CD-Besprechung:
The last Castrato
Arias for Velluti
Franco Fagioli
Stefan Plewniak
CVS 162
von Peter Sommeregger
Das Repertoire der berühmten Kastraten vergangener Jahrhunderte ist gewöhnlich gut dokumentiert. Seit die Stimmlage der Countertenöre sich rasant entwickelt hat, besteht wieder die Möglichkeit, für die Kastraten geschriebene Opern ganz oder in Teilen aufzuführen.
Auf seiner neuen CD widmet sich Franco Fagioli, der vielleicht aktuell virtuoseste Countertenor, Komponisten und Kompositionen, die in Verbindung mit Giovanni Velluti stehen, der von 1780 bis 1861 lebte.
Die Komponisten Paolo Bonfichi, Giuseppe Niccolini und Francesco Morlacchi kennen heute wohl nur noch Musikwissenschaftler. Deutlich bekannter ist Saverio Mercadante und vor allem Gioachino Rossini, von dem sich bis heute mehrere Opern auf den Spielplänen finden.
Von Bonfichi und Morlacci ist jeweils eine virtuose Arie aus längst vergessenen Opern zu hören. Ausführlicher widmet sich Fagioli Niccolini, bei der Szene aus „ Carlo Magno“ sind auch Einwürfe anderer Sänger und Chorpassagen enthalten. Das erlaubt einen besseren Einblick in das Werk, und ermöglicht dem Sänger den drei Oktaven umfassenden Umfang seiner Stimme spektakulär auszustellen. Der umfangreichste Ausschnitt stammt aus Mercadantes „Andronico“, auch hier unter Beteiligung anderer Sänger und des Chores.
Der letzte Titel ist eine Arie aus Rossinis Oratorium „Il vero omaggio“, sie der Komponist nachweislich für Velluti schrieb. Überliefert ist aber auch, dass Rossini und Velluti ein gestörtes Verhältnis hatten. Gründe dafür sind heute nicht mehr zu rekonstruieren, bedauerlich ist es allemal, so gut wie Vellutis Stimme und Virtuosität zu Rossinis Technik gepasst haben dürfte.
Erneut fasziniert und verblüfft Fagioli neben seiner vokalen Geläufigkeit und Virtuosität mit großer Stilsicherheit und Geschmack seines Vortrags. Die Farbenpalette seines Counters scheint schier unerschöpflich, ohne es nachprüfen zu können, ist man geneigt, den Sänger seinem Vorbild ebenbürtig einzuschätzen. Die Entwicklung der Counterszene bringt der Musikwelt viele vergessene Werke in authentischer Interpretation zurück.
Auf höchstem Niveau auch Chor und Orchester der Opèra Royal Versailles unter Stefan Plewniak. Die gewohnt üppige und luxuriöse Ausstattung des Albums und des informativen und umfangreichen Booklets sind wieder eine Augenweide!
Peter Sommeregger, 10. März 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Jakub Józef Orliński – Countertenor, Il Pomo d’Oro Elbphilharmonie, Hamburg, 17. September 2024
CD-Rezension: Michael Spyres, Contra-Tenor, Il Pomo d’Oro klassik-begeistert.de, 14. April 2023