Foto: Brinkhoff /Mögenburg (c)
Richard Wagner, Der Fliegende Holländer, Staatsoper Hamburg,
21. Februar 2018
ein Rückblick von Ulrich Poser
Soviel anarchische Begeisterung hat man in der Hamburgischen Staatsoper schon lange nicht mehr erlebt: Applaus nach der Ouvertüre, Szenenapplaus nach der großen Holländerarie. Der altbackene Wagnerianer schüttelt bei solchem Klatschverhalten à la Tosca den Kopf; der Liebhaber der wagnerschen Musik freut sich, dass es mit der Hamburgischen Staatsoper nach dem bösen Showdown durch Frau Young endlich wieder aufwärts geht. Hamburg wacht auf.
John Lundgren präsentierte sich in der Titelrolle in überragender Form: Sehr gute Textverständlichkeit, eine heldische, klare und sehr schöne Bassstimme, die auch den letzten Winkel im 4. Rang mühelos erreicht und sein zur Rolle passendes kaltes und gleichsam gruseliges Schauspiel erweckten den toten Fliegenden Holländer zum Leben. Bereits die Antrittsarie „die Frist ist um“ ließ dem Rezensenten wohlige Schauer über den Rücken laufen. Dies lag natürlich auch der Musik des Meisters, der hier zum ersten Mal in seinem Leben durchgehend Geniales schuf: Holländer ja, Rienzi nein.
Den zweiten Höhepunkt des Abends lieferte Günther Groissböck als Daland. Stimmlich ebenso talentiert und überzeugend wie John Lundgren hätte er mit seinem Killerbass in der Titelrolle bestimmt ebenso brilliert. Es war die pure Freude zuzusehen und vor allem zuzuhören, wie der geldgeile Vater seine Tochter an den finsteren Gespenstermann aus der Meerestiefe für ein paar Perlen verscherbelt. #Me too gab es also 1843 schon.
Ein Aufruf an die Intendanz der Hamburgischen Staatsoper muss an dieser Stelle sein: Lieber Herr Delnon, bitte holen Sie Lundgren und Groissböck öfters nach Hamburg! Solche Sänger sorgen für die 1. Liga. Und da gehört die Hamburgische Staatsoper endlich wieder hin!
Auch die übrige Besetzung war an diesem Abend durchwegs erfreulich: Sergei Ababkin sang einen hervorragenden Steuermann mit leuchtendem Tenor, Daniel Behle einen wunderbaren Erik mit schier grenzenloser tenoraler Höhe. Herrn Behle möchte man anraten, sich noch ein paar Jahre mit Mozart zu schonen und nicht von rücksichtslosen Agenten und Häusern zu früh in die schweren Partien treiben zu lassen. Dieser Mann (derzeit auch ein 1A-David in Bayreuths Meistersingern) ist ein sehr hoffnungsvoller Lohengrin- und Parsifalanwärter mit großen internationalen Karrierechancen. Nur bitte: Zeit lassen!
Da auch die Senta von Ingela Brimberg mit höhensicherem Sopran überzeugt hat, ein rundum gelungener Wagnerabend, zu dem auch das flotte Dirigat von Johannes Fritzsch beitrug. Im Gegensatz zum kürzlich erfolgten etwas bruchstückhaften Walküre-Dirigat seines Kollegen Kent Nagano, lieferte Fritzsch Wagner aus einem Guss.
Ulrich Poser, 12. März 2018
für klassik-begeistert.de