von Peter Sommeregger
Foto: wikipedia.de ©
Der am 17. Mai 1906 im kroatischen Zagreb geborenen Zinka Kunc wurde es wahrhaftig nicht an der Wiege gesungen, dass sie eines Tages über einen längeren Zeitraum die ungekrönte Königin der Metropolitan Opera in New York sein würde. Zwar entschied sie sich schon früh für ein Gesangstudium an der Musikakademie ihrer Heimatstadt, wurde in ihren Ambitionen auch von ihrem Bruder, dem Komponisten und Pianisten Božidar Kunc, bestärkt. Aber der Weg aus der Provinz der Donaumonarchie in die Musikzentren Europas und der Welt war kein leichter.
In den ersten Jahren ihrer Bühnenkarriere sang sie ihre späteren Glanzpartien noch in serbokroatischer Sprache, was ein späteres erneutes Studium für die Sängerin bedeutete. Ihre Gesangslehrerin war Milka Ternina, die selbst einst ein gefeierter Star der Metropolitan Opera gewesen war. Mit dem weltberühmten Dirigenten Arturo Toscanini verband sie seit dieser Zeit eine enge Freundschaft. Bei einem Besuch in Zagreb bat Toscanini Ternina, ihm ihre beste Schülerin vorzustellen. Das war Zinka Kunc, und Toscanini erkannte sofort das großartige Potential dieser Künstlerin.
Er verpflichtete sie für den Sopranpart in einer Aufführung von Verdis „Requiem“ 1937 in Salzburg. Dieser Auftritt bedeutete für die Künstlerin den internationalen Durchbruch. Die Wiener Staatsoper streckte die Fühler nach ihr aus, es kam aber nicht zu mehr als einem Gastspiel als Aida und Tosca. Toscanini, damals bereits in New York lebend, sorgte für ihre Verpflichtung an die Metropolitan Opera. Er besetzte sie aber auch gerne als Solistin in seinen Orchesterkonzerten, so z.B. im Verdi-„Requiem“ und in Beethovens „Missa solemnis“.
Der Schwerpunkt von Zinka Milanov, wie sie sich inzwischen nach ihrem Ehemann nannte, lag auf dem italienischen Repertoire, wie „Aida“, Leonora in „Troubadour“ und „Forza del destino“, Amelia im „Maskenball“. Häufig trat sie mit dem schwedischen Tenor Jussi Björling auf, der Mitschnitt einer „Maskenball“-Aufführung von 1940 ist erhalten, und das Duett der beiden im zweiten Akt gilt bis heute als eine Sternstunde des Operngesangs. Milanov genoss ihre besondere Stellung an der Met, ohne alle Bescheidenheit sprach sie gerne von ihrer Stimme als der schönsten der Welt, womit sie zu dieser Zeit nicht einmal unrecht hatte. Das samtig-cremige Timbre ihres leuchtenden Soprans ist tatsächlich von betörendem Wohlklang.
In den 1940er- Jahren kehrte Milanov aus persönlichen Gründen zweimal in ihre kroatische Heimat zurück, setzte danach aber wieder ihr Engagement an der Met fort. Neben ihren Opernauftritten gab sie auch Liederabende, dabei bevorzugt begleitet von ihrem Bruder Božidar Kunc. Bei einem solchen Liederabend 1964 in Detroit brach Kunc auf dem Podium tot zusammen. Ihre Bühnenkarriere beendete Zinka Milanov 1966 mit der Maddalena in Giordanos „Andrea Chénier“. Hört man den Mitschnitt dieser Aufführung, kann man feststellen, dass Milanovs Stimme auch zu diesem Zeitpunkt noch makellos schön und technisch sicher war.
Bis zu ihrem Tod 1989 unterrichtete sie in New York und war eine gesuchte Ratgeberin für Fachkolleginen, so z.B. für Christa Ludwig. Ihre Stimme ist auf einigen Studioaufnahmen erhalten, noch reizvoller sind allerdings die zahlreichen Live-Mitschnitte, die auf dem Graumarkt kursieren. Milanov stand für einen im besten Sinne altmodischen Stil der Primadonna. Sie hütete ihre Stimme ängstlich vor allen Experimenten und hielt ihr Repertoire bewusst klein. Man muss lange suchen, um eine ihr ebenbürtige Leonora oder Tosca zu finden!
Peter Sommeregger, 16. Mai 202, für
klassik-beistert.de und klassik-begeistert.at