancato, genannt Gianciotto  Ivan Inverardi
Malatestino dall’Occhio  Charles Workman

Musikalische Leitung  Carlo Rizzi

Inszenierung  Christof Loy

Bühne  Johannes Leiacker

NAXOS NBDO142V

von Peter Sommeregger

Im März 2021 sollte diese, außerhalb Italiens selten gespielte Verismo-Oper an der Deutschen Oper Berlin ihre Premiere haben. Bedingt durch die Corona-Pandemie kam aber nur ein Livestream zustande, man spielte an der Bismarckstraße vor leerem Haus. Die damalige positive Einschätzung der Produktion vertieft sich nun, da NAXOS die Aufführung auf DVD und Blu-ray Disc veröffentlicht.

 Riccardo Zandonais 1914 uraufgeführte Oper „Francesca da Rimini“ erscheint nach ursprünglicher Popularität inzwischen immer seltener auf den Spielplänen der großen Opernhäuser. Das mag zum Teil daran liegen, dass für die Titelrolle zwingend eine Sopranistin zur Verfügung stehen muss, die abgesehen von den erheblichen stimmlichen Anforderungen auch schauspielerisches Talent und Charisma mitbringen muss.

Die Deutsche Oper Berlin geht das Risiko ein, dieses Werk des Verismo nach einer literarischen Vorlage Gabriele D’Annunzios, aus welcher der Spross der Verlegerfamilie Ricordi, Tito Ricordi, das Libretto erarbeitete, auf die Bühne zu bringen. Die Regie legte man in die bewährten Hände von Christof Loy, der beinahe schon so etwas wie der Hausregisseur an der Bismarckstraße ist. Zwar neigt auch dieser Regisseur dazu, Stoffe zu verfremden- ohne detaillierte  Inhaltsangabe wäre man als Zuschauer verloren- gleichzeitig spielt er aber auch seine Stärke aus, nämlich die Fähigkeit zu glaubwürdiger Personenführung. Es gelingt ihm, dem etwas schwülen Renaissancedrama Leben einzuhauchen, und spannungsvolle Momente zu erzeugen. Stimmungsvoll das Bühnenbild von Johannes Leiacker, für das als Hintergrund ein Gemälde von Claude Lorrain gewählt wurde. Typisch für Loy ist das Nebeneinander von historisierenden Kostümen und Alltagskleidung, für die Klaus Bruns verantwortlich zeichnet.

Der Glücksfall dieser Produktion sind die Hauptdarsteller: Sara Jakubiak, die ihren edel timbrierten Sopran mühelos durch die anspruchsvolle Partie der Francesca führt und die ihr eigene Eleganz der Erscheinung für ein facettenreiches Spiel nutzt. Als Ihren Liebhaber Paolo hat man Jonathan Tetelman gewählt, der dem Anspruch der „schöne Paolo“ zu sein voll gerecht wird. Gesanglich kommt sein Spinto-Tenor mit der Partie sehr gut zurecht, er verfügt sowohl über Schmelz als auch Kraft. In den Szenen des Liebespaares bleibt kein Wunsch offen.

Auch die Brüder Paolos sind bei Ivan Inverardi und Charles Workman in ausgezeichneten Händen, selbst in den kleinsten Rollen wird sehr gut gesungen. Der erfahrene Carlo Rizzi am Pult lässt die Musik Zandonais aufblühen und treibt sie immer neuen Höhepunkten entgegen. Man fragt sich, warum das Werk eigentlich so selten gespielt wird.

Auch ein knappes Jahr nach der Aufzeichnung dieser Spitzenproduktion konnte sie noch nicht vor Publikum gezeigt werden. Man kann nur hoffen, dass diese großartige Ensembleleistung nicht zu einem „Phantom der (Deutschen) Oper“ wird!

Peter Sommeregger, 19. Februar 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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