Paukenschlag für die Münchner Philharmoniker: Lahav Shani lässt Bruckner leben!

Münchner Philharmoniker, Lahav Shani, Dirigent und Klavier  Isarphilharmonie München,  4. September 2024

Lahav Shani © Marco Borggreve

Isarphilharmonie München,  4. September 2024

Münchner Philharmoniker
Lahav Shani, Dirigent und Klavier

Werke von Johann Sebastian Bach und Anton Bruckner

Mit einer äußerst dynamischen und furiosen Bruckner 9 zündet der designierte neue Chefdirigent der Münchner Philharmoniker die Flamme einer neuen Ära dieses Spitzenorchesters. Frisch weht der Wind dem Bruckner zu!

von Johannes Karl Fischer

Auch die Münchner Philharmoniker haben einen neuen Chefdirigenten – offiziell tritt Lahav Shani sein Amt erst in zwei Jahren an, die Zügel hat der jetzt schon fest in der Hand. Anders als in Dresden – wo Daniele Gatti neulich mit einem seelenlosen Mahler einen Fehlstart hinterlegte – lebt hier die Musik voller Eifer, nein, sie brennt in ganzem Herzen!

Ausgerechnet mit Bruckner, dem musikalisch eher seligen, heiligen, ein bisschen schwer zugänglichen Pendant zu Wagner und Mahler zündet Shani ordentlich die musikalische Flamme. Mit voller Wucht stürzt er die Münchner Philharmoniker in diese wunderbare Musik und schöpft die volle Emotionalität dieser Musik aus dem Kopfsatz. Bruckners Neunte Sinfonie bekommt eine völlig neue, viel dynamischere, emotionale Facette, wenn dieser junge Ausnahmedirigent das Pult besteigt und mit seinem begeisternden Dirigat Orchester und Publikum in den Strudel dieser Akkorde reißt!

Die Dissonanzen – Septakkorde inklusive – stechen tief ins Herz und in die Seele, das Scherzo an zweiter Stelle scheint regelrecht zu tanzen. Noch nie habe ich Bruckner so lebendig, so mitreißend erlebt, da steckte eine ordentliche Prise der frenetischen Herzraserei einer emotionalen Wagner-Szene – der Schöpfer des Gesamtkunstwerks war bekanntlich Bruckners größtes Vorbild – drin.

Natürlich hat das ein bisschen Stimmung von „Platz, da Herr Thielemann, jetzt komme ich!“, vielleicht wird da die eine oder andere Stimme das Klassik-Establishments ein paar Einwände haben. So wirklich innig sakral klang dieser Bruckner nicht, eher wie ein Paukenschlag gegen eine etablierte, schwer zugängliche Lesart dieser Musik. Wunderbar! Vorbei mit den zähen, scheinbar endlosen Haltetönen, her mit den packenden, kräftig fesselnden Trugschlüssen. Die Klassik-Branche steckt in einer Krise, am dringendsten fehlt Nachwuchspublikum… und begeisternde, dynamische Dirigate wie von Lahav Shani!  

Nach einigen Jahren – eher Jahrzehnten – an nicht gerade aufregenden Chefdirigenten an der Spitze der Münchner Philharmoniker sorgt Herr Shani regelrecht für Furore, da wird sich die Konkurrenz in Berlin und Dresden warm anziehen müssen! Wer – wie meine Eltern vor vielen Jahren – sein Abo wegen Celibidaches eher schläfrigen Dirigaten gekündigt hat, sollte diesem wie neu klingenden Orchester samt ihrem wunderbar klaren Klang dringend eine Chance geben!

Und ganz nebenbei, dieser fantastische Bruckner-Dirigent kann auch noch Klavier spielen. Ein bisschen sehr ironisch untertrieben: In der ersten Hälfte gab es nämlich Bachs Klavierkonzert BWV 1052, der Dirigent sitzt natürlich am Flügel, ganz wie es sich gehört. Federleicht tappt er die barocken Bässe aus den Tasten und jongliert nebenbei auch noch die Orchestereinsätze. Ein bisschen wie Barenboim, ja, die künstlerischen Züge seines Lehrers dringen hier deutlich durch. So soll es sein, Solist und Orchester in Bach’scher Harmonie vereint!

Mit diesem designierten Chefdirigenten steht den Münchner Philharmonikern hoffentlich eine glorreiche Zukunft zuvor. Den neuen Chef der Dresdner Staatskapelle hat Lahav Shani auf jeden Fall schon mal mit Bravour vom Platz gefegt. So haut man auch die Hard-Core Wagner und Mahler-Fans um!

Johannes Karl Fischer, 05. September 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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