Sommereggers Klassikwelt 257: Hilde Rössel-Majdans sonorer Alt war für die Wiener Oper eine sichere Bank

Sommereggers Klassikwelt 257: Hilde Rössel-Majdan  klassik-begeistert.de, 23. Oktober 2024

Foto: Österreich-Lexikon, Hilde Rössel-Majdan als Meg Page in der Oper „Falstaff“ von G. Verdi. 

 von Peter Sommeregger

Am 30. Jänner 1921 wurde Hilde Rössel-Majdan als Hildegard Figl in Moosbierbaum in Niederösterreich geboren. Bis zum Ende des zweiten Weltkrieges arbeitete sie als Sekretärin, im Jahr 1945 begann sie ein Gesangsstudium an der damaligen Akademie für Musik und Darstellende Kunst, wo sie u.a. von ihrem späteren Schwiegervater, Karl Rössel-Majdan unterrichtet wurde. Zu ihren Lehrern zählte auch die gefeierte Sängerin Helene Wildbrunn. Erste Auftritte als Konzertaltistin absolvierte sie bereits ab 1946.

Im Jahr 1951 wurde sie an die Wiener Staatsoper engagiert, der sie bis 1976 als Ensemblemitglied angehörte. Daneben ging sie einer regen Konzerttätigkeit nach, die sie auch in mehrere Europäische Länder führte, und mit großem Erfolg Bachs Passionen und Kantaten sang. Auch mit Opernpartien wie der Brangäne in Wagners „Tristan und Isolde“ gastierte sie u.a. in Mailand, Rom und Florenz. Bei den Salzburger Festspielen war sie häufig zu hören, auch dort wechselten kleine Rollen mit größeren Partien. Aber auch zu den Festivals von Edinburgh und Aix-en-Provence wurde sie eingeladen.

Für die Wiener Oper war sie während ihrer langen Ensemble-Mitgliedschaft immer eine sichere Bank. Über zwanzig Jahre lang hatte man als Opernbesucher in Wien das Gefühl, der Sängerin in jeder Aufführung zu begegnen. Zu dieser Zeit gab es noch ein richtiges Ensemble, in dem sich die Sänger auch für kleine Rollen nicht zu schade waren, und diese auf hohem Niveau verkörperten. Ich kann mich z.B. nicht erinnern, in meinen Wiener Stehplatz-Jahren jemals eine andere Annina im „Rosenkavalier“ gehört zu haben. Hilde Rössel-Majdan hat sie auch insgesamt nicht weniger als 172 mal im Haus am Ring und anfangs noch im Theater an der Wien gesungen. Ähnlich häufig trat sie als Marcellina in „Nozze di Figaro“ (194 mal), und 3. Dame in der Zauberflöte (156 mal) auf. An größeren Partien waren die Brangäne, die Magdalene in Wagners „Meistersingern von Nürnberg“ und die Ulrica in Verdis „Un ballo in maschera“ ihre Domäne.

Zur Kammersängerin ernannte man sie 1962, ab 1966 lehrte sie am Konservatorium in Graz, ab 1970 an der Wiener Musikakademie.

Verheiratet war sie mit dem Kulturwissenschaftler Karl Rössel-Majdan. Kurz vor ihrem 90. Geburtstag starb die Sängerin am 15. Dezember 2010. Bestattet wurde sie wie ihr Ehemann auf dem Friedhof der Feuerhalle in Wien- Simmering.

In kleinen Partien wirkte sie an vielen Schallplatten-Aufnahmen mit, ihre bedeutendsten sind das Alt-Solo in Herbert von Karajans erster Stereo-Aufnahme von Beethovens IX. Symphonie, und jenes in der 2. Symphonie von Gustav Mahler unter Otto Klemperer. neben Elisabeth Schwarzkopf.

Hilde Rössel-Majdan war für Wiener Opernfreunde eine Institution, und ist als solche unvergessen.

Peter Sommeregger, 22. Oktober 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.de

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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