Zwei Virtuosen der klassischen Gitarre beeindrucken in Bonn

Weltklasse-Gitarristen Matteo Mela und Lorenzo Micheli  Kunstmuseum, Bonn, 6. November 2022

Im Auditorium des Kunstmuseums gibt es Bekanntes und weniger Bekanntes in ungewöhnlicher Besetzung – für zwei Gitarren


Claude Debussy (1862-1918) – Petite Suite
Astor Piazzolla (1921-1992) – Tango Suite
Johann Sebastian Bach (1685-1750) – „Italienisches Konzert“ BWV 971
Ludwig van Beethoven (1770-1827) – Sonate pathétique op. 13

Kunstmuseum, Bonn, 6. November 2022

von Brian Cooper, Bonn (Text & Fotos)

Wie schön ist es doch, endlich wieder ein ausverkauftes Haus zu erleben. In Köln waren zuletzt viele Philharmonie-Konzerte beängstigend schlecht verkauft.

Auch die Bonner Meisterkonzerte haben derzeit große Sorgen. Diese verdiente Reihe, auf klassische Gitarre spezialisiert, sei, wie zu Beginn des Monats verkündet wurde, „akut gefährdet“. Endlich konnte man jedoch am 6. November wieder ein volles Haus im Auditorium des Bonner Kunstmuseums verzeichnen.

Und das aus gutem Grund: Es trat ein Gitarrenduo auf, das durch leise Virtuosität ungemein zu beeindrucken versteht, SoloDuo, bestehend aus den Weltklasse-Gitarristen Matteo Mela und Lorenzo Micheli.

Matteo Mela (rechts) , Lorenzo Micheli links (im Vordergrund).

Deren Künstlervita im Programmheft („überall … als eines der besten Ensembles aller Zeiten gefeiert“) wurde garantiert nicht von den beiden Herren geschrieben, die freundlich und bescheiden auftraten und – wären sie unbescheiden – bei der Ankündigung der Rumba-Zugabe sicher nicht darauf hinzuweisen versäumt hätten, dass es die Musik von Mario Castelnuovo-Tedesco (mit dem witzigen Titel „The Well-Tempered Guitars“) auch von ihnen auf CD eingespielt und draußen zu kaufen gibt…

Solch Agentursprech mit seinen „Extremst“-Superlativen schadet eher, denn der Eine oder die Andere mag sich bei tausendfach gelesenen Worten à la „eine der aufregendsten Geigerinnen ihrer Generation“ gelangweilt abwenden. Besser also, man konzentriert sich auf die Musik.

Foto: Prof. Dr. Thomas Offermann, der Veranstalter

Das außergewöhnliche Bonner Konzert stand unter einem kreativen und interessanten Motto, das Lewis Carroll entlehnt ist: Through the Looking-Glass: 12 Strings for a Different Perspective. Viele Menschen kennen Beethovens frühe Sonate pathétique, aber wer kann schon von sich behaupten, sie in einer Transkription für zwei Gitarren gehört zu haben? Seit gestern knapp 200 Menschen mehr.

Dieses zum Ende des Konzerts programmierte Werk des gebürtigen Bonners, mit atemberaubender Technik und eindrucksvoller Musikalität dargeboten, hatte mit dem ihm vorausgehenden Stück, Bachs Italienischem Konzert, gemein, dass es von den beiden Gitarristen nicht in der Originaltonart gespielt wurde (Beethoven in a-Moll statt c-Moll, Bach in G-Dur statt F-Dur). Dies ist aber nur für Leute mit absolutem Gehör irritierend, und das auch nur ganz kurz.

Das Bach’sche Konzert heißt eigentlich Concerto nach italiaenischen Gusto, wie der Veranstalter in seiner charmanten Ansprache betonte. Und es war eine Wonne, das eigentlich für Klavier geschriebene Werk auf zwei Gitarren zu erleben. Im langsamen Satz beispielsweise wurde die Begleitstimme derart fein getupft, dass man der Melodiestimme umso beseelter lauschte.

Die Tangomusik, namentlich jene Astor Piazzollas, hat seit den Neunzigern eine regelrechte Renaissance erlebt, befeuert etwa durch Musiker wie Gidon Kremer und Per Arne Glorvigen. Ich besitze tatsächlich auch eine schöne Gitarren-CD mit seiner Musik. Und es lohnt sich, Piazzolla zu hören, in welcher Besetzung auch immer. Bei SoloDuo fungierte mitunter der Gitarrenkorpus als perkussives Element, und leise Passagen der Suite, wie jene in e-Moll, waren außerordentlich bewegend. Eine schön zusammengestellte Suite.

Es wäre ungerecht, eines der Werke besonders hervorzuheben. Alle wurden sie vorzüglich vorgetragen. Mein persönliches Highlight war aber Debussys Petite Suite, gleich zu Beginn gespielt, die ich ganz gut kenne, da ich sie vor nunmehr zwei Jahrzehnten mit meinem Pariser Uni-Orchester gespielt habe. In Bonn war jeder Ton wie gemalt; man spürte förmlich das wogende Wasser im ersten Satz; und wäre das letzte Flageolett kurz vor dem Ende des letzten Satzes nicht durch einen Huster entweiht worden, es wäre die schiere Perfektion des Liveauftritts gewesen, in dem ja stets Publikum und Ausführende zusammenwirken.

Trotzdem war es toll, Teil eines so aufmerksamen, zugewandten Publikums zu sein. Freundlicher Zwischenapplaus wurde von den Gitarristen lächelnd quittiert, und auch der Gewohnheitsräusperer vor mir (einmal pro Minute) war sichtlich ergriffen und erhob sich nach dem Konzert mit allen Anderen.

Man hört gut in diesem schönen, schlichten Saal, in Kapazität und Form mit dem herrlichen Kammermusiksaal im Beethovenhaus vergleichbar, wenngleich das Auditorium – in erster Linie als Vortragssaal konzipiert – akustisch nicht ganz so hermetisch abgeschottet ist vom Trubel des über ihm liegenden Museumsfoyers.

Hoffen wir, wünschen wir inständig, dass die Gitarren-Reihe weitergeht. Dieses war das 155. Meisterkonzert. Eine stolze Zahl. Glückwunsch dem freundlichen Team, das eine solche Qualität auf die Beine stellt.

Dr. Brian Cooper, 7. November 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Asrael, Musik von Alberto Franchetti Opernhaus Bonn, 16. Oktober 2022 Premiere

Franz Schubert (1797-1828), Die letzten drei Klaviersonaten D 958-960 Bonn, Beethovenhaus, 9. September 2022

Eröffnungskonzert mit Iván Fischer und dem Budapest Festival Orchestra Bonn, Opernhaus 26. und 27. August 2022

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