Vivaldi
Stabat Mater
Jakub Józef Orliński
Capella cracoviensis
Jan Tomasz Adamus
Erato 0190295060701
von Peter Sommeregger
Der gefeierte polnische Countertenor Jakub Józef Orliński hat sich mit dieser Einspielung von Vivaldis Sakralwerk selbst einen lange gehegten Wunsch erfüllt. Er hatte das Stück schon mehrfach in Konzerten gesungen, zu der Plattenaufnahme kam es erst durch die in der Corona-Pandemie plötzlich zur Verfügung stehende Zeit.
Mit dem Ensemble Capella cracoviensis unter dem Dirigenten Jan Tomasz Adamus fanden die Tonaufnahmen im Juli 2020 in einem Krakauer Theater statt. Die Raumakustik scheint nicht ideal zu sein, es stellt sich ein etwas halliger Effekt ein, Orlińskis Stimme, die reich an Obertönen ist, kommt nicht optimal zur Geltung.
Entfaltung für seine traumhaft schöne, in den höchsten Lagen förmlich aufblühende Stimme bietet diese Komposition Vivaldis reichlich. Ausdrucksvoll und tiefgründig interpretiert er den Text und findet zu einer getragenen, feierlichen Gesangslinie. Das auf Instrumenten der Zeit spielende Krakauer Ensemble unterstützt ihn dabei adäquat. Man kann die Einspielung als sehr gelungen bezeichnen.
Orliński wollte sich aber auch noch auf einer anderen Ebene mit dem Stück auseinandersetzen. Nach seinen Vorstellungen entstand eine Video-Produktion mit der Produktionsfirma Dobro Films. Diese hinterlässt den Betrachter etwas ratlos. Erzählt wird, untermalt von der Musik Vivaldis eine blutrünstige, kryptische Geschichte über mehrfachen Mord und die Verfolgung des Mörders durch Orliński. Auch bei längerem Nachdenken erschließt sich der Bezug zur Stabat Mater nicht, das Video bleibt eher rätselhaft, vor allem aber verstörend. Dieses „Anhängsel“ der Tonaufnahme wäre durchaus verzichtbar gewesen, schmälert aber die gesangliche Leistung des großartigen Countertenors nicht. Erneut behauptet er sich damit in der Spitzenklasse der aktuellen Countertenöre.
Peter Sommeregger, 16. März 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Georg Friedrich Händel, „Theodora“, Royal Opera House London, 7. Februar 2022