Zu Beginn dämpft die Dämmrung jeden Ton, doch am Ende geht hell in Strahlenlockenpracht die Sonne auf

Petr Popelka conducting © Werner Kmetitsch

Die “Gurre-Lieder” im Musikverein, und das noch an Arnold Schönbergs hundertfünfzigstem Geburtstag! Die Wiener Symphoniker unter Petr Popelka, exzellente Solostimmen und drei Chöre bescherten uns ein berauschendes Klangerlebnis. Eine Huldigung also, die großartiger nicht hätte ausfallen können.

Arnold Schönberg
“Gurre-Lieder” für Soli, Chor und Orchester
Text von Jens Peter Jacobsen in der Übersetzung von Robert Franz Arnold

Waldemar: Michael Weinius
Tove: Vera-Lotte Boecker
Waldtaube: Sasha Cooke
Klaus Narr: Gerhard Siegel
Bauer: Florian Boesch
Sprecherin: Angela Denoke

Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
Künstlerische Leitung: Johannes Prinz

Slowakischer Philharmonischer Chor
Künstlerische Leitung: Jan Rozehnal

Ungarischer Nationaler Männerchor
Künstlerische Leitung: Richard Riederauer

Einstudierung: Zoltán Pad

Wiener Symphoniker
Dirigent: Petr Popelka

Musikverein Wien, Großer Saal, 13./14.9.2024

von Dr. Rudi Frühwirth

Der “Gurresange” des dänischen Dichters Jens Peter Jacobsen ist eine lyrische Fassung der mittelalterlichen Sage um König Waldemar und seine Geliebte Tove. Schönberg lernte die deutsche Übersetzung im Jahr 1899 kennen und entschloss sich sofort zu einer Vertonung. Aus dem zunächst konzipierten Liederzyklus für Gesang und Klavier entstand schließlich das Werk, wie wir es heute kennen: ein gewaltiges Oratorium, das neben den Symphonien von Gustav Mahler als ein Gipfel der Spätromantik steht.

Schönbergs Vertonung ist charakterisiert durch eine noch tonale, aber bis zum Äußersten gespannte Harmonik und durch ungewohnte, überraschende Verschiebungen der tonalen Zentren. Der Einfluss Wagners und speziell von “Tristan und Isolde” ist hier offensichtlich. Interessanterweise weist auch die Textvorlage Bezüge zu Wagners “Tristan” auf, obwohl Jacobsen die Oper in aller Wahrscheinlichkeit nicht gekannt hat. „Arnold Schönberg, “Gurre-Lieder” für Soli, Chor und Orchester, Wr. Symphoniker, Petr Popelka
weiterlesen

Was Mäkelä kann, schafft William Garfield Walker auch

William Garfield Walker © Andrej Grilic

Ein Dirigent lässt auf sich warten. Blick nach links, Blicks nach rechts, doch keine Spur von William Garfield Walker. Als der großgewachsene Afroamerikaner verspätet erscheint, ist die Überraschung groß: ein Cello unterm Arm, statt Dirigentenstab zwischen den Fingern. „It was just an experiment“, gesteht Walker, der vor sieben Jahren komplett aufs Dirigieren umgesattelt hat. Ladies first, heißt es deshalb im Brahms-Saal des Musikverein Wien. Cellistin Liina Leijala gibt bei Vivaldis g-Moll Doppelkonzert den Ton an.

William Garfield Walker
Wiener Kaiser Orchester

Musikverein Wien, Brahms Saal, 14. Juli 2024

von Jürgen Pathy

„Byron, so wie Lord Byron“, stellt sich der junge Asiate neben mir vor. Pianist sei er, zugleich auch Konzertveranstalter und ein entfernter  Bekannter von William Garfield Walker. Gemeinsam hatten wir zuvor noch unsere Karten gesucht. An der Abendkasse, wo man sie für uns hinterlegt hatte. Ivo Pogorelich habe schon zugesagt für die Konzerte, die er im Eroica-Saal über den Sommer veranstalten möchte.

„Wiener Kaiser Orchester, William Garfield Walker
Musikverein Wien, Brahms Saal, 14. Juli 2024“
weiterlesen

Die Radikalität von Beethoven: Martin Haselböck leuchtet tief in die Vergangenheit

Foto: © Orchester Wiener Akademie © Andrej Grilc

Es wird länger gestimmt als üblich. Ein Zeichen für historische Instrumente, die im Musikverein Wien bestens platziert sind. Akustik: göttlich! Beethovens „Egmont“ leuchtet unter Martin Haselböcks Dirigat und dem Orchester Wiener Akademie fast heilig. Bei der Fünften wird es eine Grenzerfahrung. Damit sprengt Beethoven die Möglichkeiten seiner Zeit.

Ludwig van Beethoven
„Egmont“, op. 84
Symphonie Nr. 5 c-Moll, op. 67

Orchester Wiener Akademie
Martin Haselböck, Dirigent
Thomas Hampson, Sprecher
Ekaterina Protsenko, Sopran

Musikverein Wien, Goldener Saal, 2. Juni 2024

von Jürgen Pathy

„So muss das von den Farben her klingen!“. Lob und Anerkennung aus dem Munde einiger, nachdem der letzte Ton verklungen ist. „Die Hörner sind auch toll“, strahlt man in den Gängen. Faszination pur, nachdem Martin Haselböck vor allem eines geliefert hat: Neue Einblicke, tiefgreifende Erkenntnisse, wie revolutionär das damals gewesen sein muss.

„Orchester Wiener Akademie, Martin Haselböck, Dirigent Thomas Hampson, Sprecher
Musikverein Wien, Goldener Saal, 2. Juni 2024“
weiterlesen

Ein Dirigent führt sein Orchester mit Musikalität und Charisma zu einer großen Leistung

William Garfield Walker © Andrej Grilc

Nach diesem höchst gelungenen Abend bin ich sicher, dass wir von William Garfield Walker noch viel hören werden. Ich hoffe, dass sich ihm in Wien auch bald die großen Säle öffnen – verdient hätten er und sein Orchester es allemal. Die nächsten Konzerte des Nova Orchester Wien (NOW!) werde ich jedenfalls nicht versäumen.

Samuel Barber
First Essay for Orchestra, op. 12

Robert Schumann
Konzert für Violoncello und Orchester a- Moll, op. 129

Antonin Dvořák
Symphonie Nr. 8 G-Dur, op. 88

Nova Orchester Wien
William Garfield Walker, Dirigent

Pieter Wispelwey, Cello

Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Brahmssaal, 23. Mai 2024

von Dr. Rudi Frühwirth

Wenn das erst vor wenigen Jahren gegründete Nova Orchester Wien (NOW!) mit William Garfield Walker im Brahmssal das Podium betritt, kann man einen aufregenden Abend  erwarten. Und ich wurde nicht enttäuscht. Die vorwiegend jungen Musikerinnen und Musiker – die ersteren sind in der deutlichen Überzahl – und der charismatische Dirigent zeichnen sich neben großem technischen Können vor allem durch eine unbändige Lust an der und Liebe zur Musik aus, die den Zuhörer von der ersten bis zur letzten Note mitfiebern lässt. „Nova Orchester Wien, William Garfield Walker, Dirigent, Pieter Wispelwey, Cello
Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Brahmssaal, 23. Mai 2024“
weiterlesen

klassik-begeistert-Autoren erklären die Magie des finnischen Jung-Stars Klaus Mäkelä

Nach seinem Gala-Auftritt im Musikverein Wien: Wie klassik-begeistert-Autoren den finnischen Jung-Dirigenten Klaus Mäkelä sehen.

Musikverein Wien, 8. Mai 2024 / Musikverein Festival: Courage!

Royal Concertgebouw Orchestra
Klaus Mäkelä, Dirigent

Anton Bruckner (1814 – 1896), Symphonie Nr. 5 B-Dur

Photo: Kaupo Kikkas KB

von Andreas Schmidt

Die Bravi waren gewaltig. Das Gastspiel von Klaus Mäkelä und „seinem zukünftigen“ Royal Concertgebouw Orchestra aus Amsterdam geriet am Mittwochabend im Musikverein Wien zu einem Triumphzug für den 28 Jahre alten Finnen. Fast auswendig dirigierte Mäkelä Bruckners Meister-Sinfonie Nr. 5 und kitzelte aus seinem Klangkörper fast alle Bruckner’schen Klangfarben und Dynamiken meisterhaft heraus. Mahler 3 glückte „the wunderkind“ am Himmelfahrtsabend ebenfalls prächtig.

„Royal Concertgebouw Orchestra, Klaus Mäkelä
Musikverein Wien, 8. Mai 2024 / Musikverein Festival: Courage!“
weiterlesen

Riccardo Muti macht Beethovens Neunte zu einem Jahrhundertereignis

Goldener Saal, Musikverein Wien © Wolf-Dieter Grabner 

Ludwig van Beethoven
Symphonie Nr. 9 in d-Moll, op. 125

Riccardo Muti, Dirigent
Wiener Philharmoniker

Julia Kleiter, Sopran
Marianne Crebassa, Mezzosopran
Michael Spyres, Tenor
Günther Groissböck, Bass

Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien

Wiener Musikverein, 7. Mai 2024


von Kirsten Liese

Der Anfang dieser Sinfonie sei wegen der metaphysischen Atmosphäre das Schwierigste, sagt Riccardo Muti: Die Tonalität bleibt vage, bis mehrere Takte später die tiefen Streicher den Grundton erreichen, es sei, wie wenn man gemeinsam mit dem Musikern in den Himmel schaue.

Aber das ist am 7. Mai im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins, wo die Wiener Philharmoniker unter Mutis Leitung 200 Jahre nach der Uraufführung die Neunte aufführen, nicht zu bemerken. Denn dem erfahrenen 82-Jährigen, der mit diesem Orchester schon ein halbes Jahrhundert zusammenarbeitet und sich fast demutsvoll vor der Partitur verneigt (an die Missa Solemnis wagte er sich überhaupt erst nach 50 Jahren des Studierens heran), gelingen die magischen ersten Takte mit der denkbar größten Natürlichkeit. „Ludwig van Beethoven, Symphonie Nr. 9 in d-Moll, op. 125
Wiener Musikverein, 7. Mai 2024“
weiterlesen

Riccardo Muti beendet fulminant die Beethoven-Durststrecke der Philharmoniker

Riccardo Muti © Terry Linke

Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 9 in d-moll op. 125

Solisten:

Julia Kleiter, Sopran
Marianne Crebassa, Mezzosopran
Michael Spyres, Tenor
Günther Groissböck, Bass

Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien

Wiener Philharmoniker
Dirigent: Riccardo Muti

Wiener Musikverein, Großer Saal, 6. Mai 2024


von Herbert Hiess

Es ist schon interessant, dass die Wiener Philharmoniker als eines der wirklich führenden Orchester der Welt in Sachen 9. Beethoven schon lange kein solches tiefgreifendes Konzert dieser Symphonie gegeben haben. „Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 9 in d-moll op. 125
Wiener Musikverein, Großer Saal, 6. Mai 2024“
weiterlesen

Yundi plays Mozart: Der „King of Classic" feiert sein Comeback in Wien

Yundi Li © www.ots.at

Andere Länder, andere Sitten. Bei Yundi Li zücken im Musikverein Wien alle die Handys. Asiatische Volksfeststimmung, groß und viel klein, wohin das Auge blickt. Dass ein ernstzunehmender Mozart-Pianist auf der Bühne sitzt, geht dabei fast unter.

Yundi Li, Klavier

Musikverein Wien, Großer Saal, 21. April 2024

von Jürgen Pathy

„Lasst sie doch alle filmen!“, meint jemand. Immerhin hat Yundi Li seit Jahren nicht mehr vor Publikum in Europa gespielt. „Five years“, wenn der asiatische Starpianist meine Frage richtig verstanden hat. Im Foyer des noblen Hotels Imperial läuft er mir zufällig über den Weg. Nach dem Konzert, bei dem die Billeteure alle Hände voll zu tun gehabt haben. „Sie sitzen hier!“, greift der 2-Meter große Platzanweiser resolut durch. Nachdem in Reihe 8, Parterre ganz vorne, etwas Uneinigkeit herrscht, wem nun der Platz in der goldenen Mitte zusteht. Nicht der einzige „Zwischenfall“, bei dem die Musik etwas in den Hintergrund rückt.

„Yundi Li, Klavier
Musikverein Wien, Großer Saal, 21. April 2024“
weiterlesen

Christian Thielemann hält eine Lehrstunde in Sachen Wagner und Brahms

Thielemann © Dieter Nagl

Richard Wagner:          
Vorspiel zu „Lohengrin“                      
Vorspiel und Isoldes Liebestod aus „Tristan und Isolde“

Johannes Brahms: Symphonie Nr. 2 in D-Dur op. 73

Wiener Philharmoniker
Dirigent: Christian Thielemann

Wiener Musikverein, 24. April 2024


von Herbert Hiess

Nun, da hat wieder der „Krankheitsteufel“ zugeschlagen; statt einer musikalischen Führung durch Rom mit Werken von Ottorino Respighi kam großartigst wieder Christian Thielemann ans Dirigentenpult. „Wiener Philharmoniker, Dirigent: Christian Thielemann, Wagner und Brahms
Wiener Musikverein, 24. April 2024“
weiterlesen

Wagner statt Respighi im Musikverein: So einen Einspringer hört man gerne

© Wolf-Dieter Grabner, Goldener Saal, Musikverein Wien

Respighi raus, Wagner und Brahms rein, so die Neuigkeiten im Musikverein. Trotz aller Vorfreude auf die Römische Trilogie gelang Christian Thielemann ein regelrechter Triumphzug mit Wagner und Brahms, gemeinsam mit den Wiener Philharmonikern brachte er das emotionale Karussell mächtig ins Rollen.   

Wiener Philharmoniker
Christian Thielemann, Dirigent

Werke von Richard Wagner und Johannes Brahms

Musikverein Wien, 20. April 2024

Respighi raus, Wagner und Brahms rein, so die Neuigkeiten im Musikverein. Trotz aller Vorfreude auf die Römische Trilogie gelang Christian Thielemann ein regelrechter Triumphzug mit Wagner und Brahms, gemeinsam mit den Wiener Philharmonikern brachte er das emotionale Karussell mächtig ins Rollen.   

von Johannes Karl Fischer

Keine 48 Stunden vorher kam die Nachricht: Kirill Petrenko musste aus gesundheitlichen Gründen absagen, Christian Thielemann war spontan eingesprungen. Ganz im Stile des neuen Lindenoper-Chefdirigenten musste Respighis Römische Trilogie natürlich weichen, zugunsten was wohl? Brahms und Wagner, ist ja klar. Lohengrin und Tristan soll es sein.

„Richard Wagner und Johannes Brahms, Wiener Philharmoniker, Christian Thielemann, Dirigent
Musikverein Wien, 20. April 2024“
weiterlesen