Foto: Thies Rätzke (c)
Elbphilharmonie, Großer Saal, Hamburg, 7. Juli 2018
NDR Jugendsinfonieorchester
Stefan Geiger Dirigent
Gaspare Buonomano Klarinette
von Sarah Schnoor
Was für ein Konzert! Das NDR Jugendsinfonieorchester eröffnet den vor allem Richard Wagner gewidmeten Abend selbstbewusst mit der „Wiener Philharmoniker Fanfare“ von Richard Strauss. Blech und Paukist haben sichtlich Spaß und testen den Großen Saal der Elbphilharmonie schon mal an. Danach folgt nämlich erst mal das mit wenig Blech besetzte Konzert für Klarinette und Orchester Nr. 2 von Louis Spohr. Als Solist tritt der NDR Soloklarinettist Gaspare Buonomano auf.
Schon im ersten Satz wird deutlich, auf was für einem hohen Niveau hier musiziert wird. Das NDR Jugendsinfonieorchester besteht aus Akademisten des NDR Elbphilharmonie Orchesters, Studierenden und Preisträgern von „Jugend musiziert“ und bringt jährlich zwei Projekte auf die Bühne.
Gaspare Buonomano und das Orchester harmonieren gut, was auch am sehr deutlichen Dirigat von Stefan Geiger liegen kann. Buonomano beherrscht die unglaublich virtuosen Stellen im ersten und dritten Satz von Spohrs Klarinettenkonzert technisch geradezu perfekt, seine Glanzmomente entstehen aber besonders bei den langsamen Passagen, die er mit fließendem Legato und spannungsreichen langen Töne gestaltet.
Die ganze Atmosphäre ist aufgrund der vielen anwesenden Freunde und Eltern angenehm warm, und es wird zu jeder Möglichkeit geklatscht und auch mal schwärmerisch geseufzt.
Zu Hochtouren läuft das Orchester besonders nach der Pause auf, wo die volle Wagnerbesetzung sich an den „Ring ohne Worte“ (zusammengestellt von Lorin Maazel) traut. Maazel hat die Highlights der Orchestermusik von Wagners „Ring des Nibelungen“ chronologisch zusammengestellt und lediglich an einigen Stellen Gesangsstimmen durch Instrumente ersetzt. Damit ist das Stück perfekt für junge Orchester, da schwerlich Wagnersänger engagiert werden könnten für eine Aufführung mit Gesang.
Stefan Geiger lässt die Bässe das Rheingold-Vorspiel sehr leise beginnen, leider sind die Fagotte gleich doppelt so laut. Das ist aber schnell vergessen, weil sich im Gesamtklang bald unglaublich Schönes entfaltet. Die Hörner beschwören die Wellen des Rheins außerordentlich sauber intoniert herauf, und auch die Trompeten und Posaunen (Heda! Heda! Hedo!) sind traumhaft präzise. Das gesamte Stück über beeindruckt das junge Blech mit Spielfreude und Können!
Solistisch fallen auch das Solocello (1. Akt Walküre) und die Vögel imitierende Flöte (Siegfried) besonders positiv auf. Aber auch die einzelnen Instrumentengruppen beeindrucken durch einheitliche Klänge. Selten kommt es zu Unausgewogenheiten zwischen den Gruppen, sodass die Streicher im Klang untergehen und nur noch Schlagwerk zu hören ist. Allerdings werden die Stimmungen der einzelnen „Ring“-Abschnitte von traurig-berührend bis zu gefährlich-aufregend und atemberaubend eingefangen. Auf der Bühne sprüht es nur so vor Energie und Freude an der Musik. Wotans Abschied ist so hochemotional gespielt, dass einige im Publikum sich die Tränen abwischen müssen. Das NDR Jugendsinfonieorchester zaubert die Welt der vier Opern mit rein musikalischen Mitteln auf die Bühne der Elbphilharmonie. Wer Wagner liebt, kommt hier auf seine Kosten. Das Orchester und sein Dirigent Stefan Geiger bekommen verdient minutenlangen Applaus und Standing Ovations.
Sarah Schnoor, 08. Juli 2018, für
klassik-begeistert.de