Magische Momente in München: Wie locker, leicht Diana Damraus Stimme klingt – Klaus Florian Vogt macht Mut mit der poetischsten Liedzeile des Abends: „auf uns sinkt des Glückes stummes Schweigen“

Diana Damrau, Klaus Florian Vogt  Montagsstück III – Zueignung  Bayerische Staatsoper, München, 16. November 2020

Rezension des Videostreams: Montagsstück III – Zueignung
Fotos: W. Hösl (c)

Den dritte Liedpart beginnt Diana Damrau mit einem Traum durch die Dämmerung. Ihr warmes Timbre ergreift mich mit der Zeile „Ich gehe nicht schnell. Ich eile nicht“. Zart und klar lässt sie diesen Traum ausklingen. Es folgt ein Lied entbrannter Liebe, stürmisch ist jetzt ihre Stimme. Klaus Florian Vogt wirkt in der heimlichen Aufforderung erst sehnsuchtsvoll, dann draufgängerisch, um sehnsüchtig hoffend zu enden. Diana Damrau folgt mit einem nachdenklichen Lied mit der Zeile „das Rad der Zeit, wir greifen kaum hinein“. Und doch, da ist ein kleiner, ein entscheidender positiver Wirk-Moment. Ein Lied voll ausgeprägt gesungener Sehnsucht schließt sich an. Klaus Florian Vogt macht mir Mut mit der für mich poetischsten Liedzeile des Abends „auf uns sinkt des Glückes stummes Schweigen“. Das dem Abend seinen Titel gebende abschließende Duett Zueignung ist strahlend, festlich, voll stimmlicher wie orchestraler Kraft und endet in einem fulminanten „Habe Dank!“

Bayerische Staatsoper, München, 16. November 2020

Musikalische Leitung Asher Fisch
Sopran Diana Damrau
Tenor Klaus Florian Vogt
Bayerisches Staatsorchester
Klarinette Markus Schön
Fagott Holger Schinköthe
Horn Johannes Dengler

von Frank Heublein

Ich empfinde es als ungewöhnlich, denkwürdig neu, schön, ein „großes Orchester“ (im Stream) zu sehen und live zu hören! Die Strauss’sche Zueignung beginnt mit seinem Hornkonzert. Ein alertes lebendiges Hornsignal.

Ich staune über den differenzierten Orchesterklang fürs Ohr, die Möglichkeit den Blick über die unterschiedlichen Musikgruppen schweifen zu lassen (so es die Regie es mich denn lässt). Was muss das für ein – ich hoffe inständig – erfüllendes Gefühl sein, musikalisch auftreten zu dürfen – wenn auch nur so eingeschränkt ganz ohne physisches Publikum?

Im zweiten Satz wiegt mich sanft der wohlige Hornton des Solisten Johannes Dengler auf dem orchestralen Bett. Bevor der dritte Satz dann elegant dynamisch fließend mich beschwingt.

Die ersten Lieder singt Diana Damrau. Wie locker, leicht Ihre Stimme klingt, hör ich es etwa plätschern? Dann singt sie sanft und achtsam. Im Wiegenlied zieht mich Ihre Stimme zart und langsam ins dunkel Schlafende hinab. Um den Part kontrastreich zu beschließen mit einer spielerisch, froh gestimmten, leicht übermütig gesungenen Weise mit der kecken Liedzeile „Leute habt ihr auch so eins? Leutchen, Leutchen, Ihr habt keins!“

Das Interludio der Neubearbeitung von Mozarts Idomeneo ändert die Stimmung aufs Neue. Jetzt wird es dramatisch bedrohlich düster. Da! Die Klarinette traut sich was. Sogleich wird sie eingefangen vom bedrohlichen Orchesterklang. Und traut sich glatt ein zweites Mal aus der orchestralen Deckung. Gewinnt in der Querflöte eine Unterstützerin. Doch mein Gefühl der Bedrohung behält in mir die Oberhand mit der Rückkehr der dunklen Klangfarbe des Orchesters – mit der Macht eines crescendos.

Der zweiten Liedpart dreht die Atmosphäre erneut. Er wird von Klaus Florian Vogt bestritten. Der ein verträumt verführerisches Ständchen singt. Im Gedächtnis bleibt mir die Zeile haften „nur die Liebe ist wach“. Es folgt ein aus dem Halbschlaf mitgenommenes schlaftrunken mir innerlich schönzart erscheinendes Bild des entspannten Glückes. Darauf wird es eine Spur heller, strahlender, kräftiger, musikalisch festlich. Im letzten Lied dann singt Klaus Florian Vogt dann voll, beschwingt, emotional drängend mit breiter Unterstützung des Orchesters.

Klaus Florian Vogt, W. Hösl (c)

Das Duett-Concertino für Klarinette und Fagott mit Streichorchester und Harfe klingt für mich nach einer Entdeckungsreise. Zuerst finden sich Klarinette – Markus Schön – und Fagott – Holger Schinköthe – initiiert durch zarte suchende Läufe der Klarinette, die mich innerlich anrühren. Kurz müssen sich die beiden Instrumente musikalisch zusammenraufen. Meine Spannung steigt durch schnelle solistische Läufe der beiden Soloinstrumente, bei denen mich die dunkle bedächtigere Klangfarbe des Fagotts stärker anspricht. Auf zum nächsten gemeinsamen Streifzug. Eine letzte Biegung. Oha. Das klingt mir doch nach einer Weinschänke, in die die beiden einkehren?!

Den dritte Liedpart beginnt Diana Damrau mit einem Traum durch die Dämmerung. Ihr warmes Timbre ergreift mich mit der Zeile „Ich gehe nicht schnell. Ich eile nicht“. Zart und klar lässt sie diesen Traum ausklingen. Es folgt ein Lied entbrannter Liebe, stürmisch ist jetzt ihre Stimme. Klaus Florian Vogt wirkt in der heimlichen Aufforderung erst sehnsuchtsvoll, dann draufgängerisch, um sehnsüchtig hoffend zu enden. Diana Damrau folgt mit einem nachdenklichen Lied mit der Zeile „das Rad der Zeit, wir greifen kaum hinein“. Und doch, da ist ein kleiner, ein entscheidender positiver Wirk-Moment. Ein Lied voll ausgeprägt gesungener Sehnsucht schließt sich an. Klaus Florian Vogt macht mir Mut mit der für mich poetischsten Liedzeile des Abends: „auf uns sinkt des Glückes stummes Schweigen“. Das dem Abend seinen Titel gebende abschließende Duett Zueignung ist strahlend, festlich, voll stimmlicher wie orchestraler Kraft und endet in einem fulminanten „Habe Dank!“

Das Orchester ist hervorragend aufgelegt. Die wechselnden unterschiedlichen Stimmungen werden atmosphärisch exzellent getroffen. Diana Damrau und Klaus Florian Vogt mit ihren souveränen Stimmen vermögen die emotionalen Details der kurzen Strauß Lieder pointiert herauszukitzeln. Diana Damraus stimmliche Präsenz umfängt mich dabei einen Hauch stärker als die des Klaus Florian Vogt.

Frank Heublein, 17. November 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Montagsstück II: Barocco Bayerische Staatsoper, München, 9. November 2020

Richard Strauss, Hornkonzert Nr. 1 Es-Dur op. 11
Das Bächlein op. 88 Nr. 1
Meinem Kinde op. 37 Nr. 3
Wiegenlied op. 41a Nr. 1
Muttertändelei op. 43 Nr. 2
Interludio aus dem 2. Akt der Neubearbeitung von Mozarts Idomeneo
Ständchen op. 17 Nr. 2
Freundliche Vision op. 48 Nr. 1
Liebeshymnus op. 32 Nr. 3
Cäcilie op. 27 Nr. 2

Duett-Concertino für Klarinette und Fagott mit Streichorchester und Harfe
Traum durch die Dämmerung op. 29 Nr. 1
Das Rosenband op. 36 Nr. 1
Heimliche Aufforderung op. 27 Nr. 3
Winterweihe op. 48 Nr. 4
Allerseelen op. 10 Nr. 8
Morgen op. 27 Nr. 4
Zueignung op. 10 Nr.1

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