Keine Frage, Jonas Kaufmann ist derzeit in Topform und gibt dem Seichten, was es braucht: ein wenig Falsett, ein angedeuteter Schluchzer, und das war’s.
Jonas Kaufmann © Sony
Jonas Kaufmann singt bei der Gedenkfeier von Franz Beckenbauer
von Peter Sommeregger
Es ist mehr als legitim, dass der Fußballverein FC Bayern München seinen verstorbenen Superstar Franz Beckenbauer mit einer Trauerfeier der Superlative zur ewigen Ruhe verabschiedet. Wir befinden uns aber in München, und da muss das groß dimensioniert sein. Ein Verein, der schon einmal einen Spieler für einen dreistelligen Millionenbetrag „einkauft“, denkt eben in anderen Dimensionen. Da kann man eben auch keine Blaskapelle aufspielen lassen, des Landes und der Welt berühmtester Tenor muss her!
Jonas Kaufmann hat die Einladung, bei dieser Trauerfeier zu singen, als Ehre empfunden, und natürlich angenommen. Schließlich ist er wie der verewigte „Kaiser Franz“ echter Münchner und Bayern-Fan, auch wenn er inzwischen mit anderem Pass (Republik Österreich) und Wohnsitz (Salzburg) unterwegs ist. Anlass und Ort schränken aber naturgemäß die Möglichkeiten der Programmgestaltung erheblich ein.
In den Charts der Trauerfeiern liegt nach wie vor das „Time to say goodbye“ uneinholbar vorne. Da Franz aber ein Herz für Italien hatte, erklingt es in der italienischen Version „Con te partirò“, was das Lied auch nicht besser macht. Keine Frage, Jonas Kaufmann ist derzeit in Topform und gibt dem Seichten, was es braucht: ein wenig Falsett, ein angedeuteter Schluchzer, und das war’s.
Im weiteren Verlauf der Feier erklingt noch Ennio Morricones Filmschlager „E più ti penso“, von Kaufmann gerade für seine Filmmusik-CD einstudiert.
Zum Abschluss probiert Kaufmann mit „Nessun dorma“ aus Puccinis „Turandot“ seinen Pavarotti-Moment. Die Arie gelingt ihm eindrucksvoll, aber das „Wow“, das Pavarotti seinerzeit damit auslöste, wollte sich in der Münchner Allianz Arena nicht so recht einstellen. Sport- und Opernfreunde sind eben nur bedingt kompatibel.
Das Aufgebot an Polit- und sonstiger Prominenz in der Arena war erstaunlich, und man fragt sich, ob bei allen Verdiensten Beckenbauers unbedingt Bundespräsident, Bundeskanzler und Innenministerin anreisen mussten.
Ein wenig bitter stößt einem auf, dass es mit Sicherheit für keinen Musiker, Dichter oder Maler in Deutschland eine vergleichbare Veranstaltung geben würde.
Der bis in die Knochen korrupte Spitzensport hat längst die Rolle der Hochkultur übernommen. Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder, kein Freund des Kleinteiligen, verstieg sich zum Satz „Gott schütze Franz Beckenbauer“, was nicht nur zu spät kam, sondern auch fatal an die Kaiserhymne „Gott erhalte Franz den Kaiser“ denken ließ.
Ob sich Jonas Kaufmann wohl gefragt hat, ob die Musik und sein Gesang nicht nur nebensächliche Garnierung für das Großevent waren? Am Ende bleibt nur die Frage: Wo war eigentlich der Papst?
Peter Sommeregger, 19. Januar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
CD-Rezension: The Sound of Movies, Jonas Kaufmann klassik-begeistert.de, 11. September 2023
Jonas Kaufmann, it’s Christmas!, der Tenor singt 42 Weihnachtslieder klassik-begeistert.de
MeetYourMaster, Singen lernen mit Jonas Kaufmann klassik-begeistert.de
Solistenkonzert Jonas Kaufmann, Sonya Yoncheva, Ludovic Tézier, Arena di Verona, 20. August 2023
Jonas Kaufmann ist bei FC Bayern „Haus-und Hof-Sänger“. Seit Jahren singt er auf Meisterfeiern, Weihnachtsfeiern, internationalen Fußball-Großereignissen und nun bei der Gedenkfeier des Vereins, dem er schon als Bub angehört und damals das Idol Beckenbauer verehrt hat.
„Time to say goodbye“ ist in seiner ursprünglichen Form ITALIENISCH und wurde für Henry Maske umgeschrieben! Auch das zweite Lied ist ein Abschiedslied, das Trauer über den Verlust eines lieben Menschen ausdrückt.
Beckenbauer wurde mehr als einmal in der Oper gesehen und dass dann „Vincerò“ nicht unpassend ist, sollte einleuchten.
Proportional zum Verehrer-Kreis von Musikern, Dichtern und Malern war die Veranstaltung für einen international hochgeschätzten Fußballer, Trainer und Manager angemessen.
Apropos Papst: der hat einen Gruß über Kardinal Marx ausrichten lassen.
Waltraud Becker
Ein Bundespräsident, ein Bundeskanzler und eine Innenministerin sind „angemessen“ für einen verstorbenen Fußballer?
Andreas Schmidt
Der Bundespräsident hätte leicht gereicht… Die beiden anderen Genannten waren jedenfalls fehl am Platz.
Waltraud Becker
Liebe Frau Becker,
Ihre Beschlagenheit betreffend Details aus dem Privatleben von Berühmtheiten erstaunt mich immer wieder!
Sie wollen nicht verstehen, wie der Artikel gemeint war. Dafür hätten Sie ja auch einen etwas differenzierteren Blick aus der Distanz gebraucht. Aber Distanz zu Berühmtheiten ist Ihre Sache wohl nicht…
Peter Sommeregger
„Berühmtheiten“ interessieren Sie vielleicht, mich nicht. Menschen, deren Leistung mich beeindruckt, erregen allerdings meine Aufmerksamkeit, dazu müssen diese allerdings nicht „berühmt“ sein…
Waltraud Becker
Es gab übrigens einmal einen österreichischen Bundespräsidenten namens Franz Jonas!
Franz Josef Jonas (* 29. September oder 4. Oktober 1899 in Floridsdorf; † 24. April 1974 in Wien) war ein österreichischer Staatsmann und Politiker (SPÖ), von 1951 bis 1965 Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien, sodann von 1965 bis 1974 österreichischer Bundespräsident. Er war der vierte Präsident der seit 1945 bestehenden Zweiten Republik.
Andreas Schmidt
Von Beruf Buchdrucker.
Mir war er lieber als der derzeitige Amtsinhaber.
Waltraud Becker
Dass Sportler höher im Kurs stehen als Dichter, Musiker und Maler, ist doch schon lange so. Die klassische Musik, und speziell die Oper, ist seit Jahrzehnten eine Nische. Die Masse der Bevölkerung pflegt nun mal einen größeren Bezug zu Personen des öffentlichen Lebens aus dem Sport und der vermeintlich „seichten“ Unterhaltungsbranche als zu Kammersängern oder Schriftstellern. Da sollten wir uns vielleicht etwas bescheidener zeigen. Dass die Klassik-Nische anscheinend kleiner wird, ist zwar besorgniserregend. Aber abwarten: Totgesagte leben oft länger.
Jürgen Pathy
Hochnotpeinlicher Auftritt! Jonas Kaufmann hat seine Lippen nicht zum Vollplayback synchronisiert bekommen. Die Bildregie hat das bemerkt und zunehmend auf Stadionvollbildeinstellungen umgeschaltet.
Kurt Eichhorn
Wie kann man nur! Und was hat dieser Beitrag überhaupt auf einem Blog für klassische Musik zu suchen? Oder hat der Fußball tatsächlich mehr Hochkultur, als es dieser Beitrag hergibt, der unglaublich pietätlos ist und die Branche, die sowieso schon eine Nische ist, damit noch nischiger und irgendwie auch unsympathischer macht.
Ein seriöser Kulturblog hat es doch eigentlich nicht nötig, sich auf ein solches Niveau zu begeben. Lassen wir die Menschen doch ruhen, die Großes bewegt haben und lassen wir vielleicht auch mal einen Jonas Kaufmann in Ruhe, der in diesem Fall nicht der Hauptakteur der „Veranstaltung“war. Wie kann man nur so einen Artikel verfassen!!!!! Respektlos.
Marika Plumhoff
Liebe Frau Plumhoff,
Sie begründen leider nicht, warum der größte deutschsprachige Klassik-Blog nicht über eine überdimensionale Gedenkfeier berichten darf, auf der der bekannteste Tenor der Welt, Jonas Kaufmann, Neu-Österreicher, 3 bekannte Arien singt. Wenn klassik-begeistert nicht berichten darf,
warum durften dann hunderte andere Medien rund um den Globus berichten? Es ist indes ganz anders: Wir MÜSSEN berichten, wenn der Weltstar Jonas Kaufmann vor zig Millionen deutschen TV-Zuschauern singt. Also, „respektlos“ geht anders – der Artikel wurde übrigens von zehntausenden Menschen gelesen.
Herzlich
Andreas Schmidt, Herausgeber
Lieber Herr Schmidt,
die Antwort ergibt sich aus meinem Kommentar. Es war eine Gedenkfeier für einen Fußballstar, nicht für einen Tenor. Und Fußball hat meines Erachtens nichts mit klassischer Musik zu tun. Oder habe ich da etwas verpasst. Jedenfalls ging es dort nicht um Jonas Kaufmann. Übrigens ein sehr reflektierter Kommentar von Herrn Pathy. Recht hat er! Ach, und wie schön, dass 10.000 Klassik Begeisterte den Artikel bereits gelesen haben. Wenn es 75.000 werden sollten, haben Sie den Kaiser eingeholt. Bravo!
Marika Plumhoff
Liebe Frau Plumhoff,
haben Sie die Gedenkfeier im TV gesehen? Jonas Kaufmann durfte DREI ARIEN singen – hat Fußball also nichts mit Klassik zu tun?
Warum wurden die Drei Tenöre zu Weltstars? Wann? Es haben viel mehr Klassik-Begeisterte den Beitrag gelesen als von Ihnen angegeben.
Andreas Schmidt
… Sie scheinen unseren Text nicht richtig gelesen zu haben, obwohl wir Jonas Kaufmann schon EINLEITEND loben:
„Keine Frage, Jonas Kaufmann ist derzeit in Topform und gibt dem Seichten, was es braucht: ein wenig Falsett, ein angedeuteter Schluchzer, und das war’s.“
Warum sollten wir ihn „in Ruhe lassen“, wenn er DREI Arien zum Tode eines „Weltfußballers“ singen darf – und ja Millionen Menschen zuschauen?
Andreas Schmidt
Außer Andreas Schmidt und zwei anderen, scheinen bei manchen Kommentatoren hier gewisse Areale des Verstandes auszusetzen.
Die aufgeplusterte Show, auf der außer einem Hoeneß kein Politiker hätte sprechen müssen, musste noch einen ehemals, das ist 15 Jahre her, guten Tenor engagieren. Einer, der alles mitnimmt. Kaufmann sang REINES Playback und das ist ein Betrug am Publikum. Dann wählte er noch Stücke, die bei Sony eingspielt sind und so konnte er auch noch seine CDs bewerben. Andere Stücke, mit Klavierbegletung, wären bei einer Trauerfeier angemessen gewesen. Dann hätte er aber live singen müssen. Jedoch das ganze Brimborium wäre nicht so peinlich gewesen.
Aber wir ham’s ja bei den Bayern, auch für Fake-Auftritte. Bericht von klassik-begeistert ist quasi Pflicht. Die müssen es, müssen es aber nicht goutieren.
Ich sah eine Aufzeichnung, wegen Kaufmann, da ich nur sehen und hören wollte ob Playback oder nicht. Mir war es allerdings vorher so gut wie klar. Ich goutierte nichts von alledem.
Franco Bastiano
Paris Vième arrondissement