Sommereggers Klassikwelt 106: Der smarte Verführer – Ruggero Raimondi zum 80. Geburtstag

Sommereggers Klassikwelt 106: Der smarte Verführer – Ruggero Raimondi zum 80. Geburtstag

von Peter Sommeregger

Foto: pindelski.org ©

Auch charmante Verführer und Schurken sind nicht gegen das Altern gefeit. Also feiert der unverwüstliche italienische Bass Ruggero Raimondi am 3. Oktober seinen 80. Geburtstag.

In Bologna als Sohn eines Fabrikanten geboren, verfolgte der junge Ruggero zielstrebig seinen Weg zum Operngesang und zu einer großen internationalen Karriere. Nach Gesangstudien in Rom und Mailand debütierte er 1964 in Spoleto. Bereits im nächsten Jahr wurde er mit nur 24 Jahren an das Teatro la Fenice in Venedig engagiert, dem er mehrere Jahre treu blieb. Ab 1968 sang er an der Mailänder Scala ein breites Repertoire. Seine Weltkarriere war nicht mehr aufzuhalten, in den folgenden Jahren gab es praktisch kein internationales Opernhaus an dem Raimondi nicht erfolgreich aufgetreten wäre.

Ungewöhnlich an seine Karriere war, dass er gleichermaßen in ernsten und heiteren Rollen überzeugen konnte. Seinem urkomischen Don Basilio in Rossinis Barbier stand der ernste Procida in Verdis Sizilianischer Vesper gegenüber, Mozarts Figaro hat er ebenso interpretiert wie den Alfonso in Così fan tutte und den Don Giovanni. Für letztere Rolle prädestinierte ihn sein blendendes Aussehen, das ihn zum „Latin Lover“ vom Dienst machte. Ich habe selbst erlebt, dass er in Münchner Don Giovanni-Aufführungen die Champagnerarie da capo singen musste, anders war das begeisterte Publikum nicht zu beruhigen.

Sein schauspielerisches Talent und sein gutes Aussehen führten zu seiner Verpflichtung für mehrere Opernfilme. Neben einem Boris Godunow und einem Escamillo in Carmen war es vor allem der Don-Giovanni-Film des Regisseurs Joseph Losey, der anlässlich des 250. Geburtstages Mozarts in die Kinos kam und die Popularität des Sängers noch einmal erheblich steigerte. Als Baron Scarpia war Raimondi Teil des Tosca-Filmprojekts von Giuseppe Patroni Griffi, das Anfang der 1990er Jahre Puccinis Oper nicht nur an den römischen Originalschauplätzen wie Palazzo Farnese und Engelsburg drehte, sondern auch die im Libretto angegebenen Tageszeiten berücksichtigte. Dadurch wurden die unterschiedlichen Lichtverhältnisse erreicht, was dem Film zusätzliche Authentizität verlieh. Auch in weiteren Tosca-Verfilmungen wirkte Raimondi mit, jene aber mit Plácido Domingo, Catherine Malfitano und Zubin Mehta als Dirigent ist doch die spektakulärste Version.

Ruggero Raimondi ist auch auf Tonträgern gut dokumentiert. Neben zahlreichen Verdi-Partien nahm er den Don Giovanni, den Figaro-Grafen, Puccini-Partien, französisches Repertoire, das Verdi-Requiem und mehrere Arienplatten auf. Seine mächtige, dabei aber warm timbrierte Bass-Stimme ist unverwechselbar und er zählt zu den großen Interpreten des späten 20. Jahrhunderts und darüber hinaus. Noch 2005 konnte man ihn als durchtriebenen Don Alfonso in Chereaus Così fan tutte bei den Festspielen von Aix-en-Provence erleben. Seit den 1990er Jahren betätigt sich der Sänger auch als Regisseur und gibt seine reiche Erfahrung an eine neue Sänger-Generation weiter.

Sein Privatleben hat Ruggero Raimondi konsequent von der Öffentlichkeit  fern gehalten. Man weiß lediglich, dass Herr Raimondi aus zwei Ehen vier Söhne hat. Zur Ergänzung seien hier die beiden Bücher über Herrn Raimondi von Faggioni und Leone Magiera genannt.

Zu seinem 80. Geburtstag sei ihm herzlich gratuliert!

Peter Sommeregger, 29. September 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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