Sommernachtsgala Wolkenturm Grafenegg 2023: Fernsehaufzeichnung ließ keine Stimmung aufkommen

Sommernachtsgala 2023, Tonkünstler-Orchester Niederösterreich, Dirigent Yutaka Sado  Wolkenturm Grafenegg, 22. Juni 2023

Foto: Grafenegg 2023 © Lisa Edi

Sommernachtsgala 2023

Wolkenturm Grafenegg, 22. Juni 2023

Werke von Carl Maria von Weber, Richard Wagner, Antonín Dvořák, Giacomo Puccini, Jules Massenet, Giuseppe Verdi, Sergej Prokofiew und Ruggero Leoncavallo

Asmik Grigorian, Sopran
Eric Cutler, Tenor
Gautier Capuçon, Violoncello

Tonkünstler-Orchester Niederösterreich
Dirigent: Yutaka Sado

 

von Herbert Hiess

Seit 2007 gibt es schon den Grafenegger Sommer und hier konnte man bis dato wunderbare und hochklassige Aufführungen erleben. Auch die Sommernachtsgala mehr oder minder pünktlich zur Sommersonnenwende ist immer wieder ein Fest, auf das man sich freuen kann.

Abgesehen von der persönlichen Befindlichkeit des Schreibers dieser Zeilen hatte man dieses Jahr 2023 fast das Gefühl, eine Art Komparse einer rein fürs Fernsehen ausgerichteten Veranstaltung zu sein. Da „wuselten“ Regieassistenten, Helfer usw. mitten in der Szenerie herum und störten öfters sogar den Ablauf des Konzertes.
Das dichte Programm erforderte einen raschen Wechsel der Protagonisten; so war es oft schon fast komödiantisch anzusehen, wie sich die drei Solisten noch am Podium die Hand gaben. Das erinnerte an die Übergabe bei einem Staffellauf.

Wenn man das mit der Zeit ausblenden konnte, war es beinahe wie bei früheren Aufführungen. Nach den üblichen gegenseitigen Schmeicheleien zwischen Politik und Kunst und mehr oder minder geistreichen Einlagen der Kommentatorin Teresa Vogl konnte man sich dann vollends auf die Musik konzentrieren.

Der Noch-Chef der Tonkünstler Yutaka Sado (nur mehr bis 2025) führte wie immer souverän durch das Programm; das Orchester war auf höchstem Niveau; es ist bei der Open-Air-Akustik oft schwer, die Balance zwischen den Instrumentengruppen zu halten.

Die Solisten waren hochkarätigst besetzt – mit der Litauerin Asmik Grigorian, dem Amerikaner Eric Cutler und einem der weltbesten Cellisten, dem Franzosen Gautier Capuçon.

Gleich zu Beginn nach der Weberschen Ouvertüre zu „Euryanthe“ kam Eric Cutler mit der Gralserzählung aus Wagners „Lohengrin“ aufs Podium – das war auch gleichzeitig der vokale Höhepunkt des Abends. Da konnte man sich noch an die traumhafte Aufführung bei den Osterfestspielen 2022 erinnern (https://klassik-begeistert.de/richard-wagner-lohengrin-osterfestspiele-salzburg-2022-grosses-festspielhaus-18-april-2022/), wo der sympathische Amerikaner gemeinsam mit Christian Thielemann Triumphe feiern konnte.

Cutler sang traumhaft wortdeutlich; man konnte direkt mitschreiben. Und genauso wirkungsvoll wie 2022 die fast gehauchten Pianos und die wunderbare Phrasierung. Leider konnte der Fast-Heldentenor beim italienischen und französischen Repertoire nicht ganz so  überzeugen. Oft fehlte der gewisse Schmelz und die Phrasierung. Das fiel vor allem bei der Massenet Arie „Ô Souverain…“ auf.

Mit Asmik Grigorian wurde eine der heute führenden Sopranistinnen aufs Podium gebracht. Diese Sängerin hat eine wundervolle und silbrig klare Stimme und brillierte sowohl beim slawischen Repertoire (Dvořáks „Rusalka“) als auch beim italienischen. Was bei ihr auffiel, dass sie alle Nummern mit einer gewissen Distanz sang.

Gerade bei der Arie der Madama Butterfly „Un bel dì vedremo“ merkte man das besonders; da hätten ein par Pianissimi dabei sein können. Das sollte man bei einer Weltklassesängerin schon verlangen können.

Ein treuer Gast in Grafenegg ist der exzellente französische Cellist Gautier Capuçon. An diesem Abend spielte er gemeinsam mit den Tonkünstlern den dritten Satz von Dvořáks Cellokonzert und eine fast eigentümlich wirkende Bearbeitung von Prokofjews Ballett „Romeo und Julia“. Bei dem „Tanz der Ritter“ spielte er zu Beginn das Hauptthema des Tanzes gemeinsam mit Klavierbegleitung; später setzte nach und nach das gesamte Orchester ein. Jérôme Ducros war der Bearbeiter dieses Arrangements.

Warum man Capuçon nicht ein „dankbareres“ Stück aufführen ließ, ist fraglich. Letztlich ist dieser „Tanz der Ritter“ für Cello nicht wirklich geeignet; die Bearbeitung war zwar hochprofessionell – letztlich war der Eindruck dann eher nicht so groß.

Die Schlussnummer der Gala war das Duett Otello-Desdemona aus Verdis „Otello“. Hoch professionell gesungen; hier hatte Cutler dann doch nicht die absolut geeignete Stimme dafür. Asmik Grigorians Desdemona kam etwas distanziert rüber. Auch dieses Duett hinterließ eher wenig Eindruck.

Alles in allem eine gelungene Sommernachtsgala,  die leider keinen Spitzenplatz einnehmen wird.

Herbert Hiess, 23. Juni 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Richard Wagner, Lohengrin, Osterfestspiele Salzburg 2022, Großes Festspielhaus, 18. April 2022

Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Asmik Grigorian, Matthias Goerne, Dirigent Tarmo Peltokoski Elbphilharmonie, 22. März 2023

Pittsburgh Symphony Orchestra, Gautier Capuçon , Violoncello, Manfred Honeck , Dirigent Auditorium Grafenegg, 22. August 2022

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