Exzellenz aus München: Dieser Abend hat Wucht, ist Kraft, ist Lust, ist Energie!

Montagsstück IV – Come Ti Piace  Bayerische Staatsoper, München, 23. November 2020

Den Sängerinnen und Sängern des Opernstudios platzt die Lust am Gesang und Spiel aus jeder Pore. Unbändige aber jederzeit kontrollierte Kraft. Ein großes Vergnügen!

Rezension des Videostreams: Montagsstück IV – Come Ti Piace

Foto: Hösl (c) Yajie Zhang

Bayerische Staatsoper, München, 23. November 2020

Solistinnen des Opernstudios:
Eliza Boom (Spran), Sarah Gilford (Sopran), Juliana Zara (Sopran), Yajie Zhang (Mezzosopran)
Solisten des Opernstudios:
Andres Agudelo (Tenor), Andrew Hamilton (Bariton), James Ley (Tenor), Theodore Platt (Bass), Christian Valle (Bass), George Vîrban (Tenor)
Pianist:in:
Ewa Danilewska, Michael Pandya

von Frank Heublein

Ich teile dieses Mal meine Eindrücke schön der Reihe nach. Denn jedes einzelne Stück ist so besonders in der Ausführung. Bleibt etwas haften in mir.

In Come ti piace imponi ist mein erster Gedanke der sich zum allumfassenden Eindruck prägt: welche Klarheit und Kraft liegen in diesen beiden Stimmen von Sopran Eliza Boom und Mezzosopran Yajie Zhang. Wow!

In Se all´impero singt sich Tenor James Ley zur Entschlossenheit. Zur Entscheidung. Ihm gelingt diese atmosphärische Veränderung in seiner Stimme famos.

In Vengo… aspettate… Sesto! vermögen Yajie Zhang und Bass Christian Valle den ungestümen Sopran der Eliza Boom nicht zu bremsen.

In S’ altro che lacrime fasziniert mich Sarah Gilford mit ihrem warmen unangestrengten Sopran.

In Tu, è ver, m´assolvi zeigen Eliza Boom, Juliana Zara, Sarah Gilford, Yajie Zhang, James Ley, Christian Valle, welch Harmonie in diesem Opernstudio Ensemble steckt. Die Stärken der Stimmen setzen alle Sängerinnen und Sänger so kontrolliert ein, dass jede – andere – Stimme für mich gefühlt zum vollendet abgestimmten Tragen kommt. Diese Achtsamkeit, damit wird in diesem Stück das Ensemble zum Star.

Nationaltheater, München: Ionischer Saal. Foto (c): W. Hösl

In Faites- lui mes aveux macht mich Yajie Zhang zu einem endgültigen leidenschaftlichen Fan. Ich staune einfach nur ob ihrer Stimme, die schon so erfahren, so wissend klingt im Umgang. Sie singt ihr Können auf den Punkt genau heraus. Die eher dunkle Note ihres Mezzos ist für mich ein ganz besonderer Touch. Ich lechze nach mehr.

In Prenez mon bras zeigen Sarah Gilford, Yajie Zhang, Andres Agudelo und Christian Valle zu zweit oder zu viert, wie grandios sie harmonisch aufeinander achten, ihre Stimmenpower kontrolliert einbringen. In jedem Sekundenbruchteil passt das exakt zu der oder den anderen Stimmen. Ich bin fasziniert.

In Il se fait tard zeigen Sarah Gilford und Andres Agudelo ein besonders intensives Spiel, welches die Stimmen vortrefflich in Szene setzt. Atmosphärisch dicht wechseln die Gefühlszustände, mal zärtlich, mal ängstlich, mal anschmiegend. Das höre ich, das sehe ich. Wunderbar.

In Udite… Bella siccome un angelo singt Theodore Platt eigentlich ein Solo, kraftvoll fließend ist sein Bass.

In Ah! Un foco insolito bekomme ich Christian Valles Bass im direkten „Vergleich“. Ganz anders wirkt seine Stimme im Vergleich zu der von Platt. Er besitzt eine unglaubliche Resonanz und Fülle.

In Prender moglie! zeigen George Vîrban und Christian Valle Spielspaß. Witzig, wie der Bass per Stimme den Tenor ein paar Schritte zurückwirft. Ich fühle regelrecht den Windstoß und taumele mit Vîrban zurück. Das Duett zeigt einmal mehr die perfekte Abstimmung zwischen den beiden Stimmen, egal welche Stärke gerade gefordert ist.

Pronta io son singen Juliana Zara und Theodore Platt die schönste Verhandlung, das schönste Ränkeschmieden des Abends. Spitzbübisch, keck, ränkeschmiedend sind die beiden.

Komm mit mir zum Souper wendet Bariton Andrew Hamilton Überredenskünste bei Tenor James Ley an. Perfekter Spielspaß in zwei Stimmen ohne hörbare Volumengrenzen.

© Wilfried Hösl, Bayerische Staatsoper – Nationaltheater

In Klänge der Heimat zeigt Eliza Boom die ganze glänzende Strahlkraft ihres Soprans.

Im Feuerstrom der Reben verschmelzen alle Stimmen erneut zu einem exzellenten Ensemble. Ich stoße an auf dieses energetische Opernstudio, das eine große Harmonie, eine perfekte gegenseitige Achtsamkeit in ihrem Singen ausstrahlt.

Das Ensemble setzt noch einen drauf in Brüderlein und Schwesterlein. Ich bin dermaßen überrascht, dass da noch mehr geht, es noch eine Steigerung zum Vorstück gibt in Sachen harmonischer Geschlossenheit. Perfekt bis ins abschließende Crescendo! Grandios!

Dieser Abend hat Wucht, ist Kraft, ist Lust, ist Energie! Den Sängerinnen und Sängern des Opernstudios platzt die Lust am Gesang und Spiel aus jeder Pore. Unbändige aber jederzeit kontrollierte Kraft. Ein großes Vergnügen!

Bemerkenswert sind die Unterschiede der Art der Stimmen. Selbst wenn die Stimmlage dieselbe ist, so erkenne ich, wie jede ihre und jeder seine Stimme auf ihre oder seine Weise anders und eben gerade für mich und heute perfekt singt. Die Stärken treten hervor, das Sonore, das elegant Fließende. Das klare strahlende. Oder leicht und besonders unangestrengt. Alle Stimmen des heutigen Abends brillieren auf ihre ganz eigene, ihre besondere Weise. Niemand behaupte nach diesem Abend, die Stimmen einer Stimmlage klängen alle gleich!

Frank Heublein, 23. November 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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