Julia Lezhneva lässt barocke Juwelen funkeln

La Voce Strumentale, Julia Lezhneva  Kammermusiksaal Berlin, 10. Oktober 2022

Reich beschenkt entlässt das verbliebene Publikum nach drei Stunden die Künstler. Das war Musik, die Lebensfreude geschenkt hat!

La Voce Strumentale

Dmitry Sinkovsky
Julia Lezhneva
Luca Pianca

Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie, 10. Oktober 2022

von Peter Sommeregger

Unter Liebhabern der Barockmusik sind die Konzerte des Ensembles La Voce Strumentale ein Geheimtipp. Das 2011 von dem russischen Geiger und Dirigenten Dmitry Sinkovsky gegründete Streicherensemble, das auf historischen Instrumenten mit Darmsaiten spielt, und inzwischen auch international erfolgreich ist, gastiert regelmäßig in allen Musikzentren.

Für das aktuelle Konzert hatte Sinkovsky den Lautenspieler Luca Pianca und die Sopranistin Julia Lezhneva als Stargäste mitgebracht. Pianca, seinerzeit von Nikolaus Harnoncourt ausgebildet, ist als Solist, Dirigent und Begründer mehrerer Ensembles für Alte Musik bekannt. Die junge russische Sopranistin Julia Lezhneva hat sich innerhalb der letzten Jahre an die Spitze der Interpreten barocker Musik gesungen. Mit Opern von Porpora, Vivaldi, Händel, Graun und Hasse feiert sie weltweit Triumphe.

Das klug zusammengestellte Programm des Konzertes verbindet Instrumentalwerke von Telemann, Vivaldi und Hasse mit virtuosen Arien dieser Komponisten, sowie solche aus der Feder von Händel, Graun und Porpora.

Lezhnevas Stimme ist aktuell gereift, voller geworden und verfügt nun auch über die tieferen Register, was zu einer Ausweitung ihres Rollenspektrums führen dürfte. Es ist unmöglich von der technischen Brillanz, der Virtuosität der Stimmführung Lezhnevas nicht überwältigt zu werden. Da wird auf höchstem Niveau mit den Partnern kommuniziert, alle Beteiligten finden sich in größter Harmonie zusammen. Triller, Koloraturen, was immer die barocken Meister an Finessen erdacht haben, in Lezhnevas „geläufiger Gurgel“ findet es perfekte Ausführung.

Gegen Ende des offiziellen Programmes erlebt das Publikum eine Überraschung: plötzlich hört man eine zweite Gesangsstimme, die mit Lezhneva im Wechsel singt. Es dauert, bis man als Quelle den Geiger und Dirigenten Sinkovsky identifiziert, der auch ein ausgebildeter Countertenor ist. Nachdem er ins Spiel kommt, beginnt der erstaunlichste Teil des Abends: das offizielle Programm ist zu Ende, das hingerissene Publikum will zum Teil aber nicht weichen und klatscht unermüdlich. Es wird erhört, und Julia Lezhneva gibt nicht weniger als sieben (!) Zugaben, wenn ich richtig gezählt habe. Teils solo, teils mit dem auch als Sänger hervorragenden Dmitry Sinkovsky. Neben ihren phänomenalen stimmlichen Mitteln verfügt Lezhneva auch über großen Charme und Herzlichkeit, das kann man auch bei ihrem Umgang mit den Partnern auf dem Podium beobachten. Auch in den Zeiten von me too darf man außerdem erwähnen, dass Julia Lezhneva eine bildhübsche junge Frau ist, die in ihrem bestickten weißen Kleid auch eine Augenweide darstellt.

Reich beschenkt entlässt das verbliebene Publikum nach drei Stunden die Künstler. Das war Musik, die Lebensfreude geschenkt hat!

Peter Sommeregger, 11. Oktober 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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