Eine "Walküre" aus Sofia erstaunt

DVD-Rezension: Richard Wagner, „Die Walküre“, Sofia Opera and Ballet

„Vielen Häusern könnte man Wagnerstimmen dieser Qualität nur wünschen.“

DVD-Rezension: Richard Wagner, „Die Walküre“

Sofia Opera and Ballet
Pavel Baleff

DYNAMIC  37898

von Peter Sommeregger

Nach einem durchaus achtbaren Rheingold legt Dynamic nun als zweiten Teil des Rings der Oper Sofia Die Walküre vor, aufgenommen live im Jahr 2011. Wieder ist es die originelle Optik dieser Produktion, die bestechen kann. Der Regisseur Plamen Kataloff hat mit dem Bühnen- und Kostümbildner Nikolay Panayotov eine ganz eigene Bildersprache entwickelt, die futuristische Elemente, wie an Raumanzüge erinnernde Kostüme, stark symbolistische Gewandungen und an Raketen erinnernde Fortbewegungsmittel einschließt. Nichts dergleichen hat man zuvor in einer Ring-Inszenierung gesehen, und dankbar muss man die Originalität dieser Produktion anerkennen.

Eine gewaltige Hürde stellt wohl der deutsche Text Wagners für das komplett bulgarische Ensemble dar. Es ist erstaunlich und erfreulich, wie gut – von kleineren Ausrutschern abgesehen – der Text verständlich gesungen wird. War das Rheingold noch mehr eine Ensemble-Leistung, so profilieren sich in der Walküre einige Sänger deutlich als unbedingt Wagner-tauglich.

Im ersten Akt, dem genialen Dreiecksdrama, erfreut der Siegmund von Martin Iliev mit perfektem Tenor-Strahl. Da ist Kraft und Schönheit des Timbres, aber auch durchaus Gestaltungswille zu bemerken. Kongenial besetzt seine Partnerin Tsvetana Bandalovska als Sieglinde, die ihre Rolle mit großer Innigkeit, aber auch mit großen Kraftreserven singt. Berührende Momente gelingen ihr im Liebesduett, aber auch für die Ausbrüche des zweiten und dritten Aktes stehen ihr Kraft und Ausdruck zur Verfügung.  Ihr polternder Ehemann Hunding, gesungen von  Angel Hristov, sorgt für die robuste Dimension.

Überzeugend in Gesang und Spiel ist auch die Brünnhilde der Aufführung, Mariana Tzvetkova. Die gefürchteten Hojotoho- Rufe beim Auftritt kommen kräftig und ausladend, im Zwiegespräch mit Göttervater Wotan lässt sie auch leisere, lyrische Töne hören, die berühren. Auch Wotans Gattin Fricka in Gestalt von Rumyana Petrova kann mit ihrem kräftigen Mezzosopran überzeugen.

Ungewöhnlich ist die Interpretation des Wotan durch Nikolay Petrov. Dieser Göttervater ist ein gebrochener Typ, ein Zweifler und Getriebener, was Petrov auch in seinem Spiel glaubwürdig vermitteln kann. In dieser Konstellation fällt die finale Szene mit Wotan und Brünnhilde eher lyrisch aus, was der Intensität ihrer musikalischen Wirkung aber sehr gut bekommt.

Auch das Ensemble der acht Walküren ist von erstaunlicher Homogenität, der Walkürenritt wird zu einer eindrucksvollen Demonstration der Qualität des Ensembles der Oper von Sofia. Initiator dieses Ring-Projekts ist der Theatermann Plamen Kartaloff, der es sich zum Ziel gesetzt hat, Wagners Werk komplett auf diese Bühne zu bringen. In dem Dirigenten Pavel Baleff hat er einen kompetenten Mitstreiter, der auf die reduzierte Orchesterbesetzung von Gotthold Ephraim Lessing (!) zurückgreift, was die Realisierung dieses Projektes für die Musiker und Sänger erleichtert.

Erstaunlich, dass dieser Ring aus den 2010er Jahren erst jetzt seinen Weg auf die DVD findet, verstecken muss sich von den Mitwirkenden keiner, vielen Häusern könnte man Wagnerstimmen dieser Qualität nur wünschen. Gespannt erwartet man die Veröffentlichung der weiteren Ring-Opern!

Peter Sommeregger, 6. Juli 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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