Der Schlauberger 6: Jetzt darfste rumferkeln: Rächtschreibung ist bä!

Der Schlauberger 6  klassik-begeistert.de

Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.

Das ist die Erlöhsung von allen Kwalen. Rächtschreibung brauchen wir nicht mehr. Hat der Baden-Württembergische Ministerpresident Winfried Kretschmann Anfang des Jahres gesagt. Ein Grundgerüst ja, meint er. Mehr aber auch nicht, „weil wir nur noch selten handschriftlich schreiben“.

Heißt: Mit dem Kompjuter oder Händie kannste ohrtografisch rumferkeln. Das macht das leben Leichter. Das Komma zum beispiel brauchen wir nicht mehr. „Komm wir essen Opa“ klingt auch ohne gut. Es wird noch bässer: Ich darf entlich des Genitiv’s Würde rauben! Wejen dem Apostroph.

Danke, Herr Kretschmann, sie haben mich von einer Lasst befreit. Den Duhden hab ich gleich aus dem Fenster geschmiessen und geniese die totahle befreiung. Das ganze Regelzeug unserer gelobten Kultuhr ist föllig überflüssig, weil ich ja meine Kolummne nicht mit der Hand schreibe. Wenn wir es jetzt noch schaffen, auf die groß- und kleinschreibung zu verzichten, dann wäre das der durchbruch. keine angst. den klassiker (helft den armen vögeln) zitiere ich jetzt nicht. Das wäre mir zu billig. Bleiben’s xund!

Das war schwierig. Ist gar nicht so leicht, richtig falsch zu schreiben…

+++

Lieber vorher als nachher: Reine Korinthenkackerei

Heute will ich mal etwas vorankündigen. Und zwar eine Ankündigung. Mit großer Vorfreude.

Tut mir leid, wenn ich Ihnen lieb gewordene Formulierungen madig mache. Aber eine Vorankündigung ist nun mal die Ankündigung einer Ankündigung. Eine Nachankündigung wäre Quatsch.

Oder die Vorbestellung. Die Bestellung einer Bestellung. Und warum? Weil wir gerne vorplanen. Dabei ist die Planung vor der Planung auch nur eine Planung.

Und was ist eigentlich mit der Vorahnung? Der Ahnung vor der richtigen Ahnung? Ich habe es geahnt. Es wird kompliziert. Deshalb hält sich meine Vorfreude in Grenzen. Ich meine die Freude vor der Freude. Und was ist eigentlich mit der Voruntersuchung? Warum muss die Untersuchung vorher untersucht werden? Ich weiß es nicht.

Mal hören, was mein Vormund sagt.

Reinhard Berger, 20. Juni 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
aus: HNA

Ladas Klassikwelt (c) erscheint jeden Montag.
Frau Lange hört zu (c) erscheint jeden zweiten Dienstag.
Schweitzers Klassikwelt (c) erscheint jeden zweiten Dienstag.
Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Hauters Hauspost (c) erscheint jeden Donnerstag.
Sophies Welt (c) erscheint jeden zweiten Donnerstag.
Lieses Klassikwelt (c) erscheint jeden Freitag.
Der Schlauberger (c) erscheint jeden Samstag
Spelzhaus Spezial (c) erscheint jeden zweiten Samstag.
Ritterbands Klassikwelt (c) erscheint jeden zweiten Sonntag.
Posers Klassikwelt (c) erscheint jeden zweiten Sonntag.

 

Reinhard Berger

Allerleikeiten
Reinhard Berger, geboren 1951 in Kassel, Journalist, Buchautor, Hunde- und Hirnbesitzer.
Vergänglichkeiten: Vor dem Ruhestand leitender Redakteur der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen (HNA).
Herzlichkeiten: verheiratet, zwei Söhne, zwei Schwiegertöchter, drei Enkel, ein Rottweiler.
Anhänglichkeiten: Bach, Beethoven, Bergers Nanne (Ehefrau).
Auffälligkeiten: Vorliebe für Loriot, Nietzsche, Fußball, Steinwayflügel, Harley-Davidson.
Öffentlichkeiten: Schlauberger-Satireshow, Kleinkunstbühne.
Alltäglichkeiten: Lebt auf einem ehemaligen Bauernhof.


www.facebook.com/derschlauberger

Reinhard Berger: Rädzelhaft.
Satirische Rätsel für Ausgeschlafene mit Lexikon für Sprachpanscher.
Wartberg-Verlag

 

2 Gedanken zu „Der Schlauberger 6
klassik-begeistert.de“

  1. Zur Zeit Maria Theresias hat es noch keine allgemeine Rechtschreibung gegeben. Da gab es zwischen den Schulen Differenzen. Eine sehr bekannte, hochgestellte Person, sein Name sei verschwiegen, gestand mir, er würde in der Hinsicht lieber zur Zeit Maria Theresias leben. Eine verbindliche Rechtschreibung ist nicht einmal eine preußische Erfindung. Man wollte dem zentralistisch geprägten Frankreich nicht nachstehen. Eine übertriebene Anwendung von Beistrichen kann als Krücke des Geistes gesehen werden, da die geistige Wendigkeit verloren geht. Ein Universitätsprofessor für Anglistik fand meine Theorie nicht so abwegig die Schwere der Rechtschreibfehler dahingehend zu beurteilen, inwieweit ein Leser anderer Muttersprache, aber mit guten Kenntnissen der jeweiligen Fremdsprache beim Lesen und Verstehen eines Textes behindert wird. Mein Deutschlehrer im Gymnasium legte mehr Wert auf genügend Inhalt als auf Stil und Rechtschreibung. Bitte meinen Kommentar in formaler Hinsicht nicht zu streng beurteilen!

    Lothar Schweitzer

    1. Lieber Herr Schweitzer, vielen Dank für Ihre Gedanken zu meiner Betrachtung. Rächtschreibung ist nötig oder unnötig, je nach Standpunkt der Gesellschaft, in der wir leben.
      Unsere Gesellschaft hat sich nun mal Regeln gegeben, auch für die Kommunikation. Ich finde das sinnvoll, damit nicht der Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet wird. In der Schule zum Beispiel, wo wir das alles lernen, ist es zurzeit sinnvoll, dass sich die Kinder auseinander setzen. Mit dem Grund, Corona, dürfen sie sich dabei gern auseinandersetzen. Auch wenn sie sich nahestehen, dürfen sie in diesen Tagen nicht nahe stehen.
      Ohne Rechtschreibung würde der Sinn gar nicht deutlich. Das ist aber nur eines von tausend Beispielen, das mir gerade so einfiel. Und wie Maria Theresia das ausgedrückt hätte, ist mir ziemlich wurscht.
      Bleiben Sie wachsam und mir gewogen!
      Herzlichst
      Reinhard Berger

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert