Das Leverkusener stARTfestival punktet mit einer gelungenen Hommage an Maurice Ravel

stARTfestival von BayerKultur  Leverkusen, Erholungshaus, 15. Juni 2025

„Zwischen Märchen, Traum und Wirklichkeit – eine poetische Reise in die Welt des Maurice Ravel“

Leverkusen, Erholungshaus, 15. Juni 2025

Christiane Karg, Sopran
Ulrike Payer, Klavier

Dominique Horwitz, Rezitation

Aris Quartett:

Anna Katharina Wildermuth, Violine
Noémi Zipperling, Violine
Caspar Vinzens, Viola
Lukas Sieber, Violoncello

Frank Siebert, Konzept

Musik von Maurice Ravel (1875-1937):

A la manière de Chabrier
Vocalise

Streichquartett

Valses nobles et sentimentales, Nr. 1: Modéré – très franc
Le tombeau de Couperin, Nr. 2: Fugue
Sérénade grotesque
Le tombeau de Couperin, Nr. 1: Prélude
Pavane pour une infante défunte
Kaddish, aus: Deux melodies hébraïques

 von Brian Cooper

Die Ravel-Hommage im Rahmen des stARTfestivals von BayerKultur beginnt mit zehnminütiger Verspätung; der Flügel werde noch gestimmt, heißt es. Zu Beginn stellen Mathilde und Emma Röttgen, Schwestern und Schülerinnen an einem hiesigen Gymnasium, dem Publikum kurzweilig den Ablauf und die Personen vor, die den ebenso kurzweiligen Abend bestreiten werden.

Frank Siebert hat sich ein schönes Konzept ausgedacht: Biographische Abrisse aus Ravels Leben fallen zwar recht knapp aus, aber die eindrückliche Rezitation von Dominique Horwitz gibt uns in etwa 80 Minuten – ohne Pause – ein tiefenscharfes Bild des Komponistenlebens, des Menschen Maurice Ravel.

Dominik Horwitz © Jim Rakete

Den Großteil verbringt Horwitz mit dem Vorlesen eines Märchens von Oscar Wilde, Der selbstsüchtige Riese. Ravel liebte Kinder, fand sie interessanter als Erwachsene. Im Märchen spielen die Kinder im Garten des Riesen, der, als er zurückkommt, eine große Mauer baut, was irgendwie noch nie eine Lösung war. Was paradiesisch erblüht war, wird nun frostig, der Nordwind pfeift, es herrscht ewiger Winter. Zu guter Letzt hat der Riese ein Einsehen, erkennt den Grund für die Kälte, die Kinder spielen wieder in seinem Garten. Nur ein kleiner Junge, den der Oger ins Herz geschlossen hatte, fehlt zunächst. Als er auftaucht, hat er „Wunden der Liebe“ an Händen und Füßen, lädt den Riesen in sein Paradies ein. Die Kinder finden den Riesen tot auf.

Gegen Ende erklärt sich, warum ausgerechnet diese Geschichte, ergänzt durch einige Gedichte (Mallarmés Erscheinung, Verlaines Nachtigall), den roten Faden bildete: Ravel, klein von Gestalt, wird als „ein Riese der Musik, ein verwundetes Kind“ beschrieben.

Christiane Karg © Gisela Schenker

Ravels „klingende Masken“ (Adorno) werden durch verschiedene klug ausgewählte Werke vorgestellt. Die Wuppertaler Pianistin Ulrike Payer spielt einige Solowerke, von denen die Pavane besonders schön gerät; auch erweist sie sich als subtile Liedbegleiterin von Christiane Karg, deren herrliche Stimme besonders berührend in der Vocalise und im abschließenden Kaddish zur Geltung kommt.

Aris Quartett © Sophie Wolter

Das Aris Quartett spielt alle vier Sätze des Streichquartetts (den dritten Satz unnötigerweise leicht gekürzt), die von Rezitation und anderen Werken unterbrochen werden. An einem solchen Abend ist das nicht nur zulässig, sondern zu begrüßen, denn Sieberts Konzept ist ungemein stimmig. Einzig der Eindruck, das Quartett werde durch Mikrophone verstärkt, trübt ein wenig den Klang der ansonsten formidabel spielenden, 2009 in Frankfurt gegründeten, Formation: Der Klang wird seiner Reinheit beraubt.

Aber gerade das Streichquartett kommt völlig zu Recht nicht nur bei meinem Begleiter besonders gut an: Es wird lange applaudiert. Der charismatische Dominique Horwitz geht sichtbar mit, wenn musiziert wird, und es wirkt sympathisch, wie er den anderen Künstlerinnen und Künstlern applaudiert.

Im Erholungshaus ist es schön, das Saalpersonal seit jeher herzlich. Schon vor dreißig Jahren hatte ein Freund über viele Jahre ein Abo für den Klavierzyklus; ich begleitete ihn oft. An diesem Sonntagabend fragte ich mich, ob der für die Ravel-Hommage verwendete Flügel derselbe sein möge wie jener, auf dem einst große Pianisten wie Grigory Sokolov und Bernd Glemser spielten. Gestimmt war er, nur klang er nicht ganz so brillant wie in manch großem Konzertsaal.

Schlussapplaus (Foto Brian Cooper)

Doch das trübt keineswegs einen sehr vergnüglichen Abend, der zu einem späteren Zeitpunkt vom WDR gesendet wird und viele mit dem Bedürfnis zurücklassen dürfte, sich anlässlich seines 150. Geburtstags (noch) mehr mit Ravels Musik zu befassen.

Dr. Brian Cooper, 16. Juni 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Marc-André Hamelin, Klavier Duisburg, Gebläsehalle im Landschaftspark Nord, 14. Juni 2025

Martha Argerich und Akane Sakai Konzerthaus Dortmund, 13. Juni 2025

Charles Richard-Hamelin, Klavier Laeiszhalle Hamburg, 12. Juni 2025

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