Musikverein Wien, 15. Mai 2018
Sir John Eliot Gardiner, Dirgent
English Baroque Solists
Monteverdi Chor
Julia Doyle , Sopran
Reginald Mobley, Countertenor
Matthew Brook, Bassbariton
Johann Sebastian Bach, Kantaten
von Charles E. Ritterband
Der Altmeister der Barockmusik, Sir John Eliot Gardiner, begeisterte kurz nach seinem 75. Geburtstag im Wiener Musikverein ein kundiges Publikum. Gardiner dirigierte die von ihm gegründeten und seither geleiteten English Baroque Solists – einem der weltweit führenden Orchester auf historischen Instrumenten – begleitet von dem ebenfalls von ihm geschaffenen Monteverdi Choir. Gardiner ist längst zum Idol für Kenner authentischer Barockmusik geworden, und das großartige Konzert im Musikverein rechtfertigte einmal mehr den Enthusiasmus von Gardiners internationaler Anhängerschaft.
Im prachtvollen Goldenen Saal präsentierte Gardiner mit seinem Orchester und seinem Chor sowie handverlesenen Solistinnen und Solisten erster Kategorie die berühmtesten Kantaten von Johann Sebastian Bach. Unbestreitbarer Höhepunkt des Programms war der Choral „Was Gott tut, das ist wohlgetan“, begleitet von einem kristallklaren, ja geradezu himmlischen Trompetensolo auf der Orgel-Empore (Neil Brough, Trompete) .
Die weiteren Höhepunkte dieses sehr bemerkenswerten Konzerts waren das berühmte Duetto zwischen Sopran und Alt aus der Kantate BWV 78 „Jesu, der du meine Seele“. Unvergleichlich, wie Bach hier den Text „Wir eilen mit schwachen, doch emsigen Schritten“ in Musik umsetzt, die hier tatsächlich mit raschen Schritten voraneilt. In höchster Subtilität harmonierten die beiden Sängerinnen, herausragend die aus dem englischen Lancaster stammende Sopranistin Julia Doyle, die das rasch „voranschreitende“ Duett mit äußerster Präzision und gleichzeitig einer klaren, wohlklingenden Stimme darbrachte. Sie bot dem Publikum eine weitere Sternstunde im nächsten Duett, in der Kantate „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ (BWV 140), diesmal mit dem international bekannten Bassbariton Matthew Brook, dessen Stimme Wärme und Tiefe vermittelte und im kontrastreichen Zweiklang perfekt mit dem hellen Klang seiner Partnerin Julia Doyle harmonierte.
Meisterhaft zügelte John Eliot Gardiner seine English Baroque Solists, wenn diese Solisten zu begleiten hatten. Nie drängte sich das Orchester mit seinem unvergleichlichen Wohlklang in den Vordergrund, nie bedrängte es Sängerinnen und Sänger. Umso kräftiger holte es Gardiner in den reinen Orchesterpartien aus der Reserve.
Charles E. Ritterband, 18. Mai 2018, für
klassik-begeistert.de