Leon Gurvitch und Samantha Wright im 14. Hauskonzert; Foto Patrik Klein
Zu Gast in Neu-Wulmstorf: Samantha Wright verzauberte mit Saxophon und Klarinette
Leon Gurvitch ist nicht nur in Hamburg eine musikalische Größe, die man gar nicht mehr groß vorstellen muss, sondern ein Künstler, der in der ersten Reihe stand, als der liebe Gott das Talent und die Musikalität verteilte.
Der Pianist, Komponist und Dirigent spielt nicht nur in vielen großen Konzertsälen, sondern kommt auch bei sich zu Hause regelmäßig mit namhaften Freunden aus der Szene zusammen für ein Hauskonzert mit geladenen Gästen. Beim vierzehnten Salonkonzert war die britische Klarinettistin, Komponistin, Forscherin und Pädagogin Samantha Wright zu Gast. Die in Hamburg lebende Künstlerin ist seit 2019 im Fachbereich Jazz an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg beschäftigt und weit über die Grenzen der Stadt bekannt.
Gershwin, Ellington, Brubeck und natürlich Kompositionen von Leon Gurvitch selbst standen auf dem Programm. Dabei durfte man wieder davon ausgehen, dass auch die bekannten Stücke der zitierten Jazzgrößen durchaus modifiziert, variiert und vor allem improvisiert wurden.
Bei den ersten Stücken klangen auch immer wieder bekannte Sequenzen aus „Somebody loves me“ durch. Da wurde gemeinsam und einzeln das Tempo variiert oder plötzliche überraschende Momente eingefügt, die mitrissen. Stimmungs- und Harmoniewechsel waren für die beiden eine Leichtigkeit mit blindem Verständnis, solistischer Klasse und harmonischem Zusammenspiel.
– und es groovte im Salon –
Mit „Petit Fleur“ wurde es noch leidenschaftlicher, gelegentlich mit einer Prise Melancholie eingebettet in solistische Improvisationen am Klavier.
– und es groovte weiter im Salon –
Das solistische Stück „Melody from Childhood“, welches demnächst auf seiner neuesten CD „Musique Melancholique“ erscheinen wird, ließ dann das technische und emotionale Können des Pianisten aufflammen.
Dave Brubecks „Blue rondo à la turk“ folgte dann und erzählte von einem Urlaub in der Türkei. Straßenmusik mit ganz speziellen Rhythmen beeinflussten das Stück in einer Art Rondoform in Kombination mit Bluesfeeling. Klavier und Saxophon verschmolzen zu einem wilden, manchmal an Phil Glass erinnernden Jazzflow.
– und es groovte weiter im Salon –
Leon Gurvitch schrieb auch die Musik zu einem Ballett, das in Kürze am Opernhaus Kiel Premiere feiern wird. Im „Flüchtiger Augenblick“ ging es um weiblichen Tanz, keinen Jazz im klassischen Sinne, sondern um moderne Rhythmen mit Anklängen von barocker Musik des Jean Philippe Rameau.
Ein ganz besonderer Höhepunkt des Abends wurde dann die komplett notenlose Improvisation der beiden Musiker zum Thema „Krieg und Frieden„. Hierbei wurden auch die Saiten des Klaviers geschlagen, geklopft und gezogen sowie eine Melodica als weiteres Instrument eingesetzt. Traurigkeit, Nachdenklichkeit, Hoffnung und der Aufschrei nach Gerechtigkeit und Frieden offenbarten sich durch das Spiel der beiden.
– und es groovte so ganz anders im Salon –
Wir wurden dann mitgenommen nach New York in die dunkelsten und verrauchtesten Jazzclubs der Stadt. Der Pianist ließ die Zuhörer die Riesenstadt „Megapolis“ klanglich erfahren. Turbulentes Leben mit technisch maximal virtuosem Spiel raubten fast den Atem.
– und der Groove vermischte sich mit Schwaden von Zigarrenduft –
Zum Finale des Konzerts kamen dann noch einige Improvisationen und individuelle Arrangements bekannter Stücke von Gershwin und Ellington. „Hey George“ forderte die beiden überragenden Musiker zum gemeinsamen Spiel und Kampf mit furiosem Ende auf. Das Stück „Caravan“ war schwer zu erkennen, denn Klarinette und Klavier waren weit darüber schwebend in himmlischen Sphären unterwegs.
Am Ende gab es Riesenjubel vom im Groove badenden Publikum im Salon.
Patrik Klein, 3. März 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Aktuelle Produktion: DER FLÜCHTIGE AUGENBLICK
Theater Kiel/Opernhaus, Premiere 6. April 2024
Spielstätte: Opernhaus Tickets jetzt online kaufen
- »The Dying Poet« Choreografie Antoine Jully
- »Is This It?« Choreografie/Bühne/Kostüme/Licht Antoine Jully
- »Gilded Reverie« Choreografie Kristina Paulin
- »Kintsugi« Choreografie Edvin Revazov
- »Kintsugi« Komposition Leon Gurvitch
- Ausstattung Verena Hemmerlein
Barno Ismatullaeva, Sopran, Leon Gurvitch, Klavier Elbphilharmonie Hamburg, 24. September 2023
Interview: Leon Gurvitch klassik-begeistert.de, 15. September 2023
LEON GURVITCH & ENSEMBLE, »Silentium« Elbphilharmonie, 31. März 2023 Uraufführung