Wiener Philharmoniker, Lorenzo Viotti; Foto PK
Lorenzo Viotti lässt eines der besten Orchester der Welt voller Farben und majestätischer Präzision im schönsten und wohlklingendsten Konzertsaal der Welt erstrahlen
Zu Recht zählen die Wiener Philharmoniker zu den allerbesten Orchestern dieser Welt. Regelmäßig kamen sie seit der Eröffnung des Hauses in Hamburgs Hafen im Jahr 2017 in die Hansestadt und verbreiteten erstklassigen musikalischen Duft aus der kulturellen Hochburg an der Donau.
Eine musikalische Reise über die Grenzen von Zeit und Raum hinweg brachten sie dieses Mal unter der Leitung des jungen Schweizers Lorenzo Viotti mit.
Lebhaft und brillant ging es zur Sache: in Rimski-Korsakows „Capriccio espagnol“ war es die von reichlich Schlagwerk durchdrungene Instrumentation, die schon zu Beginn begeisterte mit den von tänzerischen Elementen, melodischen Wendungen und Verzierungen überquellenden Takten. Wie aus einem Guss spielten die Musiker aus Wien mit furioser Steigerung, einem technisch rasanten Konzertmeisterviolinsolo von Trommelrasseln begleitet, untermalt von detaillierten Querflöten-, Klarinetten- und Harfenkonversationen. Die Hütte war nach gut einer Viertelstunde aufgewärmt.
In Sergej Rachmaninows „Die Toteninsel“, kontrastreicher konnte es kaum kommen, wurde dann eine Vision vom Jenseits musikalisches Thema. Ein Gemälde Arnold Böcklins hatte den Komponisten zu seinem Werk animiert: eine kleine Felseninsel birgt einen hohen Zypressenhain. In die Felsen sind Grabkammern gehauen. Vor der Insel legt soeben ein Boot mit einem Sarg und einer weißverhüllten Gestalt an.
Das Orchester ließ den schwellenden, rauschenden Klang der Unendlichkeit, die wogenden Wellen des Meeres, aber auch die Trauer und den Schmerz angesichts des Abschieds vom Leben plastisch wie aus einer glitzernden Farb- und Stimmungspalette vorbeirauschen. Düster eruptive Steigerungen mit Oboe und Violine brausten auf, bevor ein leiser, zarter Hauch des Orchesters das letzte Lebenszeichen vor der Unendlichkeit beschrieb.
Antonín Dvořáks siebte Sinfonie war in ihrer Entstehung von der dritten Sinfonie seines verehrten Vorbildes Johannes Brahms beeinflusst.
Diese Sinfonie geriet dem Komponisten eindeutig als die leidenschaftlichste, die dramatischste und die emotionell intensivste. Dunkel timbriert begann der erste Satz, um alsbald aufgepeitscht loszurasen. Streicherwuchtig wurde es besonders bei den dunkel klingenden Instrumenten, also den Celli und den Bässen. Der zweite Satz pendelte zwischen Idylle und Tragik mit eher schwebenden Klängen und ein wenig mit Wiener Schmäh assoziierend. Das Scherzo bestach durch den permanenten Wechsel zwischen eigentlichem Thema und Gegenthema, aber auch voller Heiterkeit und mitreißender Rhythmik. Schließlich versprühte das Finale glutvollen Furor, hielt aber auch gleißenden Jubel bereit. Alles bisher Dagewesene schien sich am Ende auf einen einzigen Gipfel der Lust an der Komposition zu fokussieren.
Das Orchester spielte unter der Leitung des Dirigenten Lorenzo Viotti brillant, mit einer Präzision eines Schweizer Uhrwerkes und wie ein lebendiger Organismus. Eher handwerklich präzise als suggerierend ging der junge Mann aus der Schweiz ans Werk, völlig frei von Showeinlagen, wie sie von gleichaltrigen Kollegen gelegentlich zu sehen sind. Man hatte den Eindruck, dass er die schier unendlichen Möglichkeiten des Orchesters voller Genuss selbst auskostete.
Am Ende großer Jubel und eine Zugabe von Brahms.
Wiener Philharmoniker
Dirigent: Lorenzo Viotti
Nikolai Rimski-Korsakow
Capriccio espagnol op. 34
Sergej Rachmaninow
Die Toteninsel / Sinfonische Dichtung op. 29
Antonín Dvořák
Sinfonie Nr. 7 d-Moll op. 70
Zugabe: Brahms Ungarische Tänze Nr. 1
Der klassik-begeistert-Autor Patrik Klein ist ein leidenschaftlicher Konzert- und Opernfreak, der bereits über 300 Konzerte (Eröffnungskonzert inklusive) in der Elbphilharmonie Hamburg verbrachte, hunderte Male in Opern- und Konzerthäusern in Europa verweilte und ein großes Kommunikationsnetz zu vielen Künstlern pflegt. Meist lauscht und schaut er privat, zwanglos und mit offenen Augen und Ohren. Die daraus entstehenden meist emotional noch hoch aufgeladenen Posts in den Sozialen Medien folgen hier nun auch regelmäßig bei klassik-begeistert – voller Leidenschaft, ohne Anspruch auf Vollständigkeit… aber immer mit großem Herzen!
Klein beleuchtet kurz 38: Benjamin Brittens War Requiem klassik-begeistert.de, 17. Juni 2024
Sorry, lieber Kollege – aber den Titel schönster und wohlklingendster Konzertsaal der Welt trägt der goldene Wiener Musikvereinssaal seit Ewigkeiten zurecht. Die hanseatische Betonburg rangiert auch noch weit hinter der Berliner Philharmonie, das müsste selbst der Lokalpatriot einsehen – oder hören.
Peter Sommeregger
Lieber Peter Sommeregger,
die Berliner Philharmonie-Betonburg liegt klanglich, sorry, weit hinter dem Hamburger Musiktempel,
der auf einem Kaispeicher erbaut wurde. Kein Wunder, dass die weltbesten Künstler zur Zeit lieber in HH als in Berlin auftreten.
Herzlich
Andreas Schmidt
Liebe Freunde der Stochastik und des Wetteiferns um des Kaisers Bart, mit einem Schmunzeln lese ich die Kommentare zu meiner unverschämten Behauptung, dass die Elphi knallermässigen Klang zulässt, wenn man denn ein ordentlicher Interpret ist. Ich würde mich über eine Einladung nach Wien oder Berlin sehr freuen, um mich ggf. vom Gegenteil zu überzeugen. Ich bin schon ganz neugierig, zu welchem musikalischem Ereignis man mich bittet. Als Weinenthusiast würde ich mich entsprechend mit einem guten gereiften Tropfen erkenntlich zeigen…
Es grüßt aus Hamburg herzlich,
Patrik Klein
Jetzt ist die Katze aus dem Sack: der werte Schreiber der kühnen Behauptung kennt die eigentlichen Tempel der Klangqualität nicht, beansprucht für sein Heimat-Haus aber die Krone.
Vor dem Glashauberl an der Elbe kommen nach dem Musikverein doch noch der Stefaniensaal in Graz, angeblich das kleinere Festspielhaus in Erl und eine nicht unerhebliche Zahl von Konzertsälen in Skandinavien.
Die „Elfi“ ist vielmehr das Produkt einer Werbestrategie…
Waltraut Becker
Liebe Frau Becker,
waren Sie schon mal in der ElPHi? Ihrer Schreibweise nach zu urteilen wohl eher nein…
AS
Liebe Frau Becker, als Tierfreund muss ich doch bitten: eine Katze gehört nicht in den Sack! Welch seltsame Gepflogenheiten in Ihrer Heimat. Zudem wirkt Ihr Kommentar auf mich eher männlich, wo es ja um den Größenvergleich gewisser Körperteile geht. Wenn wir denn auf diesem Niveau bleiben, dann behaupte ich mal als bereits Dagewesener in Berlin und Wien, ist schon eine Weile her, wir haben mit großem Abstand den Allerlängsten. Beste Grüße aus dem Hafen Hamburg, wo ich morgen beim nächsten NDR-Konzert eine Gedenkminute für Sie einlegen werde. PK
Also bitte, der „schönste und wohlklingendste Konzertsaal“ ist immer noch der Wiener Musikverein!!!
Mit Patriotismus sollte man vorsichtig und dosiert umgehen…
Eines ist natürlich klar: der Dirigent ist konkurrenzlos der Schönste 😉
Waltraud Becker
Was für eine amüsante Debatte. Herzliche Grüße an alle, die schöne und akustisch beeindruckende Konzertsäle lieben, aus Amsterdam…
Dr. Brian Cooper
Lieber Brian, ich freue mich sehr, dass du meinen Humor verstehst. Sei herzlich gegrüßt aus dem hohen Norden. Patrik 🙂