DIE SONNTAG-PRESSE – 7. JULI 2024

DIE SONNTAG-PRESSE — 7. JULI 2024

Erl, Rheingold © Xiomara Bender

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden
DIE SONNTAG-PRESSE – 7. JULI 2024

Erl
Tiroler Festspiele: Behäbiger Ring-Auftakt in Erl
volksblatt.at

„Wandel und Wechsel liebt, wer lebt“ – „Das Rheingold“ bei den Tiroler Festspielen Erl 2024
Kann man, muss man Wagners „Ring“ immer wieder neu deuten? Nun, jeder, der sich mit Wagners opus magnum beschäftigt, weiß, dass die Tetralogie stets zu neuen Gedanken, Assoziationen und Vergleichen (ent)führt und es eher krampfig und sichtbar bemüht endet, wenn man sich als Regisseur bemüßigt fühlt, einen völlig neuen Ansatz zu präsentieren. Das universale Psycho-Endzeit-Drama bleibt lebendig durch die Wahrnehmung und Beleuchtung all der Feinheiten, Charakterbilder, Dialoge und seiner Tiefsinnigkeit – das ist Kammersängerin Brigitte Fassbaender mit ihrem 2021 im Nordtiroler Festspielort Erl begonnenen „Ring“ bravourös gelungen.
Von Dr. Andreas Ströbl
Klassik-begeistert.de

Grafenegg/NÖ
Die beste deutschsprachige Mundartband bittet zum „Ausklang“ – schmerzlicher Abschied von Freunden
Konzert der „Seer“ am 5. Juli 2024 im Wolkenturm von Grafenegg. Nein, Sie haben sich nicht geirrt. Sie sind tatsächlich auf www.klassik-begeistert.de und können meinen höchstpersönlichen Rückblick auf ein fulminantes Konzert im Wolkenturm zu Grafenegg lesen. Eigentlich ein Ort, wo sonst hochkarätige Klassikkonzerte stattfinden. Und die „Seer“ kann man heute schon zur Klassik rechnen!
Von Herbert Hiess
Klassik-begeistert.de

Berlin/Deutsche Oper
„Nixon in China“ wird von einem überheblichen Regieteam beinahe zerstört
Das Ensembles lieferte souveräne Leistungen. Das Resultat war eine bemerkenswert konzentrierte und stimmige Realisierung von Adams’ Partitur, die eindeutig den Sieg über eine unsinnige und destruktive Regie davontrug.
Von Peter Sommeregger
Klassik-begeistert.de

Hamburg
Was Martha Argerich mir schrieb…
Aufgrund von Sanierungsarbeiten in der Laeiszhalle bricht das Festival auf zu einer Reise durch die Stadt und bespielt unterschiedliche Orte in Hamburg. „Ich habe vieles nicht gespielt…“ schreibt sie mir, „manchmal denke ich, je mehr ich ein Stück mag, desto weniger bin ich geneigt, es zu spielen, wie Beethoven 4 etwa.“ Und dass ihr Festival, „Eine wunderbare Erfahrung war, von der Eröffnung mit dem Thema des jüdischen Lebens, bis zu eben gerade, mit zwei meiner Töchter und zwei meiner Enkelsöhne auf der Bühne“, und was ihr Rat für junge Pianisten sei? „Know that being a pianist is very hard work!“
Von Harald Nicolas Stazol
Klassik-begeistert.de

Aix-en-Provence
Puccinis „Madame Butterfly“ in Aix-en-Provence
Podcast von Jörn Florian Fuchs (7 Min.)
deutschlandfunk.de

Aix-en-Provence
Aulis und Tauris – Dmitri Tcherniakov inszeniert in Aix einen Gluck-Marathon
Podcast von Jörn Florian Fuchs (6 Min)
deutschlandfunk.de

Salzburg
Mozarts ganz weite Welt
Stiftung Mozarteum / Saison 24/25
DrehpunktKultur.at

Thielemanns Abschied: Was er an Dresden vermissen wird und was jetzt geplant ist
Noch dreimal Thielemann, dann ist Schluss. Der 2012 begonnene Vertrag des Chefdirigenten der Sächsischen Staatskapelle endet mit der laufenden Spielzeit, weil die Sächsische Staatsregierung es so wollte. Zum Finale im 12. Symphoniekonzert, mit drei Aufführungen am Sonntag, Montag und Dienstag, wird das größte Konzertbesteck gezückt. Mahlers voluminöse 8. Symphonie, zuletzt aufgeführt am 30. Juni 1932 unter Leitung des bald darauf vertriebenen Fritz Busch, soll letzter Höhepunkt der Ära Thielemann sein. Obwohl der Abschied kein selbstgewählter ist, zeigt sich der 65-Jährige im Gespräch mit TAG24 bester Stimmung.
TAG 24.de

Salzburg
„Schraubenkönig“ Würth ab 2025 Hauptsponsor der Salzburger Festspiele
Die Gruppe des schwäbischen Mäzens war schon zuvor als Festspielunterstützer tätig – und ist nun sechster Top-Sponsor
Kurier.at

Berlin
Deutscher Kulturrat: Komische Oper auf Liste bedrohter Kultureinrichtungen
Innerhalb des Berliner Senats steht die Fortführung der Sanierung und der Errichtung des Neubaus in der Behrenstraße zur Disposition. Grund ist ein immenses Haushaltsloch im Etat des Senats.
BZ-Berlin.de

Köln
Stadt Köln und François-Xavier Roth beenden Zusammenarbeit – Roth bekommt Abfindung
Das ging schnell: François-Xavier Roth verliert seinen Posten als Generalmusikdirektor der Stadt Köln.
rundschau-online.de

München
Symphonischer Hoagascht mit Simon Rattle: Mit Traktor und Spätzle zum Showpalast
BR-Klassik.de

Dresden
MDR Klassik-Gespräch mit Christian Thielemann (Podcast)
„Was für ein Glück, an diesem Ort arbeiten zu können!“
mdr.de

Hannover
Mozarts Zauberflöte trifft Südafrika: Impempe Yomlingo in Hannover
NeueMusikzeitung/nmz.de

Heidenheim
Die Insel der Illusionen
Festspieldirektor Marcus Bosch dirigiert seinen Puccini zur Festspieleröffnung mit Gefühl statt mit Gefühligkeit. Regisseurin Rosetta Cucchi verlegt die Handlung mit Fortune in die Gegenwart.
concerti.de

Kulturpolitik
Kostenexplosion und Stagnation – Theatersanierung in Augsburg und Berlin
NeueMusikzeitung/nmz.de

Zürich
Wilder Ritt mit Mahler: Joana Mallwitz dirigiert erstmals das Tonhalle-Orchester
NeueZürcherZeitung.ch

Tonträger
Giacomo Meyerbeer: Le prophète
John Osborn, Elizabeth DeShong, Mané Galoyan, Edwin Crossley-Mercer, James Platt u.a., London Symphony Orchestra, Sir Mark Elder
rondomagazin.de

Bariton Konstantin Krimmel: „Mythos“ mit Loewe und Schubert
Als Kind hat Konstantin Krimmel gern Märchen und alte Sagen gehört. Nun hat der Bariton ein Album mit Liedern von Schubert und Loewe aufgenommen. Trotzdem singt er am liebsten live – wieso, verrät er im Interview mit BR-KLASSIK.
BR-Klassik.de

Links zu englischsprachigen Artikeln

Leipzig
The Bach Choir of Bethlehem brings Bach home to Leipzig, Potsdam… and Schwäbisch-Gmünd
seenandheard-international.com

Aix-en-Provence
Gluck’s Iphigénie operas, Aix-en-Provence review

— double bill almost as long as the Trojan war (Subscription required)
Also reviewed: ‘Samson’ by Rameau attempts to revive a lost opera
ft.com

Bologna
Juliana Grigoryan, Jessica Pratt, Carmen Giannattasio & Anastasia Bartoli Lead Teatro Comunale di Bologna’s 2025 Season
operawire.com

London
Tosca, Royal Opera House review
A matchless production of Puccini’s most dramatic opera has dynamic soprano Angel Blue in the title role
culturewhisper.com

Proms star Elim Chan: ‘Being who you are is powerful. Not all orchestras can take it’
Her conducting is so ravishing that it was claimed one audience member climaxed. Now the Hong Kong-born pioneer is set to give the Proms a spectacular start
TheGuardian.com

Buxton
First Person: Katharina Kastening on directing slimline Bizet in a year rich in ‚Carmen‘ productions
Peter Brook’s ‚La Tragédie de Carmen‘ further reimagined at Buxton
theartsdesk.com

Chicago
Meyers’ Mexican fiddle showpiece spices humdrum Grant Park program
chicagoclassicalreview.com

Ballet / Dance

American Ballet Theatre has a new star in Chloe Misseldine
bachtrack.com/de

London Children’s Ballet: The Secret Garden will win your heart
bachtrack.com/de

Carlos Acosta’s full-length Carmen is hot but it doesn’t sizzle
bachtrack.com/de

Sprechtheater

Reichenau
„Lumpazivagabundus“ in Reichenau: Das Glück lässt sich eben nicht erzwingen
Bei den wichtigsten Dingen kann man nichts erzwingen, bei der Liebe nicht, beim Glück nicht und auch nicht beim Nestroy. Nicht einmal, wenn man eigentlich, auf dem Papier, alles richtig macht, wie die Festspiele Reichenau mit dem heurigen „Lumpazivagabundus“.
Kurier.at

Techtelmechtel-Heroe „Anatol“ im Erinnerungsrausch in Reichenau
DerStandard.at/story

Don Juan als neurotischer Kindmann: Subtiler „Anatol“ in Reichenau
DiePresse.com

Theaterfestival Avignon: Aufruf zum Widerstand
Das Festival d’Avignon feiert den völkerverbindenden Freiheitstraum in einem Moment, in dem die Rechten die Wahlen gewinnen und die Verächtlichmachung von Kritik immer salonfähiger wird.
FrankfurterAllgemeine.net

Politik

Top-Job für Ex-Kollegin: Jetzt muss Gewessler auspacken
Die umstrittene Besetzung eines Spitzenpostens im Gewessler-Ministerium wird nun ein Fall fürs Parlament.
Heute.at

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Unter’m Strich

Kuriose Regeln: In welchem Urlaubsland Trinkgeld sogar verboten ist
Während guter Service in vielen Ländern mit einem extra Betrag entlohnt wird, ist Trinkgeld in manchen Ländern unüblich oder gilt als unhöflich.
chip.de

 

INFOS DES TAGES (SONNTAG, 7. JULI 2024)

INFOS DES TAGES (SONNTAG, 7. JULI 2024)

Quelle: onlinemerker.com

Wiener Staatsoper: Erste Fotos aus GIULIO CESARE IN EGITTO (Gastspiel Monte Carlo) online!

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Cecilia Bartoli und Ensemble © Marco Borrelli

Im Bild:
Carlo Vistoli (Giulio Cesare)
Cecilia Bartoli (Cleopatra)
Max Emanuel Cenčić (Tolomeo)
Sara Mingardo (Cornelia)
Kangmin Justin Kim (Sesto)
Péter Kálmán (Achilla)
Ensemble

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Cecilia Bartoli, Carlo Vistoli © Marco Borrelli

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Max Emanuel Cenčić © Marco Borrelli

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Auszug aus dem Blog der Wiener Staatsoper zu (Their Master’s Voice) am Montag 8. Juli und Mittwoch 10. Juli 2024):

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Superstars unter sich

In Michael Sturmingers Their Master’s Voice treffen zwei Ikonen des (Musik-)Theaters auf der Staatsopernbühne zusammen: Cecilia Bartoli und John Malkovich

Their Master’s Voice entführt in die Welt des Theaters, erzählt aber auch über barocke Kunst. Wie kam es zu diesem Projekt, das Sie geschrieben und inszeniert haben?

Ich kenne Cecilia Bartoli und John Malkovich schon seit vielen Jahren und habe mit beiden in der Vergangenheit zusammengearbeitet – mit John konnte ich im Lauf der Jahre, neben einem Kinofilm drei Musiktheater-Projekte entwickeln und diese auf der ganzen Welt in mehr als hundert Städten spielen: The infernal Comedy, Casanova Variations und Just call me God. In eine solche Malkovich’sche Theaterwelt wollte Cecilia Bartoli eintauchen – und sie schlug auch den Themenbereich – die Barockoper der Kastraten – vor. Ich wollte aber keinesfalls ein illustrierendes, historisierendes Stück entwickeln, sondern die Frage der Repräsentation auf der Bühne auf humorvolle Weise in den Mittelpunkt rücken: Wer soll, wer kann, wer darf einen Kastraten darstellen? Wer ist der echte Farinelli und was kann der uns heute noch sagen? Herausgekommen ist eine Geschichte rund um einen alternden, nicht mehr aktiven Opernsänger, der zurück auf die Bühne will. Ich erfand eine fiktive Figur namens Jeff Himmelhoch, einen New Yorker Countertenor, der behauptet, Farinellis eigenhändige Lebenserinnerungen gefunden zu haben. Aus diesen Erinnerungen macht er einen Theaterabend – und scheitert…

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Weiterlesen unter: https://www.wiener-staatsoper.at/das-haus/medien/detail/news/superstars-unter-sich/

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»Mannheimer Sommer« 2024 in Schwetzingen und Mannheim zieht positive Bilanz mit einer über 90 prozentigen Auslastung

Mit der »Rede in Es-Dur« und einer Abschlussparty am Samstagabend geht am Sonntag, 7. Juli, nach zehn Festivaltagen das internationale Festival »Mannheimer Sommer« des Nationaltheaters Mannheim zu Ende. Für den Geist des Festes zwischen Natur und Kultur bot die Schwetzinger Schlossanlage einen eindrucksvollen Rahmen. Hier fand 2024 der Hauptteil des Mannheimer Sommers mit seinem reichhaltigen Programm von Mozart bis heute statt. Open-Air-Konzerte, Performances, Maskenbälle, internationale Gastspiele und die Neuproduktion von Mozarts »Don Giovanni« setzten starke Akzente in Schlosstheater und Park. Im Studio Werkhaus wurde ein Schwerpunktprogramm rund um Albert Camus’ faszinierenden Roman »Der Fremde« gezeigt, und die gleichnamige Kammeroper von Cecilia Arditto uraufgeführt.

Auf dem Festivalprogramm standen über 43 Veranstaltungen, zzgl. der Nachgespräche und Einführungen und den Klanginstallationen »17 Chilling Mammoths« und »The Sound of the Multitude«, die sehr gut vom Publikum angenommen wurden. Alles in allem kommt der Mannheimer Sommer im Jahr 2024 auf eine Auslastung von über 90 Prozent.

Besonders beliebt war die Opernneuproduktion »Don Giovanni«, das Streicherkonzert Björks »Homogenic« war ein Highlight, für den »Maskenball« gab es keine Karten mehr. Insgesamt waren die Produktionen »Der Geheime Garten«, »Don Giovanni«, »Björks Homogenic«, »Moby Dick«, »Maskenball«, das Familienkonzert, »Der Fremde«, »Journey to Algeria«, die »Mozart Dance Explosion«, »We in a Box«, »A Little Night Music« und die »Rede in Es-Dur« nahezu oder vollständig ausverkauft.

»Im Zentrum des diesjährigen Festivals stand das Fest und das Festliche im weitesten Sinne. Ich freue mich sehr, dass es uns geglückt ist, gemeinsam mit vielen feierbegeisterten Zuschauer*innen diesen Festivalgedanken lebendig werden zu lassen«, so Opernintendant Albrecht Puhlmann.

Jan Dvořák, künstlerischer Leiter des Festivals, betont: »Die Feierfreudigkeit unseres Publikums hat uns ebenso begeistert, wie dessen Offenheit und Neugierde. Wer hätte gedacht, dass unser Publikum in den vier komplett ausverkauften Vorstellungen der Mozart Dance Explosion wirklich so ekstatisch tanzen würde? Großes Interesse wurde nicht nur Mozarts Don Giovanni, sondern auch unserer Uraufführung Der Fremde, einer Oper höchst individueller Machart, entgegengebracht, was nicht selbstverständlich ist –  und mich deshalb umso mehr freut! «

Bilder zu den Veranstaltungen des Mannheimer Sommers finden Sie hier:

https://www.nationaltheater-mannheim.de/presse/produktionen/p-mannheimer-sommer-2024/

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Impressionen aus Bayreuth und Umgebung

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RETZ / Stadtpfarrkirche: Leonardo Leos Oratorium KAIN & ABEL als digital erweiterte Kirchenoper

  1. kain1Cornelia Sonnleithner (Eva), Markus Björlyikke (Kain), Eldrid Gorset (Abel), Nikita Ivasechko (Adam). Alle (Handy-)Fotos: M.A. Schmid

Juli 2024 – Österreichische Erstaufführung

Von Manfred A. Schmid

Nach einem Auftakt mit Franz Koglmann am Vorabend startet das neue Führungsteam rund um Intendant Christian Baier mit dem, was längst zum Markenzeichen des Festival Retz geworden ist: mit der alljährlichen Aufführung einer Kirchenoper. Leonardo Leos La morte d’Abele figura di quella del nostro Redentore, nach einem Libretto von Pietro Metastasio, 1738 in Bologna uraufgeführt, ist eigentlich ein Oratorium bzw. eine „azione sacra“, wie die Gattungsbezeichnung des Komponisten lautet. Im Begriff „azione“ ist schon der Verweis auf eine szenische Umsetzung gesetzt, was ganz im Sinne des Retzer Festivals ist, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, „für die szenische Realisierung von Oratorien neue Präsentationsformen zu entwickeln“ und die herkömmliche Darstellung durch den Einsatz digitaler Medien zu erweitern und so dem Publikum „neue Wahrnehmungsräume zu erschließen“. Ein ambitioniertes Vorhaben, das in der Umsetzung beim ersten Anlauf noch nicht ganz zu überzeugen vermag, an dem in den nächsten Jahren aber gewiss gefeilt werden wird.

Der Wiener Hofdichter Metastasio setzt in seinem Libretto den Brudermord in Beziehung zum Opfertod Jesu Christi, des Erlösers. Geschildert werden die familiären Spannungen, die dazu führen, dass Kain, von Neid und Eifersucht angetrieben, weil er von seinem Vater verachtet und misshandelt wird und sich gegenüber seinem Bruder Abel benachteiligt fühlt, seinen Bruder tötet. Das zerrüttete Verhältnis der beiden Brüder offenbart der auch für Lichtdesign und Bühnenbild verantwortliche Regisseur Sebastian Hirn schon im ersten Bild: Kain gibt vor, Abel bei seiner Opfergabe zu unterstützen, indem der die von ihm entzündetet Kerzen übernimmt und am Altar niederlegt, dabei aber immer mehr Kerzen einfach ausbläst: Er missgönnt ihm auch das stille, beglückende Gefühl des Einvernehmens mit Gott, weshalb er von seiner Mutter getadelt wird.

kain2Cornelia Sonnleithner (Eva), Nikita Ivasechko (Adam)

Die Bühne ist der leere Raum vor dem Altar, davor ein langer Tisch. Auf und vor dem Tisch liegen eine Riesenmenge von Plüschtieren aller Größen und Arten, auch Blumen sowie auf der rechten Seite ein paar kleine Totenköpfe. Es ist Adam, der sich daraus bedient und damit unterstreicht, dass er dem Auftrag, sich nach der Vertreibung aus dem Paradies die Welt untertan zu machen, nachkommt. Während seine Frau Eva von Gewissensbissen wegen des Sündenfalls gequält wird, weist er jede Schuld von sich, straft sie mit Verachtung. Er ist das, was man heute wohl einen Macho nennen würde. Sein erster Auftritt erfolgt deshalb auch auf der Kanzel: Er ist der Herr! Eva wird sich später, in Trauer und Schmerz um den Tod Abels einen Blumenkranz flechten und auf ihr Haupt setzen: Eine Vorwegnahme der Dornenkrone? Am Schluss wendet sich Adam von seiner Familie ab, im Bewusstsein, an der Tragödie vollkommen schuldlos zu sein. Die Wahrheit, die ihm nachgerufen wird – „Du verurteilst Kain und trägst ihn dabei in dir!“ – gilt wohl der ganzen Menschheit.

Als Kain und Abel sich auf den Weg zum Feld machen, durchqueren sie das ganze Mittelschiff der Pfarrkirche St. Stephan. Nach dem Mord kehrt Kain alleine zurück, voll von Schund und Klage. Sein Gesang ist gut zu vernehmen, die akustischen Verhältnisse sind in Ordnung, aber für das Publikum in den vorderen Plätzen ist es kaum möglich, die Handlung optisch mitzuverfolgen. Nach hinten zu schauen, ist in den Kirchenbänken nur schwer möglich.

Was aber hat es mit der Einbeziehung digitaler Medien auf sich: Das barocke Altarbild, das die  Steinigung des Kirchenpatrons, des Heiligen Stephanus, zeigt, darüber Gottvater, Gottsohn und der Heilige Geist in Form einer Taube, wird zum Ausgangspunkt eines darauf projizierten Films, der unablässig einen Trauerzug zeigt, der sich durch Retz und Umgebung fortbewegt. An den Dreharbeiten für diesen Film der Schweizer Animationsfilmerin Nicole Aebersold haben sich laut Programmheft rund 100 Bürgerinnen und Bürger der Region im Alter von 1,5 bis 85 Jahren beteiligt. Die damit angestrebte Einbeziehung der aktuellen „Lebensrealität des Retzer Landes“ und die Einlösung des Umstands, dass auch heute noch ein jeder den Kain in sich trägt,  ist ein ehrenwertes Unterfangen. Da der Film aber während der ganzen zwei Stunden dauernden Aufführung läuft, ist es schwer, ihn zu verfolgen, ohne die eigentliche Handlung aus den Augen zu verlieren: Ein Dilemma, das man vom Regietheater her kennt und das auch hier virulent wird. Ein etwas sparsamer Einsatz „komplexer animatorischer Prozesse“ in Hinkunft wäre anzuraten.

Musikalisch steht die Aufführung unter einem guten Stern. Das Ensemble Continuum Wien bringt das eindrucksvolle Werk von Leonardo Leo, rekonstruiert und gefasst von Luca De Marchi, der selbst am Cembalo mitwirkt, auf Originalinstrumenten nuancenreich  zum Klingen. Sakrale, aber auch emotional aufgeladene Barockmusik von bezwingender Qualität, unter der Leitung von Martin Horvath erstmals in Österreich aufgeführt.

kain3Eldrid Gorset (Abel)

Das Gesangsquartett überzeugt ebenso wie der von Jörg Espenkott einstudierte dreizehnköpfige Chor. Höchst erfreulich ist, dass bei der Besetzung der vier Hauptrollen junge Nachwuchskräfte zum Zug kommen und sich bestens bewähren. Die norwegische Sopranistin Eldrid Gorset gestaltet mit hellem Kang den in seiner Seligkeit mehr und mehr bedrängten und verunsicherten Abel. Die aus Wien stammende Altistin Cornelia Sonnleitner als Eva ist eine sorgenvolle, von inneren Konflikten heimgesuchte Mutter.

Der in St. Petersburg geborene Tenor Nikita Ivasechko, seit dieser Saison Ensemblemitglied der Oper Graz, ist ein selbstherrlicher, despotischer Adam. In der Rolle des biblischen Brudermörders Kain eröffnet der aus Norwegen stammende Markus Björlykke Einblicke in eine mit emotionalen Ausbrüchen reagierende, gequälte, verletze Seele. Ein farbenreicher Bariton mit großer darstellerischer Begabung.

Dem neuen Team von Festival Retz ist ein guter Start gelungenen. Ein Neuanfang durchaus mit Entwicklungspotenzial, was die Einbeziehung digitaler Möglichkeiten betrifft. Zu hoffen wäre, dass bei der Bearbeitung von Oratorien nicht nur Werke aus Barock, Klassik und Romantik zum Zug kommen werden, sondern auch Kompositionen aus der Moderne.

 

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