(Foto Dr. Charles Ritterband)
Der Große Tempel der englischen Freimaurer, nur wenige Minuten vom Königlichen Opernhaus Covent Garden entfernt, mit seinem pracht-, ja prunkvollen Dekor im Stil des Art Déco gehört zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Metropole an der Themse. Als Schauplatz für Wagners „Ring“-Zyklus hätte die Regents Opera keine bessere Kulisse finden können. Selbst die Akustik spielt hier mit. Bereits im letzten Jahr begeisterte Regents Opera hier mit einer exzellenten „Walküre“ gewissermaßen im Schatten des legendären Opernhauses Covent Garden. Der „Siegfried“ steht jener Produktion in nichts nach.
Richard Wagner, Siegfried
Regie: Caroline Staunton
Dirigent [und Bearbeitung für dieses Ensemble]: Ben Woodward
Siegfried: Peter Furlong
Brünnhilde: Catherine Woodward
Der Wanderer: Ralf Lukas
Mime: Holden Madagame
Alberich: Oliver Gibbs
Fafner: Craig Lemont Walters
Das Waldvögelein: Corinne Hart
Erda: Mae Heydorn
Regents Opera, Grand Temple, Freemasons’ Hall, London, 7. Februar 2024
von Dr. Charles Ritterband
Dieser „Siegfried“ fand, wie bereits letztes Jahr die „Walküre“, auf einem Laufsteg statt, der sich quer über die Große Halle, dem Zentrum der englischen Freimaurer, erstreckte. Mit diesem Minimum an szenischen Aufwand – lediglich die Höhle des Drachen Fafner, von innen beleuchtet und ganz in Weiß, bildete die Ausnahme – richtete sich die ungeteilte Aufmerksamkeit des Publikums in diesen fünf Stunden (minus zwei Pausen) auf die gesanglichen und schauspielerischen Höchstleistungen der Sängerinnen und Sänger.
Und während die Kostüme aller Darsteller sich in zeitlosem Schmuddel-Look präsentierten, stach das strahlend goldene Gewand des blutrünstig-lüstern züngelnden Drachen Fafner heraus – hatte dieser doch den gesamten Schatz des Rheingolds in seiner Höhle zusammengerafft.
Als erstes tritt der Zwerg Mime auf: perfekt passend die kleine Statur, das zerfetzte Gewand und die blechern schnarrende Stimme des amerikanischen Tenors Holden Madagame. Als Kontrast der unverhohlen selbstbewusst und doch pubertär-kindlich, dann wieder prahlerisch- arrogant auftretende junge Kraftprotz Siegfried im lockeren Strickpulli: überragende, klingende Stimme des namhaften amerikanischen Heldentenors Peter Furlong. Als kongeniale Partnerin die Brünnhilde der Engländerin Catharine Woodward (Ehefrau des Dirigenten Ben Woodward) mit ihrem strahlenden, kraftvollen Sopran.
Ein großartiger, locker-souveräner Wotan-Wanderer (sichtlich erleichtert, in diesem Teil des „Ring“ für ein paar Stunden der ewig zänkischen Gattin entronnen zu sein…), Ralf Lukas, der – nomen est omen – in Bayreuth in eine musikorientierte Familie hinein geboren wurde und der mit dem Schmelz seiner Bariton-Stimme begeisterte.
Ausgezeichnete stimmliche Leistungen auch der Erda von Mae Heydorn und des Alberich von Oliver Gibbs. Besondere Erwähnung verdient die Waliserin Corinne Hart als federleicht trällerndes Waldvögelein.
Fantastisch der genuine, subtile und dann doch wieder dosiert kraftstrotzende Wagner-Sound, den der britische Dirigent Ben Woodward aus seinem auf deutlich weniger als die Hälfte der sonst üblichen Wagner-Orchestergröße reduzierten Ensemble herausholt.
Eine bemerkenswerte Vorstellung in einem einzigartigen Ambiente – man erwartet mit Spannung Teil Vier, die „Götterdämmerung“, im kommenden Jahr.
Dr. Charles E. Ritterband, 7. Februar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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