Operklosterneuburg 2025, Tosca © mark-glassner
Triumph für „Tosca“ in Klosterneuburg
„Tosca“ erstmals in Klosterneuburg – das war ein Senkrechtstart für den Opernsänger Peter Edelmann, der mit dieser Produktion 2018 bis 2021 die Intendanz der erfolgreichen Opernfestspiele im Hof des spektakulären Chorherrenstifts Klosterneuburg übernommen hat. Edelmann war zuvor Intendant der Seefestspiele Mörbisch, wo er (offensichtlich durch politisch motivierte Intrigen) unschön abserviert wurde. Jetzt hat er in Klosterneuburg eine neue künstlerische Heimat gefunden; die „Tosca“ war, so die einhellige Meinung der Kritik, ein Erfolg.
Giacomo Puccini, Tosca
Libretto: Giuseppe Giacosa und Luigi Illica
in italienischer Sprache
Musikalische Leitung: Francesco Cilluffo
Regie: Leonard Prinsloo
Bühne: Hans Kudlich
Kostüme: Karin Fritz
Beethoven Philharmonie
Chor operklosterneuburg
Statisterie operklosterneuburg
Chorleitung: Michael Schneider
Operklosterneuburg, Kaiserhof des Augustinus Chorherrenstiftes Klosterneuburg, 5. Juli 2025
von Charles E. Ritterband
Dass diese Oper, die – wie keine andere – die katholische Kirche der Komplizenschaft mit einer Diktatur bezichtigt, ausgerechnet vor der Barockfassade des Stifts Klosterneuburg aufgeführt wird, zeugt geradezu von Mut, ja Kühnheit.
Denn die Kirche kommt in dieser Oper, die den scharfen Gegensatz zwischen den aufgeklärten Ideen des vordringenden Napoleon und dem reaktionären Kirchenstaat aufzeigt, der seine Prinzipien mit hemmungsloser Gewalt (Scarpia!) durchsetzt, nicht gut weg. Doch der dezidiert antiklerikale Inhalt dieser grandiosen Oper verhinderte im Jahr 1900 nicht die Uraufführung in Rom (Schauplatz der Oper), zumal die gesellschaftlich führenden Kreise Roms damals durchaus auch antiklerikal eingestellt waren.

Man ist mit dieser Oper aus den großen Opernhäusern mit groß dimensionierten Bühnenbildern, insbesondere dem gigantischen Innenraum der Kirche Sant’Andrea della Valle, wo der 1. Akt spielt, vertraut – und es war der Kunst des Bühnenbildners Hans Kudlich geschuldet, diesen Schauplatz glaubhaft auf die beschränkten Platzverhältnisse des Stiftshofs und die Kulissen mit geringen Modifikationen in den Palazzo Farnese (2. Akt, wo Polizeichef Scarpia residiert) und, etwas weniger glücklich, auf das Dach der Engelsburg (3. Akt, Ort der Hinrichtung Cavaradossis) übertragen zu haben.
Die Regie (Leonard Prinsloo) ist stimmig und präzis; man muss heutzutage geradezu dankbar sein, dass man noch Originalversionen vorgeführt bekommt und nicht Regietheater-Selbstdarstellungen, die regelmäßig an der Eitelkeit der Regisseur(innen) zu scheitern pflegen. Hier aber stimmte alles, auch wenn man den Engel auf der Engelsburg (aus Budgetgründen?) zu vermissen hatte. Allenfalls könnte man dem Regisseur eine gewisse Tendenz zur Statik vorwerfen – abgesehen natürlich von der turbulenten Szene mit dem Sakristan und den Chorknaben, die voreilig den Sieg über Napoleon feiern.

Einzige Kritik: der Auftritt des Hirtenknabe mit seinem Lied, das ja von Puccini in seiner idyllisch-schlichten Schönheit bewusst in scharfen Kontrast zur Ermordung Scarpias am Ende des vorangehenden Aktes und der kommenden Erschießung Cavaradossis eingesetzt wurde, wird in dieser Regie mit den bereits auftretenden Soldaten vermischt.
Ich habe eine Freilichtaufführung im Wallis (Schweiz) gesehen, in welcher der Hirtenknabe eine kleine Herde von Ziegen über die Bühne geführt hatte und dabei sein Lied sang – das war wunderschön und unvergesslich. Hier hingegen hätte man ihm seinen Auftritt ungestört lassen sollen, vielleicht mit einer Beleuchtung, welche die Dämmerung um vier Uhr morgens deutlicher macht, als es hier der Fall war.
Die Kostüme (Karin Fritz) waren wunderschön, liebevoll und detailliert gestaltet, aber in ihrem Anachronismus (im historischen Kontext der Handlung und des Bühnenbildes) doch etwas verwirrend und befremdlich. Die Kostümbildnerin wollte das korrupte Milieu, das Scarpia personifiziert, mit den eleganten Gewändern der Nebendarstellerinnen veranschaulichen – ob das allerdings im Publikum verstanden wurde, bleibe dahingestellt.
Musikalisch war diese Aufführung mehrheitlich ausgezeichnet. Vielleicht hätte man sich vom Orchester (Beethoven Philharmonic) und dem Dirigenten (Francesco Cilluffo) einen wirkungsvolleren Einsatz erwarten können – bereits bei der Ouvertüre, die ja schonungslos mit voller Kraft einzusetzen hat und vor allem beim Auftritt Scarpias in der Kirche, wo das Orchester gewaltig und mit Schockwirkung nach der heiter-harmlosen Szene mit den Kindern und dem Sakristan die gewalttätige Energie des Polizeichefs einzusetzen hat. Das war hier eher gedämpft als grandios.

Eindeutig die Palme gebührt der Tosca von Federica Vitali, die mit stimmlicher Intensität und darstellerischer Kompetenz die kokett-eifersüchtige Diva mimt und mit leuchtender Stimmkraft – vor allem in ihrem wunderbaren „Vissi d’arte“ – sängerisch zum Ausdruck bringt.
Mit samtenen Timbre und gut eingesetztem tenoralem Schmelz ihr Partner, der Tenor Fabián Lara, der sich dann im dritten Akt zum wunderbaren
„E lucevan le stelle“ hinreißen ließ.
Ganz hervorragend der Scarpia des Serban Vasile – darstellerisch und sängerisch: diabolisch und korrupt als Polizeichef, ein maskuliner Bariton mit stimmlicher Stärke und doch zugleich Wärme, was man in dieser Rolle kaum vermuten würde.
Dr. Charles E. Ritterband, 5. Juli 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Giacomo Puccini, Tosca Römische Arena Martigny, Wallis, 10. August 2022
Giacomo Puccini, Tosca, Nationaltheater Bayerische Staatsoper München, Donnerstag, 24. Februar 2022