CD-Besprechung:
Bruno de Sá
Mille Affetti
Erato 5054197995422
von Peter Sommeregger
Vor etwa zwei Jahren erregte der Sopranist Bruno de Sá mit seinem ersten Album Roma Travestita großes Aufsehen in der Musikszene. Das Stimmfach des Sopranisten, eines nie in den Stimmbruch gekommenen Mannes, war ein Novum. De Sá, bis dahin nur durch Auftritte bei Bayreuth Baroque bekannt, gelang es, sich mit diesem Album nachdrücklich bemerkbar zu machen.
Auch auf seinem neuen Album setzt der Sänger auf selten gehörtes Repertoire, diesmal mischt er Opern- und geistliche Arien, von und aus der Ära Wolfgang Amadeus Mozarts. Die in der Vergangenheit zumeist von Koloratursopranen interpretierte Mottete „Exsultate, jubilate“, von Mozart für den Kastraten Venanzio Rauzzini geschrieben, gelingt dem Sänger subtil bis in die kleinsten Details ausgelotet.
Eindrucksvoll auch die ebenfalls für einen Kastraten vorgesehene, 10-minütige Arie „Lungi da te“ aus der Oper „Mitridate“. Mozart ist auch noch mit einer Grabmusik und der Fuge in G-moll KV 154 mit Marcin Szelest an der Orgel vertreten.
Unter den Zeitgenossen darf der chronisch unterbewertete Josef Mysliveček natürlich nicht fehlen, er ist mit dem Zwischenspiel aus dem Oratorium Il Tobia zu hören. Von Niccolò Antonio Zingarelli erklingt ein fünfteiliges Salve Regina, Opernarien von Cherubini, Luigi Caruso, Franz Seydelmann, Johann Friedrich Reichardt und Felice Alessandri, sowie ein Ausschnitt aus Domenico Cimarosas Requiem runden ein höchst anspruchsvolles Programm ab, das erneut einige Welt-Ersteinspielungen beinhaltet.
Bruno de Sás helle, sicher geführte Stimme hat keine Schwierigkeiten mit den immensen technischen Herausforderungen dieser Stücke. Darüber hinaus verleiht er jedem einzelnen Werk intensiven Ausdruck, schöpft die Gesangstexte mit ihren emotionalen Botschaften intensiv aus. Sein Stimmumfang ist erstaunlich, neben mühelosen Spitzentönen kann er auch mit einer soliden Mittellage und einigen tieferen Tönen überzeugen.
Als begleitendes Orchester unterstützt ihn das Wroclaw Baroque Orchestra und der NFM Chor, Dirigent im Studio ist Jarosław Thiel, der für die stilistische Geschlossenheit des umfangreichen Programmes sorgt.
Schon mit seinen beiden ersten Alben hat sich Bruno de Sá einen vorderen Platz in der aktuellen Barockmusik-Szene erobert. Man ist neugierig auf die weitere Entwicklung des Sängers.
Peter Sommeregger, 8. November 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Bayreuth Baroque Opera Festival, Bruno de Sá Bayreuth, Ordenskirche St. Georgen, 14. September 2023
CD-Rezension: Bruno de Sá, Roma Travestita klassik-begeistert 3. September 2022